Das Mal der Burgherrin. Sabine Müller
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Читать онлайн книгу Das Mal der Burgherrin - Sabine Müller страница 16
„Am besten bricht man auf, wenn der Schnee geschmolzen ist und das ganze Tauwasser schon weggeflossen ist. Also im Monat April.“
„Wie lange ist man dann unterwegs?“
„Es kommt darauf an, ob man zu Fuß oder mit dem Pferd reist, oder ob man ein Gespann dabei hat. Zu Fuß kann man je nach Konstitution zwei bis vier Meilen am Tag zurücklegen. Auf dem Rückweg war ich nur zu Fuß unterwegs, habe aber selten über drei Meilen am Tag geschafft. Eine Reise dieser Länge zehrt an den Kräften und man braucht öfters eine längere Ruhepause. In den Sommermonaten ist es für uns dort unvorstellbar heiß. Man reist dann am besten in den frühen Morgenstunden und am Abend, wenn die Sonne tiefer steht. Tagsüber, vor allem in der Mittagshitze, rastet man besser an einer schattigen Stelle. Eine solche Reise kann zwischen drei und zwölf Monaten dauern.“
„Ist man als Pilger überall willkommen und gibt es auch Gefahren, mit denen man rechnen muss?“
„Man ist zwar überall willkommen, muss aber in vielen Gasthäusern auch aufpassen, dass man nicht übers Ohr gehauen oder sogar im Schlaf ausgeraubt wird. Ich hatte sogar von jemandem gehört, der vom Betreiber eines Gasthauses selbst ausgeraubt wurde!“
„Wirklich? Das ist ja unerhört! Da denkt man, als Pilger hätte man einen besonderen Stand und dann muss man sich noch vor solchen Halunken in acht nehmen!“, warf Bruder Hubertus empört ein.
„Am besten kommt man in den Klöstern am Wegesrand unter. Dort ist man vor solchen Spitzbuben sicher. Reisen sollte man immer in einer größeren Gruppe. Dann kann nachts einer Wache halten und Räuber werden abgeschreckt. Diese gibt es nämlich unterwegs zu genüge. So mancher Pilger ist nie an seinem Ziel angekommen. Vor allem in den Bergen muss man besonders vorsichtig sein. Dort gibt es viele unübersichtliche Stellen und Hinterhalte.“
„Eine solche Reise birgt wohl viele Gefahren!“, warf Philipp ein, der Margaretas Absichten erraten hatte.
Doch Cornelius milderte das Gesagte gleich wieder ab. „Ihr müsst aber auch bedenken, wie viele Tausende zu Pilgerreisen aufbrechen und gesund wieder heimkommen. Es ist wirklich nur ein ganz kleiner Teil, bei dem etwas schief geht. Deshalb sage ich, dass sich eine Pilgerreise in jedem Fall lohnt und ich würde es jederzeit wieder tun.“
Cornelius hob sein Glas und leerte es in einem Zug. Er hatte nun genug geredet und war müde. Er war schließlich auch am heutigen Tag einige Meilen unterwegs gewesen. Cornelius verabschiedete sich und zog sich zurück. Morgen früh wollte er gleich wieder weiterziehen. Er konnte es kaum erwarten, seine Heimat wieder zu sehen.
Kapitel 10
Philipp ging ungeduldig in seinem Turmgemach auf und ab. Nachdem der Pilger vor ein paar Wochen die Homburg mit seinem Besuch beehrte, hatte er sich tatsächlich von Margareta zu einer Pilgerreise nach Santiago di Compostela überreden lassen. Seine Frau war wie besessen von dem Gedanken, dass diese Reise ihr das erhoffte Kind bescheren würde. Wenn es nach ihm ginge, würde er lieber den Sommer auf der Burg verbringen. Er war schließlich auch nicht mehr der Jüngste. Doch so waren nun viele Dinge vorzubereiten. Sie hatten entschieden, wer alles mitkommen sollte und dass Rupert, Philipps ältester Ritter, die Rolle des Kastellans übernehmen würde. Walther sollte Rupert so gut es ging unter die Arme greifen. Philipp hatte seinem Neffen bereits alles gezeigt, was er hierfür wissen musste. Es bestand schließlich immer noch die Möglichkeit, dass Walther eines Tages Graf der Homburg werden würde.
