Augenzeugenbericht des Häftling Nr. 738 im KZ Buchenwald 1937–1945. Alfred Michael Andreas Bunzol

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Augenzeugenbericht des Häftling Nr. 738 im KZ Buchenwald 1937–1945 - Alfred Michael Andreas Bunzol

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Wo in diesen Diskussionen mit ihm meine Argumente herkamen, weiß ich nicht mehr, vielleicht durch die Liebe zu seiner Tochter. Er konnte darauf nichts sagen, weil ihm die Argumente fehlten, oder er ganz einfach zu blöd war. Aber ich merkte bei solchen oder ähnlichen Diskussionen schon, dass er mich nicht leiden konnte, vielleicht sogar hasste. Widerspruch von unten war ihm fremd, den bekam er von den anderen Freiarbeitern nicht. Die lachten höchsten über die Diskussionen zwischen Voß und mir, aber auch nur wenn er es nicht sah. Auch schimpfte er ständig über die Polen, die Deutschland beraubt haben und dafür büßen werden. Auch hier sagte ich ihm, dass es solche und solche Polen gibt. Ich mit keinen Polen jemals ein Problem hatte, im Gegenteil, die die ich kenne wollten diese Entwicklung in Oberschlesien auch nicht. Dies soll aber nicht heißen, dass ich diese Entwicklung Widerstandslos billige. Deswegen ging ich ja zur Reichswehr, jedenfalls glaubte ich es damals noch. Die Diskussionen mit mir überforderten Voß und er konnte sie nur mit Gebrüll und einen gewissen Hass gegen mich beenden. Aber ich hatte Spaß daran, ihn zu kitzeln. Konnte ich ihn, für das was er Bärbel ständig antat, auf diese Art ein bisschen ärgern. Alle auf dem Gut bekamen langsam die Beziehung zwischen Bärbel und mir mit. Aber Gott sei Dank, nicht Voß. Ich war ja auch nur wegen ihr noch hier, sonst hätte ich längst die Zelte abgebaut. 1925, ich war im Mai 18 Jahre alt geworden, sie war 20, beschlossen wir zu heiraten. Wie unsere Wohnung einmal aussehen wird, wie wir glücklich leben werden, was wir alles unternehmen werden und können. Alles haben wir uns erträumt, alles haben wir uns ausgemahlt. Noch nie ist mir eine Entscheidung so leicht gefallen. Bärbel zu heiraten. Ich habe Mutter und Hilde von Bärbel und mir geschrieben, auch von unseren Hochzeitsplänen. Sie wünschten uns viel Glück und freuten sich schon darauf Bärbel kennen zu lernen. Bärbel sich natürlich auch auf sie. Wir schmiedeten gemeinsame Pläne, wenn wir am See lagen und die Sterne beobachteten, vor allem den, nach Hindenburg zu ziehen, um dort unsere Familie zu gründen. Sie wollte ganz einfach raus hier, und freute sich schon riesig. Ende Oktober sagten wir es ihren Eltern. Es war ein unverzeihlicher Fehler von uns. Er läutete das sofortige Ende unserer Beziehung ein. In nachhinein weiß ich, wir hätten abhauen müssen. Aber wer kann schon mit so etwas rechnen? Voß rastete vollkommen aus, und schrie Sie an: „Ich werde dich abkommandieren!“ Danach schmiss er mich, bei sich zu Hause, raus. Ich möchte nicht wissen, was sich dann dort abspielte. Aber ich konnte nichts tun. Bärbel kam nie wieder aufs Gut zur Arbeit, und zu Hause war sie auch nicht mehr. Er hatte seine Worte „Ich werde dich abkommandieren!“ wahr gemacht. Er hatte die Möglichkeiten und vor allem die nötige Unterstützung in der schwarzen Reichswehr, um so etwas durchzuziehen. Er hat sie garantiert auf ein Gut in Pommern oder Masureen „abkommandiert.“ Das schlimme war, ich hatte ihr die Adresse von Hindenburg nicht gegeben. Wir hatten an so vieles gedacht, an das einfachste aber nicht. So konnte sie mir niemals mitteilen wo sie war. Ihre Mutter konnte mir über ihren Verbleib auch keine Auskunft geben, da sie es ganz einfach nicht wusste. Es tut ihr so leid, sagte sie unter Tränen zu mir. Ich hatte mir euer Glück so gewünscht. Weder auf dem Gut, noch sonst wo wusste jemand etwas über Ihr Verschwinden, oder wollte es nicht wissen. Niemals sollte ich wieder ein Lebenszeichen von meiner Jugendliebe Bärbel erhalten, obwohl ich nie aufgab sie zu suchen. Sie war meine erste Liebe. Sie bleibt unvergessen und wenn ich ehrlich bin, bin ich auch heute noch davon besessen. Egal, Bärbel, wo du jetzt bist, ich hoffe dir geht es gut. Es ist ohne dich nicht mehr so wie früher, weil du und ich nicht mehr ein Paar sind. Unsere Zeit ist vorbei, doch ich weiß tief in deinem und meinem Herz sind wir immer noch eins. Damals war ich zu jung, allein und mit der Suche nach ihr überfordert. Mecklenburg war nicht die Stadt, war nicht Hindenburg, hier herrschten noch eigene Gesetze. Alles war von jetzt auf gleich vorbei. Wenn ich es nicht selbst erlebt hätte, könnte ich es kaum glauben. Mit gebrochenem Herzen kehrte ich im Dezember 1925 in mein Elternhaus nach Hindenburg zurück.

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