Briefe an Thomas Bernhard. Anneliese Botond
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Gestern ging ein ganzes Paket Rezensionen an Sie ab, die nun alle artig den kräftigen [...] der Leitkritiker folgen.
Sonst nichts Neues. Ende nächster Woche fahre ich für ein paar Tage nach Paris – geschäftlich.
Schöne Grüße
Ihre
Anneliese Botond
[17; Anschrift: St. Veit im Pongau, Salzburger Land, Österreich; Briefbogen Insel-Verlag; 1 Bl. masch]
25. 9. 63
Lieber Herr Bernhard,
ich habe gestern versucht, Sie in Wien anzurufen, weil ich schon so lange nichts mehr von Ihnen gehört habe und nicht einmal weiß, ob Sie jetzt noch in St. Veit sind. Es hat sich aber in Wien niemand gemeldet; so schicke ich Ihnen heute die Fahnen der »Zeugenaussage« in Ihr letztes Domizil, mit der Bitte, sie uns umgehend zurückzugeben. Das »Inselschiff« soll ja schon Anfang Oktober erscheinen. Dann muß ich Ihnen heute eine Nachricht mitteilen, die ich mir anders vorgestellt hatte, die Sie aber hoffentlich nicht zu sehr betrüben wird: Ihre Vorlesungsreise im Anschluß an die Messe kann nicht stattfinden, da sich die Herren Buchhändler nicht dazu entschließen konnten, auf unsere Anregung einzugehen. In einer Hinsicht ist es vielleicht verständlich: Ihr Buch ist noch nicht genug unter die Leute gekommen, als daß die Buchhändler mit einem wirklich interessierten Publikum sicher rechnen könnten. Und da außerdem ein solches Projekt der Geldkatze ans Fell geht … Aber was jetzt nicht möglich ist, wird sich vielleicht schon in einem Jahr ohne Mühe bewerkstelligen lassen.
Wir haben uns nun gedacht, Sie, abgesehen von der Lesung am 13. Oktober hier im Hause, im November etwa nach Frankfurt zu bitten, zu einer Lesung in der Galerie Bekker vom Rath, zu einer Lesung, die wir selbst veranstalten würden. Das scheint mir eine gute Idee, was halten Sie davon?
Jetzt aber erwarten wir Sie erst einmal zur Messe. Wir freuen uns alle, Sie wiederzusehen.
Mit herzlichen Grüßen
Ihre
Anneliese Botond
[18; Anschrift: Wien; Briefbogen Insel-Verlag; 1 Bl. masch]
28. Oktober 1963
Lieber Herr Bernhard!
Denken Sie noch daran, einen Text für den nächsten Band des »Jahresring« vorzubereiten (es könnte vielleicht die kürzere der beiden Erzählungen sein, von denen wir gesprochen haben)? Das ist wichtig für künftige Berliner Monate, ausserdem werden Beiträge für die »Jahresringe«, soviel ich weiss, recht gut honoriert.1
Heute schicke ich Ihnen das »Inselschiff«, mit dem wir eigentlich recht zufrieden sind. Ob es Ihnen gefällt? Dazu eine Rezension aus der »Neuen Zürcher Zeitung«, die zwar erfreulich ist, aber nicht viel Neues enthält. Eigentlich warte ich immer noch auf eine Rezension, die dem Buch auch wirklich ganz auf den Grund geht.2
Ich soll Ihnen sagen, dass Ihr italienischer Verleger, der Leiter von Garzanti, es sehr bedauert hat, Sie auf der Messe nicht getroffen zu haben, dass Herr Breitbach3 Ihre »Ereignisse« im »Almanach« hervorragend findet und meint, sie sollten unbedingt in Buchform erscheinen, dass Herr Zuckmayer, was eigentlich rührend ist, sich jetzt noch Sorgen darüber macht, ob sein Satz auf der Buchschleife Ihrem Roman nicht doch geschadet hat.4 Aber er hat ja ganz sicher nicht, der Vertrieb meldet vielmehr: »Frost« zieht an … Ich höre auf mit Lobsprüchen und Siegesmeldungen, sonst komme ich in den Verdacht der Ironie.
