Das Finanzkapital. Joseph Murray Patrick
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Der profitable Handel mit Geld und Kredit befähigt seine Akteure zur Erledigung zentraler Aufgaben im marktwirtschaftlichen Gefüge. Deren Art der Bereicherung ist unerlässliche Bedingung und Hebel des kapitalistischen Wachstums, der Mehrung von Geldreichtum; sie begründet die Macht des Geldkapitals über die ökonomischen Leistungen in allen Abteilungen der Marktwirtschaft, was diesem Privatgeschäft nicht erst in der Krise eine besondere staatliche Fürsorge sichert.
Das ist zu erklären.
© 2016 GegenStandpunkt Verlag
I. Die Basis des Kreditsystems:
Von der Kunst des Geldverleihens
Das Finanzgewerbe ist keine Branche wie jede andere. Jede öffentliche Stimme, jedes Lehrbuch der Ökonomie, der Gesetzgeber selbst billigt ihm eine Sonderstellung im Getriebe des Kapitalismus zu: eine übergeordnete Bedeutung in der Konkurrenz der verschiedenen Geschäftszweige. Diese Bedeutung erwächst ihm aus der Eigenart der Geschäfte, denen es sich widmet. Sie beruht auf der Besonderheit der Ware, die Geldhäuser anzubieten haben; mithin auf den Bedürfnissen, die diese bedienen und auszunutzen verstehen.
a) Die Bedarfslage
Der Bedarf, den das Bankgewerbe bedient, entsteht im gewöhnlichen marktwirtschaftlichen Geschäftsleben, wo unter Einsatz von Lohnarbeit Elemente der Natur so kunstvoll auf- und zubereitet werden, dass allerlei brauchbare Güter herauskommen. Diese Produkte unterliegen in der ‚Realwirtschaft‘, die sie herstellen lässt, einer entscheidenden Qualitätskontrolle: Im Erlös, den sie beim Verkauf den Unternehmen einbringen, müssen sie sich als rentabel erweisen. Um dieses Ergebnis, zu erzielen in der Auseinandersetzung mit der Konkurrenz – ‚auf den Märkten‘ –, bemühen sich die Betriebsleitungen. Alle Maßnahmen, die beim Einkauf der Produktionsfaktoren, in der Organisation der Arbeit und bei der Vermarktung der Erzeugnisse fällig werden, sind Bestandteile einer Kosten-Gewinn-Rechnung. Was zunächst einmal heißt, dass das Geld für eine in diesem Sinne effiziente Produktion und Zirkulation aufgebracht werden muss; und zwar zur rechten Zeit und in erforderlicher Menge. Das macht Probleme.
Damit die Produktion nützlicher Dinge sich rentiert, muss der Vorschuss reichen, um die Arbeit des benötigten Personals so produktiv zu machen, dass das Verhältnis zwischen den Kosten seiner Bezahlung sowie für Produktionsmittel auf der einen Seite, den zu erzielenden Marktpreisen fürs Produkt auf der anderen Seite einen Gewinn hergibt, der das Unternehmen zufriedenstellt. Da diese gewinnbringende Aktivität kontinuierlich ihren Fortgang nehmen soll, kommt es des Weiteren entscheidend darauf an, dass das vorgeschossene Geld, um einen Gewinn vermehrt, dem Unternehmen möglichst rasch aus dem Verkauf wieder zufließt: Je länger diese Zeitspanne, umso mehr Kapital muss aufgewandt werden, um den Betrieb am Laufen zu halten und beständig Einnahmen und Gewinn zu erzielen; umso geringer folglich die Rendite. Schon beim Produzieren kommt es daher auf Geschwindigkeit an; dass dann bis zum Verkauf meist weitere Zeit vergeht, oft genug noch nicht einmal feststeht wie viel, ist erst recht ein Ärgernis. Vor allem aber gilt es den Absatz überhaupt zu sichern, also gegen Konkurrenten, die alle dasselbe Ziel verfolgen, Marktanteile zu erobern, zu verteidigen und auszuweiten. Deswegen muss jede Firma beim Produzieren produktiver, beim Vermarkten effizienter sein als ihresgleichen. Die dafür immer von neuem nötigen Mittel sind zu haben oder zu beschaffen – für genügend Geld, das zusätzlich aufgebracht werden muss. Wie viel, das bemisst sich an der Härte des Konkurrenzkampfes, den die Unternehmen ihren Mit-‚Wettbewerbern‘ liefern. Also jedenfalls nicht am schon erzielten Überschuss: Auf ihren Gewinn dürfen kapitalistische Betriebe sich prinzipiell nicht beschränken, wenn sie den Kampf um Kontinuität und Rentabilität ihres Geschäftsgangs bestehen wollen. Sie müssen investieren, um zu funktionieren; sie müssen wachsen, um investieren zu können; und um hinreichend zu wachsen, müssen sie eigentlich dauernd ‚über ihre Verhältnisse leben‘. So machen sich im ganz gewöhnlichen Geschäftsgang die Fristen des Kapitalumschlags und der Druck der bzw. auf die Konkurrenten als permanent drohender oder wirklicher Geldmangel bemerkbar.
