Vernehmungen. Heiko Artkämper

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Vernehmungen - Heiko Artkämper

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auch nicht über die Zeit von sechs Monaten hinaus.

      (3) Die Befugnis zu diesen Maßregeln steht auch dem Richter im Vorverfahren sowie dem beauftragten und ersuchten Richter zu.

      (4) Sind die Maßregeln erschöpft, so können sie in demselben oder in einem anderen Verfahren, das dieselbe Tat zum Gegenstand hat, nicht wiederholt werden.

      353Für den Zeugenbeweis bedeutet dies, dass der Zeuge in der Hauptverhandlung vernommen werden und aussagen muss. Grundsätzlich kann nur das, was er dort bekundet, dem Urteil zugrunde gelegt werden. Die polizeiliche Vernehmung dieses „Normalzeugen“ dient dabei in der Regel nur als Grundlage der richterlichen Vernehmung; es können – im Sinne eines Vernehmungsbehelfs – dem Zeugen Vorhalte aus der früheren Vernehmung gemacht werden.

      In den (seltenen) Ausnahmefällen des § 253 StPO ist ein kombinierter Personal- und Urkundenbeweis möglich.

       § 253 StPO Protokollverlesung zur Gedächtnisunterstützung

      (1) Erklärt ein Zeuge oder Sachverständiger, dass er sich einer Tatsache nicht mehr erinnere, so kann der hierauf bezügliche Teil des Protokolls über seine frühere Vernehmung zur Unterstützung seines Gedächtnisses verlesen werden.

      (2) Dasselbe kann geschehen, wenn ein in der Vernehmung hervortretender Widerspruch mit der früheren Aussage nicht auf andere Weise ohne Unterbrechung der Hauptverhandlung festgestellt oder behoben werden kann.

      354Neben einem erfolglosen Vorhalt der protokollierten Aussage setzt dies voraus, dass die Erinnerungslücken und/oder Widersprüche zu Protokoll genommen werden und sodann per Beschluss die Verlesung zum Zwecke der Beweisaufnahme angeordnet wird, die dann im Beisein des Zeugen erfolgen muss.5 Es handelt sich um einen kombinierten Personal-/Urkundenbeweis.

      355Allerdings findet § 253 StPO bei der Vernehmung von Vernehmungspersonen, die als Zeuge vom Hörensagen vernommen werden sollen, keine Anwendung; bei Polizeibeamten, Staatsanwälten und Richtern, die als Vernehmer auftreten, ist nur das verwertbar, was in ihrem Erinnerungsbild vorhanden ist, bzw. durch einen formlosen Vorhalt als Vernehmungsbehelf in Erinnerung gebracht werden kann.6 Allein die Angabe, eine Vernehmung richtig protokolliert zu haben, reicht im Strafverfahren nicht aus.

       4.3.2.2Zeugen mit Auskunftsverweigerungsrecht

      Der Umfang des Auskunftsverweigerungsrechts ergibt sich aus § 55 StPO:

       § 55 StPO Auskunftsverweigerungsrecht

      (1) Jeder Zeuge kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihm selbst oder einem der in § 52 Abs. 1 bezeichneten Angehörigen die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden.

      (2) Der Zeuge ist über sein Recht zur Verweigerung der Auskunft zu belehren.

      356Die Voraussetzungen sind glaubhaft zu machen. In seltenen Fällen kann das Auskunftsverweigerungsrecht so weit reichen, dass der Zeuge keinerlei Angaben machen muss.

