Von der Weisheit und vom Brauchtum unserer bäuerlichen Vorfahren. Dieter Kremp

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Von der Weisheit und vom Brauchtum unserer bäuerlichen Vorfahren - Dieter Kremp

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gleich war auch die innere Einteilung des Hauses. Die Entwicklung haben wir und wohl so zu denken, dass die ersten sesshaft gewordenen Bewohner unserer Heimat nur eine Hütte mit einem fensterlosen Raum und einem offenen Rauchfang bauten. Zum Aufbewahren der Vorräte bedurften sie eines Kellers und eines Speichers. Nach der Zähmung von Tieren wurde ein Stall angegliedert. Zum Unterbringen der Wintervorräte für diese Tiere wurde der Anbau einer Scheune an den Stall erforderlich. Die zunehmende Kultur verlangte mehrere Wohnräume. So entstanden dann neben der Küche Stube und Kammern.

      Die Küche war der Mittelpunkt des Bauernhauses unserer Vorfahren. In ihr flackerte früher unter dem großen Rauchschornstein ein offenes Herdfeuer.

       Hausbau und Richtfest

      Im Dorf wurde früher ein Haus von allen gemeinsam und unentgeltlich gebaut, selbst die Kinder halfen und reichten Ziegel zu und bekamen als Dank eine Hausbrezel. Ein Haus gehörte Generationen lang derselben Familie, und deshalb tat der Hausherr den ersten Spatenstich beim Bau, schlug den ersten Pfahl ein, legte den Grundstein, oft einen Bruchstein, den er selbst herbeigeschleppt hatte und schlug im First den ersten Nagel ein.

      Eine kleine Messe war in manchen katholischen Gegenden der Beginn der Arbeit, auf jeden Fall knieten die Hausleute auf dem untersten Balken und baten um Segen beim Bau und für das Leben in diesem Haus.

      Das Richtfest war ein Dank für alle, die beim Bau geholfen hatten. Im Dorf wurden früher von den Nachbarn Geschenkkörbe zum Richtfest ins Haus geschickt ; wer genug Geld hatte, lud selber alle ein.

      Der Bauherr wurde acht Tage vor dem Richtfest von den Kindern im Dorf gefragt, ob er feiern wolle, dann machten sie ihm das Krönchen.

      Das Richtfest wurde gefeiert, sobald das Dachgebälk aufgerichtet war. Auf die höchste Spitze des Hauses setzten die Zimmerleute dann ein bunt geschmücktes Tannenbäumchen oder brachten den Richtkranz an. Das erinnerte an den Maien, den grünen Birkenzweig, der dem Haus mit seiner Fruchtbarkeit und Lebenskraft Segen bringen sollte.

      Das Richtkrönchen war oft geschmückt mit Bändern, seidenen Tüchern, Schnupftüchern, Pfeifen, Brezeln, Münzen oder Blumen. Manchmal hingen auch noch ein Glas und eine Flasche Wein am Richtbaum, und wenn der Zimmermann auf das Dach stieg und seinen Segensspruch gesagt hatte, trank er e in Glas Wein auf das Wohl des künftigen Hausbesitzers und seiner Familie. Dabei gab es allerhand Aberglauben: In Schlesien musste der Zimmermann den Wein in drei Zügen austrinken und danach musste er das Glas auf den Erdboden werfen, weil man einen Gegenstand, den man für eine Weihe benutzt hatte, im Alltagsleben nicht mehr benutzen sollte. Deshalb brachte es Glück, wenn das Glas zersprang.

      Wenn der Richtkranz reich behängt war, so warf der Zimmermann das Gebäck oder die Brezeln für die Kinder hinunter, pflückte Tücher und Münzen ab und brachte sie mit hinunter, wo sie denen, die beim Bauen geholfen hatten, verteilt wurden: wenn ein Bursche einem Mädchen eins von den Seidentüchern geschenkt hatte und es dieses sich gleich umband, so war das ein Zeichen dafür, dass es den ganzen Abend lang seine Tanzpartnerin sein wollte.

      Wenn Kinder den Richtkranz geschmückt hatten, so liefen sie mit den Sachen herum und versuchten, sie gegen Geld oder Essgeschenke einzutauschen.

      Das Essen beim Richtfest war früher so ausgiebig, wie man es sich leisten konnte. Manche luden schon zum Frühstück mit Weißbrot und Butter ein, mittags gab es Fleisch und Bohnen, als Nachtisch Eierstich, Kaffee und Kuchen, dazwischen immer Schnaps und Brezeln für die Kinder. Es wurden auch gerne Erbsensuppen und deftige Eintöpfe serviert.

      Das Fest am Abend eröffnete der Zimmermann; er tanzte mit der Kranzjungfrau, dann gab es ein Abendessen, Tanz und Schnaps.

      Am ersten Sonntag nach dem Einzug wurden Verwandte und Nachbarn zum Kaffee eingeladen.