Dieser Not nimmt sich das Finanzgewerbe an. Sein Interesse und seine Mitwirkung am Wirtschaftsgeschehen, soweit dieses den materiellen Lebensunterhalt der Gesellschaft bewerkstelligt, hält sich schwer in Grenzen; uneingeschränkt dagegen beteiligt es sich an der Rechnung, der die in Industrie und Handel tätige Firmenwelt das Produzieren, Verteilen und Konsumieren unterwirft. In diesem Sinne betätigt es sich als Partner aller Geschäftszweige und Protagonist des marktwirtschaftlichen Wachstums überhaupt.
Zusatz
Schon in diesem Ausgangspunkt unterscheidet sich das moderne Kreditwesen vom Geschäft der Geldverleiher früherer Zeiten. Der Mangel, den es in großem Stil ausnutzt, ist nicht die Not, die aus Armut erwächst, auch nicht die Verlegenheit von Fürsten, die aus ihren Untertanen notorisch zu wenig Macht und Lebensmittel herausholen, sondern eine Notwendigkeit des kapitalistischen Wachstums;1) die Geldmittel, die es zur Verfügung stellt, sind für die Unternehmen, die sie brauchen, kein Notbehelf, sondern Bereicherungsmittel; Ziel und Ergebnis des Geschäfts ist nicht Ausplünderung bis zum Ruin des kreditierten Partners, sondern Teilhabe an dessen Verwertungs- und Akkumulationsprozess. Daneben verdienen die Banken natürlich auch mit Krediten an die große Masse, der Schulden als kostspieliges Hilfsmittel vertraut sind, um mit den engen Schranken der eigenen Zahlungsfähigkeit zurechtzukommen; auch Wucher ist keineswegs ausgestorben. In der Hauptsache zielen die einschlägigen Konsumentenkredite aber nicht auf die ruinöse Ausnutzung einer ausnahmsweise eingetretenen Notlage, sondern auf die dauerhafte Ausbeutung des systemeigenen Widerspruchs, dass gemäß dem ‚Gesetz‘ der rentablen Arbeit der gezahlte Lohn einerseits im Verhältnis zum geschaffenen Reichtum erbärmlich, andererseits für den Verkauf eines Teils der produzierten Waren unentbehrlich ist. Die Finanzierung des Konsums der Verbraucher mit der unzureichenden Kaufkraft dient insofern, auf deren Kosten, gleichfalls dem Umschlag und Wachstum des Kapitals, das mit deren Bedürfnissen sein Geschäft macht.
b) Der Geschäftsartikel
Das Finanzgewerbe bedient den dringlichen Bedarf der Geschäftswelt an mehr Geld, als sie schon verdient hat: Es liefert gegen Zins das Benötigte, verkauft auf Zeit die Verfügung über ein Quantum allgemeiner, beliebig einsetzbarer ökonomischer Verfügungsmacht. Dabei geht es von vornherein um den Gebrauchswert des Geldes als Geldquelle: als Vorschuss zur Erwirtschaftung eines Überschusses. Was gegen Zins verkauft wird, ist die Potenz des Geldes, als Kapital zu fungieren; die Leihfrist gibt den Zeitraum an, in dem das verliehene Geld sich als Kapital zu bewähren hat.
Dieser Handel mit der Kapital-‚Eigenschaft‘ des Geldes setzt zum einen voraus, dass die Herstellung des materiellen Reichtums dem Zweck der Kapitalvermehrung untergeordnet, das Kommando des geldwerten Eigentums über die Produktivkräfte der Gesellschaft zum Normalfall der Ökonomie geworden ist; und zwar so allgemein, dass das Eigentum an – genügend – Geld zu seiner Vermehrung nicht bloß taugt, sondern als deren hinreichender Grund auftritt. Seinen Ausdruck