Kreation Vollblut – das Rennpferd eroberte die Welt. Teil III. Erhard Heckmann

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Kreation Vollblut – das Rennpferd eroberte die Welt. Teil III - Erhard Heckmann

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mussten fast alle großen Rennen mehrfach den Austragungsort wechseln, erlebten mehrfache Distanz- oder auch Namensänderungen, zu denen ganz besonders auch der Bau des Flughafens Tempelhof oder des Olympiastadions im Grunewald und die beiden Weltkriege beitrugen. So wechselte beispielsweise die „Diana“ von Tempelhof über Grunewald nach Hoppegarten, nach einem Gastspiel 1947 zu Düsseldorf weiter nach Mülheim / Ruhr, um nach zwei Jahren Hamburg auf den Grafenberg zurückzukehren. Die Union hatte ähnliche Stationen, kehrte nach Grunewald ein zweites mal nach Hoppegarten zurück und wechselte dreimal die Distanzen wie die Diana, während der Große Preis von Berlin, mehrere Distanz- Orts- und Namenswechsel hinzunehmen hatte, ehe er wieder dort etabliert wurde, wo er 1888 begann, in Berlin-Hoppegarten.

      Der Union Club, der im deutschen Rennsport Regie führte, begann das ehemalige Rittergut Dahlwitz zu erwerben und handelte ab 1874 auch als juristische Person. Als solche erließ er u. a. Regeln für Flach-, Hindernisrennen und das Wettgeschäft, führte das Gestütsbuch und gab den Wochenrennkalender heraus. Im folgenden Jahr begann Neuss mit dem Rennsport, und 1876 waren beim ersten siebentägigen Derbymeeting 46 Rennen ausgeschrieben, in denen 232 Pferde um 135.710 Reichsmark antraten.

      In Hoppegarten wurde damals fast nur Englisch gesprochen, und die Österreich-Ungarischen Pferde waren fast immer überlegene Ware. Das galt ganz besonders für die in 54 Rennen ungeschlagene Kincsem (1874; Cambuscan), die als Zweijährige zwei Wochen vor dem Derby im Criterium Berlin allen Gegnern überlegen die Eisen zeigte, um nach einem weiteren Erfolg in Hannover auch das Hamburger Criterium zu beherrschen. Nach Siegen zu Doberan und Frankfurt gewann sie auch Badens Zukunftsrennen und schloss ihre erste Saison mit vier weiteren Siegen in Ungarn, Wien und Prag ab. Zu den 17 Erfolgen der Dreijährigen zählten das Wiener Derby, der Große Preis von Hannover, das Renard-Rennen in Hamburg und der Große Preis von Baden-Baden, den sie auch in den zwei folgenden Jahren beherrschte. Vierjährig begann die Ausnahmestute mit zwei Triumphen in Wien, ließ drei in der Heimat folgen, und ein weiteres „Triple“ in der Freudenau, ehe sie im Goodwood Cup und im Grand Prix Deauville auch den Engländern und Franzosen zeigte, welche Klasse sie vertrat. Nach dem Großen Preis von Baden-Baden und vier weiteren Siegen war die Saison mit 15 Treffern abgeschlossen. Als Fünfjährige kamen weitere 12 Erfolge hinzu, zu denen auch das „Silberne Schild“ zu Berlin gehörte, wo sie Start-Ziel spazieren ging wie anschließend in Frankfurt und zu Iffezheim.

      Die etwa zwanzig Jahre nach 1880 brachten dem deutschen Rennsport allerhand Probleme. Vom Staat gab es keine Unterstützung, eine antisemitische Debatte begann, und nach dem Derby 1881, das wieder nach Österreich-Ungarn ging, schrieb der Sporn „unser Stern ist tief gesunken“. Dennoch entstand unter dem Dach des Union Clubs der Verein für Hindernisrennen, und ein Jahr später errichtete der Club, der seit drei Jahren unter dem Protektorat des Kaisers stand, auf eigenem Grundstück ein repräsentatives Gebäude, in dem sich auch das Generalsekretariat befand, dass nun zusätzliche Aufgaben erhielt.

      Die ersten Hindernisrennen wurden zu Hoppegarten gelaufen, zogen danach auf die neue Bahn in Charlottenburg um, bis sie rund zehn Jahre später Karlshorst zur Hochburg machten. 1882 wurde ein staatliches Wettverbot erlassen, das auch die Schließung der Totalisatoren aller preußischen Rennvereine anordnete. Erst vier Jahre später wurde, unter strengen Auflagen, limitiertes Wetten wieder erlaubt, was auch zur Gründung der Rennvereine Mülheim und Dortmund führte. 1883 feierte Baden-Baden, mit Roulette, Monarchen, Regenten und Diplomaten, sein 25-jähriges Bestehen, zu dem fast 200 Pferde anreisten, die bei der „Großen Woche“ rund 238.000 Mark an Rennpreisen gewinnen konnten. Der „Große Preis“ war mit 40.000 Mark und einem Gold Pokal noch immer Deutschlands wertvollstes Rennen, und über Hindernisse wurde erstmals die Badener Handicap-Chase abgelassen.

