Kugelhagel auf Sylt: Ein Kubinke Krimi. Alfred Bekker
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Читать онлайн книгу Kugelhagel auf Sylt: Ein Kubinke Krimi - Alfred Bekker страница 6
„Herr Engelmeyer scheint ein Freund exotischer Haustiere gewesen zu sein, Rudi.”
„Der Alligator hat mehr Schüsse abbekommen, als das eigentliche Opfer.”
„Also ich wäre an der Stelle des Killers auch vorsichtig gewesen, was diesen Alligator betrifft.”
„Darf man als Privatperson in Deutschland so ein Tier überhaupt halten?“
„Keine Ahnung, aber ich kann das ja mal im Internet recherchieren.“ Rudi tippte auf seinem Laptop herum. Dann sagte er: „Ja, da steht es. Das ist tatsächlich erlaubt. Man muss nachweisen, das Tier artgerecht zu halten, dann ist es kein Problem.“
„Also mir wäre schon ein Goldfisch zu anstrengend.“
5
Auf Sylt holte uns ein gewisser Paul Mahler, Kommissar im LKA, von dem kleinen Flughafen ab. Wir stiegen in einen roten Mercedes, ein Dienstfahrzeug aus den Beständen der Fahrbereitschaft unserer Kollegen.
„Ich habe gehört, dass Sie wegen dem Engelmeyer-Fall hier sind”, sagte Mahler. „Normalerweise bedeutet das für uns immer Ärger, wenn Kriminalinspektoren zu ermitteln beginnen.”
„Da haben Sie eine falsche Sichtweise, Herr Mahler”, sagte ich.
„Ach, ja”
„Wir versuchen nur zu helfen.”
„Ja, ich verstehe schon. Und am Ende werden ein paar von unseren eigenen Leuten verhaftet, die tagtäglich nichts anderes tun, als ihren Kopf für das Recht hinzuhalten.”
„Nur dann, wenn es sich um schwarze Schafe handelt, die vergessen haben, was es bedeutet, das Recht zu verteidigen.”
Mahler hatte eine ziemlich rustikalen Fahrstil. Die Art und Weise, wie er sich in den laufenden, aber eher geringen Verkehr einfädelte, war hart an der Grenze dessen, was die Verkehrsregeln noch erlaubten.
„Ja, ich weiß”, sagte Mahler. „Der Engelmeyer-Fall hat hohe Wellen geschlagen, richtig?”
„So ist es,“ bestätigte ich.
„Und Sie denken, dass jetzt ein paar Leute hier sehr froh darüber sind, dass auf wundersame Weise nicht nur Engelmeyers letzter Beitrag zur journalistischen Weltliteratur, sondern auch seine Recherchedaten unauffindbar sind und man so niemals aufdecken wird, wer jetzt vielleicht hier mal ein Auge zugedrückt oder dort mal ein paar tausend Euro von einem Kriminellen genommen hat.”
„Ich weiß ebensowenig wie jeder andere, was genau Engelmeyer über die Verflechtungen zwischen BKA, LKA, Justiz und organisiertem Verbrechen hier in Schleswig-Holstein herausgefunden hat”, stellte ich klar. „Aber vielleicht finden wir das zu Grunde liegende Material ja im Lauf unserer Ermittlungen.”
„Dann weiß ich nicht, ob ich wirklich hoffen soll, dass Sie Erfolg haben”, bekannte Mahler mit überraschender Offenheit.
„Wie darf ich das denn verstehen?”
„Genau so wie ich es gesagt habe, Herr Kubinke.”
„Nennen Sie mich Harry!”
„Ich bleibe lieber bei Herr Kubinke.”
„Wieso, denken Sie, das kommt bei Ihren Kollegen beim LKA nicht gut an, wenn Sie sich mit einem Kriminalinspektor verbrüdern und ihn beim Vornamen nennen?”
Mahler schwieg. Ich hatte wohl ins Schwarze getroffen. Ein gewisser Corps-Geist ist sicherlich in jeder Abteilung und in jeder Polizeieinheit notwendig. Man muss zusammenhalten. Aber dieser Zusammenhalt darf nicht über dem Gesetz stehen. Und manchmal ist es leider notwendig, sich gegen die eigenen Kollegen zu stellen, um dem Gesetz zu seinem Recht zu verhelfen.
Rudi mischte sich in das Gespräch ein.
„Wenn wir Kollegen uns nicht an das Gesetz halten, dann können wir es von niemandem erwarteten”, sagte er.
„Schon möglich”, gab Mahler zurück. „Aber Sie sollten das auch mal von einer anderen Seite aus betrachten.”
„Und von welcher?”, hakte ich nach.
„Ein Kommissar oder ein Polizist hat Mühe die Raten für sein Haus abzustottern und dafür zu sorgen, dass seine Kinder eine vernünftige Ausbildung bekommen. Dafür gibt’s dann die Aussicht auf eine Pension, die es einem erlaubt, seinem Ende entgegenzudämmern, ohne zu verhungern. Und auf der anderen Seite sind da diese Typen in ihrem Lamborghini und Porsche, die mit den Scheinen nur so um sich schmeißen und das Jahresgehalt eines Polizisten in einer Nacht auf den Kopf hauen, ohne mit der Wimper zu zucken. Leute, die sich das Kokain mit Hundert-Euro-Scheinen in die Nase ziehen und den Schein anschließend anzünden, weil das so angenehm riecht. Können Sie wirklich nicht verstehen, dass man da mal schwach werden kann? Ist das so abwegig, dass ein Ermittler auf der Straße oder irgendein kleines Licht im Innendienst des LKA vielleicht eines Tages sagt: Jetzt bin ich auch mal dran!”
„Und die Hand aufhält?”
„Ja, genau! Aber das muss deswegen kein grundsätzlich schlechter Mensch sein.”
„Sondern?”
„Einer, der schwach geworden ist. Vielleicht nur ein einziges Mal in seinem Leben, aber plötzlich zählen dann all die Jahre nicht mehr, die er vorher seinen Kopf hingehalten hat.”
„Sind Sie schon einmal schwach geworden, Herr Mahler?”
„Nein.”
Seine Antwort kam ohne jedes Zögern. Wir hatten in diesem Augenblick natürlich unseren Kollegen nicht an einen Lügendetektor angeschlossen, aber ich war mir trotzdem ziemlich sicher, dass er die Wahrheit sagte. Mit der Zeit entwickelt man so etwas wie einen besonderen Sinn dafür, ob jemand die Wahrheit sagt. Einen Instinkt. Ich will nicht behaupten, dass er mich nicht auch schon getrogen hätte, aber in diesem Augenblick hatte ich den Eindruck, dass Kommissar Mahler tatsächlich eine ehrliche Haut war.
„Kennen Sie jemanden bei Ihnen, der schon einmal schwach wurde - wie Sie das ausgedrückt haben?”, hakte ich noch mal nach. Denn wenn das Thema nicht ihn selbst betraf, dann war das eigentlich die einzige plausible Erklärung dafür, weshalb ihn das alles ganz offensichtlich zu einem derart starken emotionalen Engagement trieb.
Diesmal zögerte Kommissar Mahler mit der Antwort.
„Sie haben meine Frage schon richtig verstanden, oder?”
„Meine