Wie Schneeflocken im Wind. Denise Hunter
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Wie Schneeflocken im Wind - Denise Hunter страница 3
„Hey, mein Kleiner“, sagte sie leise. „Wir haben eine kleine Autopanne. Lass uns aussteigen und uns ein bisschen die Beine vertreten, ja?“ Sie holte ihre Jacken aus dem Rucksack, der auf dem Rücksitz stand, und half Micah beim Anziehen.
Auf dem Weg zum Kassenraum der Tankstelle zog sie sich ihre Baseballkappe noch tiefer ins Gesicht und schaute sich noch einmal um. Dann setzte sie Micah seine Kapuze auf und zog ihn ganz nah an sich heran.
In dem Kassenraum hielt sich nur ein Mann auf. Er saß hinter der Kasse, die Füße auf dem Tresen, und bearbeitete mit geübten Fingern sein iPhone. Er hatte ein so jungenhaftes Gesicht, dass sie ihn auf unter zwanzig schätzte, auch wenn er offenbar den verwegenen Versuch unternahm, sich einen Bart wachsen zu lassen.
Als er aufsah und sich ihre Blicke begegneten, wurde er rot, nahm die Füße vom Tresen und richtete sich auf dem Kassenstuhl auf.
„Hallo. Kann ich Ihnen helfen?“, begrüßte er sie.
Sie schenkte ihm ihr nettestes Lächeln und antwortete: „Ich habe Probleme mit meinem Wagen und bin ziemlich in Eile. Könnte vielleicht mal jemand einen Blick auf den Motor werfen?“
„Tut mir leid, unser Mechaniker hat heute frei, aber Montag ist er wieder da.“
Ihr sank der Mut. „Gibt es denn noch eine Werkstatt im Ort? Ich muss nämlich so schnell wie möglich weiter“, erklärte sie.
„Nein, wir sind die einzige“, antwortete er nur achselzuckend.
Nachdenklich nagte sie an ihrer Unterlippe. Sie hätte auf der Hauptstraße bleiben sollen. Das hast du ja mal wieder super hingekriegt, Eden. Wieder mal eine deiner wirklich dummen Entscheidungen.
„Also ich bin zwar kein Mechaniker, aber ich versteh ein bisschen was von Motoren. Ich könnte ja mal einen Blick drauf werfen.“
Dankbar sah sie ihn an und sagte: „Wirklich? Das würden Sie machen? Wie nett von Ihnen. Vielleicht ist es ja etwas ganz Harmloses, und ich kann gleich weiterfahren.“
Den Arm fest um Micahs Schultern gelegt, ging sie voraus zu ihrem Wagen, und der junge Mann folgte ihr. Dort angekommen, beschrieb sie ihm die Geräusche – erst den Schlag, dann das schabende Geräusch – und den Gestank. Der Geruch von verbranntem Öl hing immer noch in der Luft, und als der junge Mann die Motorhaube öffnete, stieg noch eine kleine Rauchschwade auf.
Eden schaute ihm nervös zu, wie er den Motor begutachtete. Er ließ den Wagen an, horchte auf das Geräusch des Motors und machte ihn wieder aus. „Ich glaube, es ist ein defekter Zylinder“, sagte er.
„Und was bedeutet das?“
Er sah sie mit Bedauern an und antwortete: „Das würde bedeuten, dass sie einen Austauschmotor brauchen.“
„Einen Austauschmotor! Wie viel würde denn das kosten?“
„Also eigentlich darf ich gar nicht …“
„Nur ungefähr. Bitte. Ich verrat’s auch niemandem“, bettelte sie.
Er seufzte, wurde wieder rot und antwortete dann: „Na ja, normalerweise zwischen tausend und fünfzehnhundert.“
Ihr blieb kurz die Luft weg.