Herr Maier wird gern versuchen, Ihr Theaterstück beim Fernsehen unterzubringen. Aber dazu wäre es gut, wenn Sie es uns zuschickten. Im übrigen würde ich es auf jeden Fall gern sehen, auf die Erzählungen warte ich so wie so.
Schönen Dank für Ihre Karte, ich las sie wie ein Traumfragment.
Herzliche Grüße
Ihre
Anneliese Botond
P. S. [hs]
29. 10. 63
Eines habe ich gestern ganz vergessen: ich hatte kurz nach der Messe den Besuch von Miodrag Pavlović, seines Zeichens Dichter und lit. Berater des Prosveta Verlages in Belgrad. Er kennt und schätzt Ihre Gedichte, er nahm »Frost« in Option mit und bat mich, Ihnen zu sagen, Sie möchten ihn doch unbedingt in Belgrad besuchen, wenn Sie schon nach Jugoslawien fahren. Pavlović ist ein sehr netter Mann, ich glaube, daß Sie sich gut mit ihm verstehen würden.
Sonst habe ich nichts Wichtiges mehr im dichten Morgennebel vor meinem Fenster.
Herzlichst
Ihre
AB
1 Jahresring. Ein Schnitt durch Literatur und Kunst der Gegenwart, erscheint seit 1954, hg. von Kulturkreis der Industrie.
2 hrb: »Die krankhaften Denkprozesse des Neurasthenikers, die ungeheure Flut seiner desparaten Bekenntnisse und Wahnvorstellungen sind meisterlich gebändigt, und zur Auflockerung oftmals im Konjunktiv vorgetragen. Daß ein Autor sich die bis zum Aeußersten vorangetriebene Verdeutlichung solch finsteren Martyriums zu seiner Erstlingsaufgabe setzte […] ist schwer zu fassen, kennzeichnend aber für den hohen Anspruch, den er an sich selber zu stellen gewillt ist.« (23. Oktober 1963)
3 Livio Garzanti (1921-2015) leitete ab 1961 den gleichnamigen Verlag. Joseph Breitbach publizierte 1962 im Insel-Verlag Bericht über Bruno. Roman. Die erste Begegnung zwischen Th. B. und Breitbach fand Ende 1962 in Frankfurt am Main statt.
4 Auf der Buchschleife wird Carl Zuckmayer mit der Bemerkung zitiert: »Eine epische Kraft, an die man hohe Maßstäbe anlegen kann.« Auf der Schleife der zweiten Auflage findet sich der Satz (aus einer Besprechung in der Neuen Zürcher Zeitung, siehe Brief 18, Anm. 2): »Die Sprache dieses Autors ist klar und schneidend. Sie bekundet in ihrer Strenge ein Exerzitium ungewöhnlichen Ranges.«
[19; Anschrift: <St. Veit im Pongau>; 2 Bl. hs]
24. 11. 63
Lieber Herr Bernhard,
am Freitag bekam ich eine ›Calavara‹ geschickt, einen Plastik-Tod, ein fingerlanges Kunstmännlein mit dem bösen Blick. Um 7 Uhr hatte ich es noch nicht in der Hand, um acht war Kennedy tot. Der Plastikknochenmann trägt einen Texashut (man liebt dort die halb euphemistischen, halb horriblen Maskeraden des Todes). Seither betrachte ich den Calavara-Mann mit Mißtrauen. Was nicht [...] derzeit für Poe und Cie (und alle Weiblein)?
Aber das nur am Rand. Was ich Ihnen eigentlich schreiben wollte: Wir kündigen in den nächsten Wochen unser Frühjahrsprogramm an. Es sollte doch eine Erzählung von Ihnen dazu kommen? Sie müßte schleunigst aus