Das Finanzkapital. Joseph Murray Patrick
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Vom Standpunkt der Kreditinstitute handelt es sich bei diesen Wertträgern aus dem Fundus der staatlichen Notenbank um Liquidität erster Ordnung, um unmittelbar und unbedingt anwendbare Zahlungsfähigkeit. Das Angebot der Notenbank, gegen Zins und Sicherheiten solche Zahlungsmittel auszuleihen, nutzen sie dementsprechend – neben anderen Quellen – zur Refinanzierung ihrer Verbindlichkeiten, wo unbedingt liquide Mittel verlangt sind; auch das Angebot, über Konten bei der Zentralbank den Geldverkehr zwischen den Bankhäusern kostengünstig zu managen, nehmen diese in gewissem Umfang gerne an. In diesem Geschäftsverkehr enthalten sind die beiden politökonomisch entscheidenden Leistungen:
Indem die staatliche Notenbank ihr Geld zur Refinanzierung des Kreditgeschäfts der Banken herleiht, setzt sie die Autorität der Staatsgewalt, die Hoheit der Herrschaft über die Geldwirtschaft eines Landes und über das, was da als Geld gilt, hinter die Leistungen des privaten Kreditgewerbes. Sie anerkennt das nach Bedarf geschöpfte Giralgeld der Banken als gültiges Zeichen für den im staatlichen Geld verkörperten gesellschaftlichen Reichtum, indem sie denen für ihren Liquiditätsbedarf gesetzliche Zahlungsmittel überlässt; sie sanktioniert im positiven Sinn des Wortes die Kreditschöpfung der Banken, indem sie sich auf diesem Weg an deren Refinanzierung beteiligt. Das Kreditgeschäft setzt der Staat auf diese Weise auch in quantitativer Hinsicht frei: Es ist durch den allfälligen Liquiditätsbedarf nicht eingeschränkt; was dafür als Geldreserve zur Verfügung stehen muss, ist in keiner Weise durch eine vorgegebene fixe Größe begrenzt – so wie zu Zeiten der Deckung des staatlichen Geldes durch Gold oder Silber, auch wenn die schon immer mehr fiktiv als buchstäblich gewährleistet war. Das Wachstum der Kreditgeschäfte muss sich an keinem anderen Kriterium orientieren als an der Risikobereitschaft der Banken und den Bedingungen, die die staatliche Notenbank mit ihrer Geldpolitik setzt.5)
Die macht sich mit ihrem speziellen Beitrag zur Refinanzierung der Geschäftsbanken nicht nur zum Hüter, sondern zugleich zum Teilhaber des nationalen Kreditgeschäfts und setzt darüber ihr Geld ins Verhältnis zu den Warenwerten, als deren Messlatte und allgemeines Äquivalent es fungiert und seine praktische Bewertung als Maß und Verkörperung des Eigentums erfährt. Deswegen spiegeln nicht nur ihre Bilanzen Erfolge und Misserfolge der Kreditschöpfung und -verwertung wider – mit Folgen für den Haushalt des Staates als Eigentümer der Notenbank –: Das gesetzliche Zahlungsmittel selbst wird in seinem Wert durch seinen Gebrauch als Reservefonds der Kreditwirtschaft affiziert.
c) Die widersprüchliche Errungenschaft: Staatliches Kreditgeld
Das nationale Kreditgeschäft ist die Quelle, sein Erfolg die ökonomische Rechtfertigung der Geldsummen, die in der Gesellschaft zirkulieren; nicht bloß der Zahlungsversprechen, mit denen die Banken ihre Finanzgeschäfte betreiben, sondern in Abhängigkeit davon, als Bestandteil ihrer Refinanzierung, auch des gesetzlichen Zahlungsmittels. Das ist im modernen Kapitalismus eben nicht mehr das vorgegebene feststehende Maß für Erfolg und Misserfolg der privaten Kredit- und Geldschöpfung, sondern Ausdruck dessen, was Banken und Geschäftswelt mit und aus dem darin bezifferten Eigentum machen. Sein Wert, das Quantum Verfügungsmacht, das es verbindlich repräsentiert, ergibt sich aus den Geschäften, denen das Bankgewerbe Geld als Vorschuss zukommen lässt, nämlich aus dem Verhältnis zwischen der Masse des als Vorschuss in Verkehr gebrachten Kredits und dem Wachstum der Zugriffsmacht des Kapitals, das damit zustande gebracht wird und rechtfertigen muss, was an Kredit in die Welt gesetzt worden ist.