„Aber das kommt ganz auf den Motor an, und ich habe eigentlich auch gar nicht genug Ahnung, um das einzuschätzen. Tut mir leid, dass ich Ihnen nichts Besseres sagen kann.“
„Kann ich denn noch damit fahren? Wenigstens ganz langsam?“, fragte sie.
„Wie weit haben Sie es denn noch?“, erkundigte er sich.
„So vier, fünf Stunden.“
Er schüttelte den Kopf. „Wenn Sie so lange weiterfahren, wird der Schaden noch schlimmer, und der Motor könnte sogar anfangen zu brennen.“
Eden seufzte. Das konnte sie natürlich auf keinen Fall riskieren. Sie würde also warten müssen, bis sich am Montag ein Fachmann den Schaden ansehen und die Kosten für eine Reparatur schätzen konnte, aber das bedeutete zwei Übernachtungen in Summer Harbor.
„Dann sieht es ja ganz so aus, als würden Sie während des Unwetters hier festsitzen“, sagte der junge Mann.
„Was für ein Unwetter denn?“, fragte sie.
„Es soll in den nächsten vierundzwanzig Stunden 15 bis 20 Zentimeter Neuschnee geben. Den ersten Schnee dieses Jahr“, sagte er und konnte dabei seinen Maine-Akzent nicht verbergen. „Dort die Straße hinunter – in der Main Street – gibt es auf der linken Seite ein Hotel. Wenn Sie Hunger haben, gibt es da auch ganz in der Nähe ein gutes Café, das Frumpy Joe’s, und ein Stück weiter noch das Roadhouse. Aber der Weg dorthin lohnt sich, denn es gibt da eine ganz tolle Muschelcremesuppe.“ Dann lächelte er Micah an und fragte: „Magst du Schnee? Es gibt hier in der Gegend ein paar richtig tolle Hügel zum Rodeln. Vielleicht kann man ja in dem Hotel einen Schlitten ausleihen.“
Micah sagte gar nichts, sondern vergrub sein Gesicht in Edens Mantel.
„Kann ich den Wagen hier stehen lassen, bis Sie am Montag die Kosten für die Reparatur schätzen?“, fragte sie.
„Ja sicher, kein Problem. Ich schreibe nur noch schnell Ihren Namen und Ihre Handynummer auf.“
„Äh … also ich komme lieber wieder vorbei. Und vielen Dank noch mal für Ihre Hilfe.“
ZWEI
Beau Callahan nahm den Stapel Post vom Sofa und legte ihn auf den Küchentisch, die Zeitungen packte er zum Altpapier, und dann nahm er Rileys Red-Sox-Sweatshirt und warf es über den Fernsehsessel. Fünf Minuten später war immer noch kaum zu sehen, dass er dabei war aufzuräumen. Wie hatte nur eine solche Unordnung entstehen können?
Die Tür ging auf, und Zac kam herein und mit ihm ein eiskalter Windstoß sowie der Geruch von Chicken Wings. Das dunkle lange Haar von Beaus Bruder war mit Schnee bestäubt. Zac war der mittlere der drei Callahan-Brüder und ein Jahr jünger als Beau, aber größer als der große Bruder, der mit seinen 1,85 Metern auch nicht gerade ein Zwerg war. Beau kannte keinen Mann mit einem so starken Bartwuchs wie Zacs. Offenbar ließ er sich gerade wieder einen Bart wachsen, stellte sein Bruder jetzt fest.
„Tut mir leid, dass ich so spät komme“, sagte Zac, stellte die Tasche ab und zog den Mantel aus.
„Danke, dass du Essen mitbringst“, entgegnete Beau.
„Wo ist denn Riley?“, erkundigte sich Zac.
„Bei Paige auf der Arbeit gab es irgendwelche Probleme, und weil ich noch so viel zu tun habe, fährt er sie wieder in die Stadt.“
Er hatte eigentlich gehofft, dass Paige bei ihrer Familienkonferenz dabei sein würde, denn sie gehörte zwar eigentlich nicht zur Familie, stand ihnen