Der Tote unterm Weihnachtsbaum. Elke Boretzki
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Читать онлайн книгу Der Tote unterm Weihnachtsbaum - Elke Boretzki страница 2
„Bringen Sie mir den Ordner …“ Er überlegte. „Ach egal, bringen Sie mir irgendeine Akte von den noch offenen Fällen.“
Der Kommissar seufzte.
Normalerweise wäre er schon längst „über alle Berge“ an seinem Urlaubsort und für die Angelegenheiten der Dienststelle viele Kilometer weit entfernt und damit unerreichbar.
Doch aufgrund eines Krankheitsfalles war kurzfristig der Dienstplan geändert worden, was zur Folge hatte, dass ausgerechnet er, ein hochrangiger Mitarbeiter der Mordkommission, über die Weihnachtsfeiertage Dienst hatte, er und sein Assistent Rosenkranz.
Kommissar Höflich hatte seit vielen Monaten keinen Urlaub gehabt, und ihn daher bitter nötig. Er war eben nicht mehr der Jüngste.
Das und die Tatsache, dass er auch noch an den Feiertagen mit diesem Rosenkranz im engen Büro eingesperrt sein sollte, ließen seine Laune in den Keller sinken.
Missmutig sah er seinem Assistenten dabei zu, wie er sich zielstrebig den richtigen Ordner herausnahm, um ihn dem Kommissar vorzulegen.
Er konnte Rosenkranz nicht leiden. Immer war der an seiner Seite und wollte über alles unterrichtet sein. Der Kommissar war ein Einzelkämpfer. Er arbeitete lieber allein.
Doch in einer Dienststelle wie dieser war das nicht immer möglich und auch nicht ratsam. Das sah er natürlich ein. Auch die Tatsache, dass das Zusammenwirken unterschiedlicher Instanzen gerade dazu beitrug, die Hintergründe eines Falles zu durchleuchten, verborgene Tatsachen zu heben und durch professionelle Methoden zu beweisen.
Schließlich hatte die Zusammenarbeit mit den Kollegen während seiner dreißigjährigen Dienstzeit immer gut funktioniert, fand er, auch ohne dass jemand wie Rosenkranz jeden seiner Schritte beobachtete.
Höflich nahm die ihm dargereichte Akte, blätterte sie oberflächlich durch und legte sie wieder ab. „Wie wäre es mit einem Kaffee, Rosenkranz?“, wandte er sich an seinen Assistenten.
Heute war der vierundzwanzigste Dezember, Heiligabend, ein Tag, an dem sich andere auf die Feiertage einstellten, noch schnell die letzten Weihnachtseinkäufe erledigten, den Weihnachtsbaum schmückten oder das Weihnachtsmenü vorbereiteten.
Und dann gab es die Beneidenswerten unter ihnen, die ihre Koffer gepackt hatten und auf und davon in die Weihnachtsferien gefahren waren. Er dagegen … Höflich blickte auf das Chaos auf seinem Schreibtisch, gähnte und sah auf die Uhr.
Es war fast Mittag, also Zeit für eine Pause. Rosenkranz kam mit zwei Bechern voll dampfenden Kaffees herein, den er vom Kaffeeautomaten geholt hatte. Höflich angelte nach seinen Zigaretten, nahm seinen Kaffee entgegen und schickte sich an, das Büro zu verlassen.
Da klingelte das Telefon. Ausgerechnet jetzt! Höflich zögerte. Wer auch immer jetzt anrief, hatte ein sehr schlechtes Timing.
„Das Telefon klingelt“, meinte Rosenkranz unnötigerweise und sah seinen Chef fragend an.
„Das höre ich selbst!“ Dieser Rosenkranz! Höflich bedachte seinen Assistenten mit einem verärgerten Blick, als wäre er der Störenfried.
Pflichtschuldig ging er an seinen Schreibtisch zurück und nahm den Hörer ab.
„Was gibts?!“, bellte er.