Dass beide Größen nicht zusammenfallen, kann in einem System der Konkurrenz mit und um Kredit nicht verwundern. Es ist ja nicht nur so, dass es im Konkurrenzkampf kreditfinanzierter Unternehmen notwendigerweise Verlierer gibt, die ihre Schulden nicht bedienen können und ihre Kreditgeber zu ‚Wertberichtigungen‘ nötigen – das Geld ist weg und nicht weniger wert. Mit seiner Macht zu finanzieren, was sich zu lohnen verspricht, erbringt das Kreditgewerbe noch ganz andere Leistungen. Es agiert grundsätzlich rücksichtslos gegen die Schranken der Märkte, auf denen seine Kunden sich bereichern; sowohl, was deren Aufnahmefähigkeit für ein ständig gesteigertes Warenangebot angeht, als auch, was die Verfügbarkeit von Produktionsmitteln – einschließlich preiswerter Arbeitskraft – betrifft. Seine Kunden, ausgestattet mit der Macht fremden Geldes, behandeln ‚die Märkte‘ überhaupt als Quelle ihres Geschäftserfolgs, beanspruchen sie mit allen Mitteln für Einnahmen, die ihre Kosten decken und den als Aufschlag darauf berechneten Gewinn einbringen. Aus deren wechselseitiger Inanspruchnahme als Lieferanten und als Abnehmer für ihre jeweilige Gewinnkalkulation ergibt sich dank der Freiheit von den Schranken der jeweils schon realisierten Zahlungsfähigkeit, die ihnen der Kredit eröffnet, ganz von selbst der Effekt, dass Preissteigerungen – aus welchen Gründen auch immer –, die den Kapitalvorschuss verteuern, sich realisieren und von den betroffenen Firmen mehr oder weniger erfolgreich weiterreichen lassen; aufs Ganze gesehen am Ende im Kreis herum, so dass tatsächlich nicht der kapitalistisch produzierte Reichtum, d.h. der für die Erneuerung und Ausweitung des Geschäftsgangs benötigte und kalkulierte Warenwert zugenommen hat, sondern bloß der Preis, der Ausdruck dieser Werte in gesetzlichen Zahlungsmitteln gestiegen ist. Vom Kreditgewerbe, das die benötigten Geldsummen bereitstellt, solange es sich Gewinne für sich selbst ausrechnet, wird der Effekt, dass in der Tendenz der Geldausdruck einer Kapitalverwertung stärker zunimmt als die erwirtschaftete wirkliche Zugriffsmacht des Kapitals, konstruktiv verarbeitet, nämlich mit der – möglichst schon vorauseilenden – Berechnung höherer Zinsen quittiert, die dann ihrerseits wieder die Kosten der kreditierten Geschäftstätigkeit steigen lassen. Die Tendenz zu Preiserhöhungen wird dadurch konsequent so verallgemeinert, dass der Wert des gesetzlichen Geldes, der eben nicht mehr durch die in Warenform produzierte und am Markt realisierte Zugriffsmacht des kapitalistisch verwerteten Eigentums festgelegt, sondern aus den Konkurrenzresultaten, den Preiszetteln und den auf deren Basis getätigten Umsätzen abgeleitet ist, entsprechend sinkt.
So sorgt die Freisetzung des Kreditgeschäfts per Unterordnung des gesetzlichen Geldes unter die Funktion des Kreditzeichens, vermittelt über die Konkurrenz der kreditfinanzierten Warenproduzenten und Kaufleute, für den Trend, dass die kapitalistische Vermehrung der Macht des Eigentums über Arbeit und Reichtum der Gesellschaft hinter der Mehrung des Kredits und des zirkulierenden Kreditgelds zurückbleibt; ein Defizit, das eben in der Form praktisch wirksam wird, dass die staatlich definierte und verbindlich gemachte Maßeinheit des abstrakten Reichtums schrumpft. Der Effekt ist im Übrigen nicht weiter schlimm, solange die Macht des kapitalistischen Eigentums per Saldo noch zunimmt.6) Problematisch wird es, wenn die staatlich approbierte Kreditschöpfung keine wachsende Kapitalmacht, sondern nur noch ein nominelles Wachstum hervorbringt und womöglich noch nicht einmal mehr die Reproduktion der Macht des Kapitals gelingt. Noch problematischer ist es allerdings, wenn die Preise allgemein schrumpfen und der Wert der Geldeinheit steigt. Dann hat nämlich das Bankgewerbe mangels Erfolgsperspektive insgesamt weniger Kredit geschöpft und vergeben als auch nur zur Reproduktion des vorhandenen Kapitals nötig; die Firmen sind dazu übergegangen, ihre Konkurrenten mit Preisnachlässen in den Ruin zu treiben, um selber zu überleben.
Zusatz
Inflation bezeichnet einen allgemeinen Preisanstieg und drückt diesen an