Die Ritter Thomas und Theodorich, sowie drei Knappen würden sie begleiten. Vom Gesinde kamen die Zofe Grete, eine Magd namens Elvira und Fuhrmann Berthold mit.
Eleonore würde als Margaretas Gesellschafterin mitreisen.
Philipp wartete ungeduldig auf den Mönch, den Abt Stephanus vom Kloster Wörschweiler ihnen für die Reise zur Verfügung stellen wollte. Dieser war schon einmal in Santiago di Compostela gewesen und sprach im Gegensatz zu Philipp und Margareta sehr gut Spanisch und Französisch. Bruder Hubertus wäre zwar auch gerne mitgekommen, aber weil er kein Spanisch sprach, entschied man sich ihn lieber für die geistlichen Belange der Burgbewohner zu Hause zu lassen.
Auf einmal hörte der Graf, wie der Wachmann das Eintreffen des Mönchs meldete. Erleichtert öffnete er die Tür, als es klopfte.
„Tretet ein und seid gegrüßt.“
Der Mönch betrat das Turmgemach und verneigte sich kurz vor dem Grafen.
„Seid gegrüßt, Graf Philipp. Mein Name ist Bruder Frederikus. Ihr habt mich wohl schon erwartet, um mit mir über die Pilgerfahrt zu sprechen.“
„Das ist richtig Bruder. Habt ihr die Karten dabei?“
„Ja, ich breite sie hier auf dem Tisch aus.“
Während der Mönch mehrere Landkarten, die im Besitz des Klosters Wörschweiler waren, auf dem großen runden Tisch ausbreitete, rief Philipp nach seinem Diener Bertram.
„Schicke bitte Thomas und Theodorich her. Sie sollen auch bei der Besprechung dabei sein und bring uns bitte etwas zu trinken.“
Kaum war der Mönch fertig, kamen auch schon die Ritter herbei geeilt, für die diese Reise ein großes Abenteuer war. Man versammelte sich um den großen Tisch und sah sich die Karten an, als es an der Tür klopfte und Margareta um Einlass bat.
„Erlaubt Ihr mir, bei der Besprechung dabei zu sein? Ich fahre schließlich auch mit und möchte gerne wissen, was auf mich zu kommt.“
Bruder Frederikus, der es nicht gewohnt war, dass sich eine Frau um solche Dinge kümmerte, musterte Margareta nur erstaunt, räusperte sich und ergriff dann das Wort: „Der offizielle Pilgerweg aus dem „Liber Sancti Jacobi“ beginnt in Vézelay, ein gutes Stück südwestlich von Paris. Wenn wir dort angekommen sind, geht es über eine festgelegte Pilgerroute, die durch Bourges, Limoges, Périgueux, Roncevalles, Pamplona, Santo Domingo de la Calzada, Léon und schließlich nach Santiago di Compostela führt.“
Der Mönch zeigte mit einem Stab die Städte auf der Karte.
„Auf dieser Route ist man auf Pilger eingestellt und meistens freundlich gesinnt. Es gibt viele Unterkünfte, die man benutzen kann. Nur in den Bergen muss man mit Überfällen rechnen, was aber bei einer Gruppe unserer Größe auch schon fast auszuschließen ist. Im April und Mai kann es noch öfters regen, aber ab Juni wird es dort viel heißer und trockener, als es bei uns im Sommer ist.“
„Wie kommen wir aber am sichersten nach Vézelay? Bis dorthin ist es auch noch ein gutes Stück.“
„Am besten reisen wir über Gemünd nach Puttelange und von dort weiter über Nancy und Neufchâteau, wo wir bald die Grenze zwischen Lothringen und Frankreich passieren werden. Obwohl Pilger eigentlich keine Zölle bezahlen müssen, gibt es an manchen Übergängen und auch Flüssen Zöllner, die sich trotzdem und sogar mit Gewalt ihren Zoll erstreiten wollen. Aber als große Gruppe haben wir das Glück, das wir uns gut durchsetzen können.“
“Die sollen nur mal versuchen irgendwelche krummen Geschäfte zu machen! Dann kriegen sie es mit mir zu tun!“, ereiferte sich Thomas.
„Wie geht es dann nach der Grenze weiter?“
„In Burgund gelangen wir nach Chaumont, Châteauvillain