Es war Zettel, ein Kollege von der Polizeidirektion, zwei Etagen tiefer und zuständig für das gesamte Stadtgebiet und auch wie er dazu verdonnert, über die Feiertage Dienst zu tun, das arme Schwein.
„Es handelt sich wahrscheinlich um Mord, Herr Kommissar.“
„So.“
„Ja. Direkt unterm Weihnachtsbaum.“
„Verstehe. Ich komme.“
„Ach übrigens Herr Kommissar, ich hatte bereits mehrmals versucht, Sie zu erreichen. Es war immer besetzt.“
„Wie das? Ich habe nicht telefoniert. Wohl eine Störung, was?“
„Na jedenfalls, die Kollegen von der Spurensicherung sind schon da.“
„Sehr gut!“ Kommissar Höflich knallte den Hörer auf den Apparat. „Tzss.“
Bevor sie aufbrachen, trat Rosenkranz unauffällig an das Telefon und legte den Telefonhörer richtig auf die Station.
Mit quietschenden Reifen hielt das Auto in der Pfotenhauergasse 13, am Rande der Stadt.
Kommissar Höflich hatte eine filmreife Vollbremsung hingelegt, sodass Rosenkranz schützend die Arme vorstreckte, während er nach vorn geschossen kam. Hätte sein Sicherheitsgurt nicht so gute Arbeit geleistet, dann …
Er verzichtete auf eine Bemerkung, als ihm bewusst wurde, dass sein Chef ihn interessiert betrachtete und nun verächtlich den Kopf schüttelte.
Wortlos stiegen beide aus.
Sie standen vor einer imposanten Villa auf einem weitläufigen, parkähnlichen Grundstück. Durch den Zaun sahen sie den Gärtner, der, auf den Schneeschieber gestützt, pausierte und sie neugierig musterte. Im Haus herrschte bereits emsiges Treiben. Kommissar Höflich wurde händeringend erwartet.
„Na endlich! Da sind Sie ja …“ Kirschkern, der Mann von der Spurensicherung, flankiert von seinen Assistenten, kam auf sie zu. „Kommen Sie und sehen sie sich das an!“
Höflich ließ sich nicht drängen. Gemächlich schritt er durch die Eingangshalle ins Wohnzimmer, dem Tatort. Hier lag ganz offensichtlich der Hausherr unter seinem Weihnachtsbaum auf seinem Gesicht und regte sich nicht, während um ihn herum der Boden untersucht wurde.
Man hatte am Tatort noch nichts verändert, denn man wartete auf den Kommissar. Lediglich der Arzt hatte den Toten untersucht, um seine Diagnose zu stellen. Er war es auch, an den sich Kommissar Höflich mit ernster Miene als Ersten wandte.
„Nun Herr Doktor, was können sie mir zur Todesursache sagen?“
„Der Mann, übrigens der Hausherr, wurde mit einem harten, schweren Gegenstand mehrmals am Kopf getroffen, sodass er vom Sessel fiel und kurz darauf verschied, was vor circa zwei bis drei Stunden geschehen sein musste.“
„Gibt es Anzeichen dafür, dass ein Kampf stattgefunden hat?“
Der Arzt verneinte.
„Nein?!“, rief Kommissar Höflich und suchte nach seinem Assistenten, der sich im Zimmer umsah. „Würden Sie sich einfach so mit einem harten Gegenstand eins überziehen lassen? He, Rosenkranz?“
„Eh nein, Herr Kommissar, natürlich nicht. Das Opfer wurde überrascht.“ Rosenkranz hatte sich schnell wieder seinem Chef angeschlossen.
„So! Meinen Sie. Und wie kommen Sie darauf, dass er Opfer einer Gewalttat geworden ist? Vielleicht ist er eingeschlafen, vom Sessel gefallen und so hart mit dem Kopf aufgeschlagen, dass ihm nichts anderes übrig blieb, als zu sterben. Also höchstens ein Opfer seiner eigenen Ungeschicklichkeit, würde ich sagen. Könnte es nicht