Odyssee. Ben B. Black
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Sandra setzte ihren Weg fort, begleitet vom lauten Schmatzen eines ihrer neuen Artgenossen.
Kapitel II
Gipfelkonferenz
Während Sandra der Messe immer näher kam, wurde sie noch mehrmals Zeuge solcher und ähnlicher Szenen. Wie es aussah, hatte sich auf den unteren Ebenen tatsächlich eine Art Zombie-Gesellschaft gebildet, die aus zwei Gruppen zu bestehen schien, den Langsamen und den Schnellen. Die Langsamen waren das, was man gemeinhin unter einem Zombie verstand. Sie schlurften träge dahin oder standen einfach nur herum, bis irgendetwas ihre Aufmerksamkeit auf sich zog. Die Schnellen hingegen waren meist aktiv. Sie bewegten sich einzeln oder in kleinen Gruppen durch die Gänge, sprachen manchmal miteinander und wirkten fast völlig normal, wenn man einmal von ihrer ungesund wirkenden Hautfarbe sowie der Tatsache absah, dass ihre Körper teilweise Wunden aufwiesen, die jeden normalen Menschen stark beeinträchtigt wenn nicht gar getötet hätten.
Sandra machte nach Möglichkeit einen Bogen um die hiesigen Bewohner. Sie verspürte keine Lust, in ein weiteres Gespräch verwickelt zu werden, geschweige denn, erneut ein nett gemeintes Angebot von einer Fressmaschine zu erhalten, die sie als »Süße« bezeichnete.
Und wenn er mich erst genug gefüttert hat, will er womöglich noch mit mir Poppen. Sandra lief ein unangenehmer Schauer das Rückgrat hinab. Dagegen war dieser Harry in Schwarmstein ja regelrecht Gold gewesen.*
Energisch schüttelte sie den Kopf, um die Bilder vor ihrem inneren Auge zu vertreiben. Nicht mehr lange, und sie würde all das hinter sich haben. Wenn van Hellsmann sie nicht vorher vom Totleben zum endgültigen Tode beförderte, würde sie wahrscheinlich mit ihm zusammen zur Hölle fahren und anschließend im größten Kessel, den der Teufel aufbieten konnte, ein Vollbad nehmen.
Sandra grinste. Ja, diese Art Gedanken gefiel ihr wesentlich besser!
Doch das Grinsen hielt nicht lange an. Schneller als ihr lieb war, kehrten ihre Überlegungen zur hiesigen Situation zurück. Sie dachte an das, was sie auf dem Weg hierher gesehen und erlebt hatte, dabei bildete sich in ihrem Kopf ein merkwürdiger Vergleich: Diese untoten Heuschrecken fressen sich gegenseitig, wo es ihnen nur möglich ist. Hai frisst Hai. Es ist beinahe wie in der Zeit vor Armageddon, als der Turbokapitalismus in voller Blüte stand und nur die Gefräßigsten ihren Platz in der Gesellschaft behaupten konnten.
Dann verdrängte sie auch diesen Gedanken wieder und wappnete sich für das Treffen mit van Hellsmann. Damit es in ihrem Sinne verlaufen konnte, hatten Gefühle dabei nichts verloren. Sie musste tough sein, noch einmal alles geben, egal um welchen Preis.
***
Sandra betrat die Messe, an deren rückwärtiger Wand van Hellsmann mit geschlossenen Augen auf einem der Stühle saß. Der untote Professor schien mit seinen Gedanken ganz woanders zu sein und ihr Kommen nicht bemerkt zu haben. Langsam ging Sandra näher, dabei überlegte sie, ob sie ihn ansprechen sollte, entschied sich dann aber dagegen. Schließlich nahm sie gegenüber von van Hellsmann Platz.
»Willkommen in meinem bescheidenen Reich«, begann der Professor das Gespräch, ohne dabei die Augen zu öffnen. »Es freut mich, dass Sie nicht auf Zeit spielen und die volle Stunde haben verstreichen lassen, aber ich habe es auch nicht anders von Ihnen erwartet.«
Sandra wollte etwas erwidern, doch von Hellsmann hob in diesem Moment den Zeigefinger, also klappte sie den soeben geöffneten Mund wieder zu.