      In jenem Jahrzehnt baute der Union-Club in Hoppegarten eine massive Tribüne, und der „Sporn“ erhielt Konkurrenz von der in Berlin erscheinenden „Sport-Welt“; 1891 verbot der inzwischen an die Spitze getretene Wilhelm II. den Sonntags-Rennsport. Dieser hatte als 29-jähriger nach dem Tod von Wilhelm I. das Amt des letzten Kaisers und Königs von Preußen am 15.6.1888 übernommen, war grundsätzlich sehr sozial eingestellt, unterstützte den Bergarbeiterstreik von 1899 und erzwang höhere Löhne. Er entließ auch Reichspräsident Otto von Bismarck 1890, weil dieser seine Politik als viel zu sentimental bezeichnete.

       Wilhelm II, der letzte König und Kaiser von Preußen 1902, der den Pferde-Rennsport ablehnte (Foto: Hoffotograf T.H.Voigt; gemeinfrei;media.iwm.org.uk/iwmLib; F-Nr.HU 68367 Imperial War Museum Collections)

      Den Rennsport lehnte Wilhelm II., der 1918 ins holländische Asyl floh, wo er auch 1941 verstarb, jedoch ab, und neben dem Sonntagsverbot wurden auf die Wetteinnahmen auch 5% Steuern fällig, die schon drei Jahre später auf das Doppelte erhöht wurden. Im folgenden Jahr, als der Union-Club sein 25-jähriges Bestehen feierte, war auch ein Jubiläumsrenntag ausgeschrieben, zu dem am 13. Juni acht Sonderzüge vom Potsdamer Bahnhof Richtung Osten dampften. Im Mittelpunkt stand das „Große Armee-Jagdrennen“ mit dem Kaiserpreis über 5.000 Meter, in dem 14 aktive Offiziere – zehn davon zählten zum Adel – antraten. Der Sieger hieß Leutnant J. Graf von Westphalen, der auf Lt. von Waldows sechsjährigem Eventail im Sattel war, und den Sieg zwölf Monate später auf Red Rose wiederholte.

       Die Hindernis-Hochburg Karlshorst 1935 mit dem Kaiser-Pavillon im Vordergrund (Foto: Günter Toepfer-Sammling, Karlshorst)

      Die „Armee“ startete 1862 offiziell als „Offiziers-Steeplechase“ auf dem Territorium des Rittergutes Lichterfelde, genauer gesagt, auf der Feldmark dessen Vorwerks „Carlshorst“, das Herr von Treskow-Friedrichsfelde zur Verfügung stellte, weil das Tempelhofer Feld keine Hindernisrennen erlaubte. Dieses Vorwerk war damals noch eine Einöde, lag versteckt und weit ab von den Wohnsitzen der Menschen, ehe es der Verein für Hindernisrennen 1894 erschloss. Und diese neue Hochburg des Hindernissports Karlshorst löste die Charlottenburger Bahn in dieser Rolle ab.

      Auf dem Vorwerk ging es aber vorerst „Quer Beet“, über Sturzacker, gepflügtes Ackerland, festen Wiesenboden, und die rund 25 Hindernisse bestanden aus Hürden, Koppelricks, trockenen und Wassergräben, und was sich sonst noch in den Weg stellte. Der erste Sieger über die knapp 6.000 Meter hieß Cocktail (Colling Wood) und wurde von seinem Besitzer, von Alvesleben, geritten. Auch die nächsten drei Rennen -1864 und 1866 fand es nicht statt – wurden auf dieser Feldmark entschieden, und die Sieger hießen 1863 Longrange (Cotherstone), der seinem Reiter Lt. von Rosenberg gehörte; 1865 siegte der Halbblüter Nightcap aus dem Besitz von Lt. Graf Donah unter Lt. Prinz Ph. Croy und, die Halbblüterin Gipsy Queen setzte auf diesem Vorwerk 1867 unter ihrem Besitzer Lt. Krell (12. Dragoner) den Schlusspunkt.

      Die Premiere dieses Rennens zu Hoppegarten am 21. Juni 1868 holte sich Miß Menken unter ihrem Besitzer, Lt. von Meyerink, während der letzte Sieger auf dieser Bahn 1909 Lt. von Sydows Forefather (1904; Forfarshire) war, der den fünfjährigen Hengst auch selbst ritt. Die letzten fünf Sieger wurden anschließend im Grunewald ermittelt: 1910, als Handicap über 5.000 Meter entschieden, gewann Lt. v. Lütcken von den 17. Ulanen mit Lt. von Röders sechsjährigem Hengst Melton Pet (Petros); im Folgejahr war Lt. Gf. W. Hohenau mit seiner seechsjährigen Stute Castle Brillant (Saint Leonards) der erfolgreiche Reiter; 1912 setzte sich Halcyon Days (Collar) unter seinem Besitzer Lt. Frhr. von Lotzbeck von den 1. Bayrischen Ulanen durch, und zwölf Monate später ließ sich der fünfjährige Wallach South (Diakka) unter 69 Kilo und Lt. Graf Strachwitz für Major Graf Stachwitz mit lockeren fünf Längen Vorsprung über die 5.000 Meter in 6:29, 5 die Butter nicht vom Brot nehmen. Am Freitag, 5. Juni 1914, wurde das letzte Große Armee-Jagdrennen mit 18 Startern abgelassen, das mit drei Ehrenpreisen und 13.400 Mark ausgestattet war. Der letzte Sieger gehörte Hauptm. Schönberg, trug 76 Kilo (das Höchstgewicht mit 79 kg lief auf Platz sieben, auf dem es kein Geld mehr gab) wurde von Lt. von Herder geritten, von K. Schmidt trainiert und gewann in 6:25,3 leicht mit ¾ Längen. Damit waren Ehrenpreis

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