      357Das BVerfG hat sich im Jahre 2010 im Rahmen mehrerer Verfassungsbeschwerden mit der sogenannten Mosaiktheorie beschäftigt und ausgeführt, dass bloße Vermutungen oder theoretische Möglichkeiten, die zur Einleitung eines Strafverfahrens führen können, nicht ausreichen, um ein Auskunftsverweigerungsrecht zu begründen. Dieses ist grundsätzlich zudem (nur) punktueller Natur und nur in (seltenen) Ausnahmefällen erstarkt es zu dem Recht, die Auskunft umfassend zu verweigern.7

      358Die abstrakte Möglichkeit einer Verstrickung in irgendwelche Straftaten reicht nicht aus, sondern § 55 StPO erfordert, dass der Zeuge Angaben machen müsste, die gegen ihn (oder einen nahen Angehörigen) einen Anfangsverdacht im Sinne des § 152 Abs. 2 StPO begründen würden.8 Das Auskunftsverweigerungsrecht gilt ebenfalls nicht für Straftaten, die erst durch die (verweigerte) Aussage selbst begangen werden würden.9

      359Umstritten ist allerdings, ob eine Pflicht der Ermittlungsbehörden existiert, den Auskunftsverweigerungsberechtigten auf dieses Recht hinzuweisen; wohl zutreffend ist dies aus dem Grundsatz des fair-trial abzuleiten, auch wenn das OLG Bamberg eine derartige Verpflichtung jüngst verneint hat.10 Jedenfalls muss sich der Berechtigte ausdrücklich auf dieses Recht berufen.

      360Für die Rekonstruktionsmöglichkeiten ergibt sich Folgendes: Bei Zeugen mit einem Auskunftsverweigerungsrecht gemäß § 55 StPO, die von diesem Recht nunmehr in der Hauptverhandlung Gebrauch machen, ist nur das unmittelbare Beweismittel – der Zeuge – gesperrt. Zulässig ist aber die Vernehmung der Vernehmungsperson, sodass die frühere Aussage durch die Einvernahme des vernehmenden Polizeibeamten als Prozessstoff eingeführt werden kann.

       4.3.2.3Zeugen mit Zeugnisverweigerungsrecht

      361Die gesetzliche Anerkennung eines Zeugnisverweigerungsrechts will dem Konflikt zwischen enger menschlicher Verbundenheit und umfassender Wahrheitspflicht Rechnung tragen. Dem Zeugen wird die Möglichkeit eingeräumt, sich als Beweismittel vollständig zu verweigern; wenn er sich hingegen in der Hauptverhandlung zu einer Aussage entschließt, darf er nicht lügen.

      Der Personenkreis der Zeugnisverweigerungsberechtigten ergibt sich aus § 52 StPO.

       § 52 StPO Zeugnisverweigerungsrecht der Angehörigen des Beschuldigten

      (1) Zur Verweigerung des Zeugnisses sind berechtigt

      1.der Verlobte des Beschuldigten;

      2.der Ehegatte des Beschuldigten, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht;

      2a.der Lebenspartner des Beschuldigten, auch wenn die Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht;

      3.wer mit dem Beschuldigten in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert ist oder war.

      (2) Haben Minderjährige wegen mangelnder Verstandesreife oder haben Minderjährige oder Betreute wegen einer psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinderung von der Bedeutung des Zeugnisverweigerungsrechts keine genügende Vorstellung, so dürfen sie nur vernommen werden, wenn sie zur Aussage bereit sind und auch ihr gesetzlicher Vertreter der Vernehmung zustimmt. Ist der gesetzliche Vertreter selbst Beschuldigter, so kann er über die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts nicht entscheiden; das gleiche gilt für den nicht beschuldigten Elternteil, wenn die gesetzliche Vertretung beiden Eltern zusteht.

      (3) Die zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigten Personen, in den Fällen des Absatzes 2 auch deren zur Entscheidung über die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts befugte Vertreter, sind vor jeder Vernehmung über ihr Recht zu belehren. Sie können den Verzicht auf dieses Recht auch während der Vernehmung widerrufen

Praxistipp:
362 Die Belehrung ist frühzeitig vorzunehmen. Richten sich die Ermittlungen wegen einer Verkehrsunfallflucht gegen eine männliche Person, so muss seine als Halterin

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