»Nein, sagen Sie nichts!« Der Untote lächelte. »Ich habe es am Einatmen gehört, dass Sie sprechen wollten, aber damit verdürben Sie mir den Spaß zu erraten, wer von Ihnen denn nun meiner Aufforderung, sich hier einzufinden, gefolgt ist. Da ich keine Schüsse gehört habe, wäre der naheliegendste Schluss derjenige, dass mir jetzt mein alter Freund und Kollege Frank gegenüber sitzt. Auf der anderen Seite kann ich mir gut vorstellen, dass ihm immer noch soweit misstraut wird, um ihm nicht eine Aufgabe von solcher Wichtigkeit zu überlassen. Nun wird es also interessant: Wer von Ihnen ist kein Untoter und kann sich trotzdem hier unten bewegen, ohne Problemen mit den Angehörigen meines Volkes zu bekommen?«
»Ihres Volkes?«, platzte es aus Sandra heraus. »Das meinen Sie nicht ernst, oder?«
Van Hellsmann riss die Augen auf und sah Sandra an. »Sie?!? Mit Ihnen hätte ich zuletzt gerechnet, Frau Sandra. Aber offenbar ist etwas passiert, von dem ich bislang keine Ahnung hatte. Was verschafft mir die Ehre, Sie im Kreis der Unsterblichen willkommen heißen zu dürfen?«
In Sandra arbeitete es, aber sie versuchte, sich davon nach Möglichkeit nichts anmerken zu lassen. Dass van Hellsmanns Geisteszustand Anlass zu äußerster Besorgnis gab, war ihr bereits in dem Moment klar geworden, als sie sein Ultimatum vernommen hatte. Offenbar ging seine Hybris jedoch viel weiter, als jeder von ihnen bislang dachte. Sein Volk? Die Unsterblichen? Würde er ihr gleich auch noch etwas über eine neue, bessere Menschheit erzählen?
»Verzeihen Sie mir meine Direktheit, werte Frau Sandra, aber Sie wirken ein wenig unkonzentriert, wenn ich das einmal so sagen darf.« Van Hellsmann lächelte. »Darf ich also davon ausgehen, dass Ihr jetziger Zustand noch relativ neu für Sie ist? Aber keine Sorge, das legt sich sehr schnell. Sie werden bald die diversen Vorzüge zu schätzen lernen, die uns diese Form des Daseins bietet. Ich weiß, wovon ich spreche.«
Der Professor kicherte in einer Tonlage, die Sandra schaudern ließ. Ihr Gegenüber bot immer mehr das Bild des irren Professors, der sich weiter und weiter in seine eigenen Wahnvorstellungen verstieg und irgendwann komplett den Kontakt zur Wirklichkeit verlor. Spätestens zu diesem Zeitpunkt würde er völlig unberechenbar sein, und niemand konnte sagen, wie lange es bis dahin noch dauerte. Also musste sie ihn so schnell wie möglich dazu bringen, ihr zu vertrauen.
»Vermutlich haben Sie recht.« Sandra nickte. »Es ist alles noch sehr neu und ungewohnt für mich, daher bin ich nicht ganz bei der Sache. Dazu kommen ein paar, nun, nennen wir es ›Begleitumstände‹ meines Hierseins, die ich ebenfalls noch nicht ganz verdaut habe.«
»Lassen Sie mich raten: Die anderen misstrauen Ihnen seit Ihrer Umwandlung. Ist es so?«
»So kann man es auch ausdrücken.« Sandra lachte freudlos auf. »Ich kann mich nicht genau an alles erinnern, aber ich weiß noch sehr genau, dass ich mir eine Kugel eingefangen habe und daran gestorben bin. Als ich wieder zu mir kam, war ich bereits so, wie ich jetzt vor Ihnen sitze. Sie hätten die Reaktionen der anderen erleben sollen! Sie taten so, als würde ich die Pest verbreiten. Die Abscheu in ihren Gesichtern werde ich vermutlich nie mehr vergessen können.
Dann verpassten sie mir diesen Gürtel – als Akt der Menschlichkeit, wie sie extra betonten – und jagten mich davon. Selbst Jörg wollte nichts mehr mit ›so einer‹ zu tun haben. Es war entsetzlich!«
»Ich weiß, was Sie meinen.« Van Hellsmann nickte. »Der Geist der meisten normalen Menschen ist nicht in der Lage, die ihm innewohnende kreatürliche Abscheu unserer Art gegenüber zu überwinden. Aber wenn ich meine Arbeit erst vollendet habe, werden wir den Homo Sapiens in seiner jetzigen Form eh nicht mehr benötigen.«
»Ich wusste, dass ich mich vertrauensvoll an Sie wenden kann, Herr Professor.« Sandra lächelte. »Sie würden mich verstehen und wissen, wie ich mich fühle. Denn auch in meiner neuen Form der Existenz kann ich mir nicht vorstellen, auf Dauer alleine zu sein. Schon der bloße Gedanke daran macht mich schaudern.«
»Aber eines erscheint mir noch nicht schlüssig.« Van Hellsmann kniff das linke Auge zu und taxierte Sandra mit dem rechten. »Sie sagen, die anderen