Die Chefin. Sonja Becker
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Das sieht dann etwa so aus: Sie wissen nach dem Aufstehen nicht, was Sie tun sollen. Aber Sie kommen schon über die Runden. Jede Ablenkung kommt Ihnen recht. Und sei es das Frühstücksfernsehen. Sie verabreden sich mit Ihren gleichgesinnten Freunden zum Frühstück, um sich gemeinsam ins Jammertal hineinzureden. Es dauert nicht lang, bis es diskursiv auch keinen Ausweg daraus gibt. Darauf erst mal einen Prosecco. Einen kleinen. Derart geschwächt, und auch, um nicht an vergangene, ruhmreiche Zeiten erinnert zu werden, legen Sie sich nach dem Mittagessen erst einmal kurz hin. Schließlich waren es dann doch drei „kleine“ Prosecco.
Danach schleppen Sie sich an den Computer, um nach E-Mails zu schauen. Selbst wenn der Typ von neulich wieder solch eine schwärmerische Mail geschickt hat, werden Sie niemals mit Ihrer Post zufrieden sein. Eher sind Sie ein E-Mail-Junkie. In den Abend hinein kommen Ihnen ein paar tolle Gedanken, besonders, was den Sinn Ihres Lebens ausmacht. Sie machen sich ein paar Notizen dazu, und schon ist die Energie wieder verschwunden. Sie entstand auch eigentlich mehr aus dem schlechten Gewissen heraus, dass Sie sonst den ganzen Tag nichts Vernünftiges gemacht haben! So aber schmeckt das erste Bier in der anbrechenden Dämmerung schon wieder herrlich. Sie treffen sich erneut mit ihren „peers“, weil Sie dort sicher sein können, dass Ihnen alle zu Munde reden. Was für ein anstrengender, ermüdender Tag. Obwohl Sie nichts getan haben.
In seiner Doktorarbeit zu „Melancholie und Gesellschaft“ beschreibt der Autor Wolf Lepenies das Phänomen der Melancholie dergestalt, dass sie nicht von innen, sondern von außen kommt: Melancholie, die wie Liebeskummer oder andere mentale Symptome bis ins neunzehnte Jahrhundert hinein medizinisch behandelt wurde (meistens durch Aderlass), ist für Lepenies eine Erscheinung in Gesellschaften, deren beste Zeit hinter ihnen liegt. Allen voran sind es gescheiterte Revolutionäre, verarmter Adel und andere, die sich nutzlos in den Salons des späten 19. Jahrhunderts herumfläzen, ohne wirklich eine Aufgabe zu haben. Denn diese Aufgabe haben sie, sprichwörtlich, aufgegeben, oder sie wurde ihnen entzogen.
Im modernen Sinne ist diese Art von Melancholie anderer Natur: Ein Ereignis in Ihrem Leben, das in Ihnen nachwirkt, wie eine Trennung oder eine Scheidung, das Gefühl, von jemandem oder einem Mann schlecht oder ungerecht behandelt worden zu sein. Das schüchtert ein. Es raubt Ihnen die Kraft, nach vorne zu schauen. Aus dieser dunklen Ecke des schläfrigen Salons müssen Sie heraus.
Charisma: Die Macht der Frauen
F
rauen haben Männern gegenüber einen starken Karrierevorteil. Am Ende der „Performance Scale“, also am Gipfel der Zufriedenheit, befindet man sich in einem Buddha-ähnlichen Zustand: Die Dinge geschehen um Sie herum, allein, weil Sie es so wollen. Sie selbst tun nicht mehr - Sie wirken. Ihre magnetisch-magische Anziehungskraft, Ihr Bannkreis des Charisma sorgt allein dafür, dass alles so in Erfüllung geht, wie Sie es sich wünschen. Sie kennen diesen Zustand. Sie müssen nur allein auf einer Party stehen und ein paar Signale aussenden, mit Ihren weiblichen Reizen spielen, damit Männer wie Pawlowsche Hunde um Sie herumscharwenzeln und, ja, „Männchen“ machen. Männer können ja bekanntlich immer. Aber wenn Frauen nicht wollen, haben sie keine Chance. Und alles, was Männer tun, tun sie nur, um die Frauen zu kriegen, selbst wenn sie es nicht merken. Wenn das nicht ein Anreiz ist, um diese wunderbaren weibliche Eigenschaften auf Ihre Karriere anzuwenden, wissen wir es auch nicht weiter. Das ist zumindest das Ziel dieses Kapitels: Zu zeigen, wie Frau ihre Ziele bestimmt.