      Der Einzug fand meistens in einem festlichen Rahmen statt. Freunde oder Nachbarn umkränzten die Tür, ein Nussbaum wurde vorm Haus gepflanzt, weil er vor dem Blitzschlag schützen sollte. Im Garten wurde ein Apfelbaum gepflanzt, am Hausgiebel ein Holunderstrauch, die lebendige Hausapotheke unserer Vorfahren.

      Freunde oder Nachbarn backten ein Brot und trugen es mit Salz über die Schwelle, was Segen für das Haus bedeutete und vor Hunger schützte.

      Beim Überreichen des Richtkranzes wurde immer ein Segens- oder ein Heischegedicht gesagt, und wenn der Zimmermann oder seine Kameraden geschickt im Reimen waren, so grüßte er die versammelte Gesellschaft der Handwerker, Nachbarn und Freunde mit einem schönen Gedicht.

       Der Einzug in das neue Haus und die damit verbundenen Bräuche

      Sehr tief verwurzelt ist im Volksglauben die Vorstellung, dass den, der als erster ein neu errichtetes Gebäude betritt, ein Unglück treffen wird. Merkwürdig dabei ist, dass das Haus nur dieses einzige Mal dämonische Züge an den Tag legt und erst, wenn es völlig fertiggestellt ist. Dieser Fluch betrifft somit in keiner Weise die Handwerker, die unablässig am Haus beschäftigt waren. Sie können ihre Arbeit in aller Ruhe ausführen; der Fluch, so glaubt man, kann nur die neuen Bewohner treffen. Das fertiggestellte Haus muss also feierlich eingeweiht werden, so wie der Grundstein zu Baubeginn geweiht werden musste. Nun, da das Haus fertiggestellt und von außen an verschiedenen Punkten durch Zeichen und Gegenstände geschützt ist, muss man, so scheint es, eine Art Blutzoll entrichten, um es auch von innen benutzen zu können. Anlässlich des Einzugs werden nun eine ganze Reihe von Riten notwendig, die, ähnlich wie bei Baubeginn, mit einem Opfer eingeleitet werden. Das der Teufel sich der Seele des Wesens bemächtigt, das als erstes ein neues Haus betritt, musste man ihm ein Opfer darbringen, um die zukünftigen Bewohner des Gebäudes zu schützen. Man ließ deshalb eine Katze ins Haus hin einlaufen und schloss sie darin ein, bis sie verhungert war und damit den Fluch auf sich gezogen hatte. War das Haus so durch den Opfertod geweiht, konnte man unbesorgt einziehen. Mit diesem lange Zeit üblichen Brauch verbinden sich Sagen vom geprellten Teufel, der sich mit diesem Tier – das konnte auch ein Hund oder ein Hase sein – begnügen musste, während er doch auf ein menschliches Wesen gelauert hatte. Aber häufig reichte es keineswegs aus, dass das Tier ins Gebäude hineinlief. Fast immer war ein Blutopfer erforderlich. Für gewöhnlich musste ein Hahn, eine schwarze Henne oder eine Ente diesen Tribut darbringen. Man hackte ihnen auf der Hausschwelle den Kopf ab und besprengte mit ihrem Blut die Mauern oder den Boden rund um das Gebäude. Das so geopferte Tier wurde meistens verzehrt. Es bestand auch der Brauch, dass ein schwarzes Huhn, bevor man es schlachtete, mit zusammengebundenen Beinen und Flügeln über das Hausdach zu werfen. Offensichtlich wollte man den Dämon vom Haus entfernen, indem man das Opfertier oder einen Teil davon außerhalb des Hauses fortwarf. In manchen Fällen konnte man sich das Tieropfer sparen, indem man ein bebrütetes Ei zerschlug.

      Für gewöhnlich schlachtete man Hahn, Huhn oder Ente auf der Hausschwelle, doch konnte man diese Opferung auch auf der Steinplatte vor dem Feuer vollziehen. Der Herd als Symbol des Familienlebens wurde durch dieses Blut gegen jeden Angriff des Bösen immunisiert. In den Gegenden, in denen die Reinigung des Herdes durch das Blut nicht üblich war, begnügte man sich damit, ein paar Tropfen Weihwasser darüberzusprengen, bevor man das erste Feuer darin entzündete. Aber im allgemeinen besprengt man das ganze Haus sowohl von innen wie außen herum mit Weihwasser, um alle dämonischen Kräfte daraus zu vertreiben. Dieser Brauch muss wiederholt werden, falls das Haus aus irgendeinem Grund längere Zeit hindurch unbewohnt war, falls sich ein Unglück darin ereignet hat und vor allem natürlich, falls man glaubt, dass es darin spukt. Das ganze 19. Jahrhundert hindurch und noch weit bis ins 20. Jahrhundert hinein wird das Weihwasser erst in zweiter Linie, nach den anderen reinigenden Elementen, eingesetzt.

      Auf jeden Fall fanden die Riten zur Hauseinweihung ihren Abschluss in einem Festmahl,

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