Was soll mit den schönen Werten passieren, wenn sie nicht in Aktion gesetzt würden? Bevor Sie einen Treffer landen können, benötigen Sie natürlich ein Ziel. Ein Ziel braucht wiederum ein Spielfeld, ein Koordinatensystem, in dem die Zeitspanne und die Herausforderung eingezeichnet sind. Dann werden Ihre Werte zu einer Mission. Denn eines hat in unseren Aufzeichnungen bisher gefehlt. Dieser Faktor kommt in diesem Kapitel hinzu: Andere Menschen. Ihre Mission ist Ihre persönliche Vision, wie Sie Ihre Werte in die Tat umsetzen. Diese Vision kann großartig, bombastisch, herausfordernd, oder auch einfach süß, menschlich und zart sein: zwischen der großen Joanne K. Rowling mit ihrem Imperium und Mutter Theresa herrscht im Prinzip kein Unterschied. Manche Menschen möchten die Welt verändern, andere ein schönes Leben haben und eine Familie großziehen. Und manche beides.
Ihre Mission ist ein Lebensspiel. Eine Strategie, die auf jeden Fall andere, nämlich gleichgesinnte Menschen faszinieren und anziehen wird. Wenn Sie mit dem hantieren, was Sie neugierig macht, und das herausbringen wollen, was in Ihnen steckt, werden Sie nicht lange allein sein. Sobald Sie Ihre Werte in eine kohärente Mission umfüllen, bekommt Ihr Leben eine Richtung. Sie werden die Mitstreiter bekommen, die Sie lieben und die gleichen Werte mit Ihnen umsetzen wollen. Nur: Die anderen müssen auch merken, dass man diese Werte gemeinsam umsetzen kann.
Wir haben bisher über allgemeine Werte gesprochen, die für Sie wichtig sind. Das sind abstrakte Werte, die Sie als Ihre persönlichen wahrgenommen haben. Aber bisher war nicht die Rede von konkreten Dingen, persönlichen Zielen, Inhalten. Das Leben ist kein Kirchentag. Es ist schön, für den Frieden zu sein, aber das bringt Sie Ihren Zielen noch nicht näher. Denken Sie individueller, egoistischer, materieller: Was kann ich für den Frieden tun? Was habe ich vor? Womit will ich erfolgreich sein? Nicht: Was will ich sein, sondern: was will ich erreichen? Hier geht es nicht um Dank und Anerkennung für große menschliche Leistungen, sondern um Erfolg. Schluss mit den Streicheleinheiten, was Sie brauchen, ist eine großartige Idee - von der Sie allerdings auch vollkommen überzeugt sein müssen. Dann, und nur dann, wird Ihr Erfolg nicht mehr aufzuhalten sein.
Was macht mich neugierig?
D
ie Grundfrage Ihrer Mission lautet: Was macht mich neugierig?
Was ist es, das mich trägt, welches Thema spiele ich auf der Klaviatur herunter wie Mozart, wofür habe ich ein Händchen, was nehmen mir die Leute ab, was trägt mich, welche Dinge, die andere nicht sehen, kann ich merkwürdigerweise in Öl malen, wenn es sein müsste? Was fällt mir zu, was fällt mir so leicht, dass ich mich wundere, dass es anderen nicht auch so geht?
Die Antwort ist ganz einfach: Es ist Ihr Genie. Es sind genau die Dinge, für die sie andere bewundern, und sei es, dass Sie als einzige weit und breit jeden Dosendeckel knacken können. Und deswegen entwickeln sich Missionen aus Dingen, die man sehen kann. Ihre Mission ist kein mentales, abstraktes Bild mehr, sondern eher eine Fähigkeit, die in der realen, physischen Welt die Aufmerksamkeit anderer auf sich zieht. Sie tun etwas, was Sie neugierig macht, oftmals, indem Sie zwei Ihrer fundamentalen Interessen auf merkwürdige Weise vereinen - siehe Anita Roddick - und plötzlich dreht sich alles nach Ihnen um. Entscheidend ist, dass Sie diese Dinge in aller Klarheit sehen. Bilden Sie sich nichts ein auf Dinge, die Sie gerne wären oder hätten, oder auf vermeintliche Komplimente. Dann läuft Ihre Karriere in eine vollkommen falsche Richtung. Das können Sie an zwei Dingen feststellen: Zum einen bereitet Ihr Weg Mühe und Schmerzen, zum anderen wird Ihre Leistung nicht in vollem Maße anerkannt. Eine wahre Mission erfüllt sich, wenn die Leute zuhauf, durch Mundpropaganda und aus Begeisterung zu Ihnen kommen. Weil sie sehen, dass Sie die Beste darin sind, was Sie machen!
In Ihrem ureigenen Bereich haben Sie ein großartiges Talent: Sie können die Wahrheit sehen. Sie sind schließlich ein Profi auf dem Gebiet. Wie ein Erstliga-Coach kennen Sie jeden Spielzug, jede Taktik, jedes Vorgehen aus dem Eff-Eff und aus Erfahrung. Ihnen kann keiner etwas vormachen. Deshalb können Sie teilweise