Die Hanf-Medizin. Tanja Bagar
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Was Hanf mit Cannabinoid-Rezeptoren zu tun hat
Unser Körper hat neben vielen verschieden Rezeptortypen auch Rezeptoren für Cannabinoide, die Wirkstoffe von Hanf. Sie wurden allerdings erst 1988 entdeckt, obwohl Cannabinoide bereits 1899 isoliert werden konnten. Interessanterweise hat man die Inhaltsstoffe von Mohn (Papaver somniferum) viel früher isoliert, und zwar 1804. Die zugehörigen Rezeptoren wurden 1973 entdeckt.
Eine wegweisende Entdeckung: Cannabinoide haben auf beinahe alles in unserem Körper Einfluss.
Vorerst verwirrte die Wissenschaftler die Existenz von Cannabinoid-Rezeptoren. Umso mehr, als sich herausstellte, dass diese Rezeptoren in unseren Zellen sehr häufig vorkommen. Wir wissen bereits, dass die Zellen sehr ökonomisch mit der Produktion von Rezeptoren umgehen, wie auch mit anderen zellularen Prozessen. Doch die Tatsache, dass viele bestimmte Rezeptoren in den Zellen enthalten sind, weist darauf hin, dass dieses Signal für die Zellen sehr wichtig ist.
Es würde nicht viel Sinn ergeben, dass sich unser Körper so viel Mühe gibt, diese Cannabinoid-Rezeptoren zu produzieren, wenn es für die meisten Menschen nur eine geringe Chance gibt, im Lauf des Lebens Cannabis zu begegnen. Wieso können also unsere Zellen so fein abgestimmt auf die Inhaltsstoffe einer ganz bestimmten Pflanze sein? Die Wissenschaftler kamen zu dem Schluss, dass die Rezeptoren nicht primär pflanzlichen Stoffen dienen sollten, sondern unseren eigenen Molekülen.
Die Erforschung der Cannabinoide
Seit der Entdeckung des ersten Cannabinoid-Rezeptors sind 20 Jahre vergangen, bis Endocannabinoide bewiesen werden konnten. Dabei handelt es sich um Cannabinoide, die alle Wirbeltiere produzieren. Dabei werden Substanzen frei, die ähnlich wirken wie THC, und auch weitere, die wiederum dem CBD ähnlich sind. Dies war eine wichtige Entdeckung, die zu intensiver Forschung über die Funktion von Cannabinoiden führte.
Cannabinoide – die Schützer unserer inneren Homöostase
In uns drinnen ist also viel los. In jeder Zelle passieren in jedem Moment viele tausende Reaktionen. Das hört sich kompliziert an, aber jede Zelle und jedes Organ hat die Fähigkeit, das biochemische Gleichgewicht zu erhalten. Das nennen wir die Homöostase, aus dem altgriechischen »homoiostásis« für Gleichstand. Es geht dabei um die Aufrechterhaltung eines Gleichgewichts durch einen internen regelnden Prozess, also eine Art Selbstregulation von Systemen. So haben wir zum Beispiel eine homöostatische Körpertemperatur, einen homöostatischen pH-Wert im Blut und so weiter. Und falls sich etwas ändert und die Werte aus dieser Balance springen, aktivieren sich mehrere Mechanismen, um alles wieder in Homöostase zu bringen.
Aber wozu dienen diese Moleküle? Diese Frage war für die Wissenschaftler nicht leicht zu beantworten. Die meisten Forschungen ergaben, dass Cannabinoide auf beinahe alles in unserem Körper Einfluss haben. Weitere Forschungsergebnisse brachten schließlich zutage, dass Cannabinoide als grundlegende Signalmoleküle in unserem Körper dienen, denn die meisten Zelltypen haben Rezeptoren für Cannabinoide. Und wie lautet nun die Nachricht, die mittels dieser Moleküle an den Großteil der Zellen geschickt wird? Vereinfacht gesagt: »Nimm den Fuß vom Gas und schalte einen Gang runter!« Daraus folgt, dass der Nachweis von Cannabinoiden in einer Nervenzelle bedeutet, weniger Neurotransmitter auszuschütten, um das Gleichgewicht (Homöostase) wiederherzustellen.
Natürlich ist aber die Situation im ganzen Körper viel komplexer. Wenn ein Signal oder eine Situation unsere zellulare Homöostase herausfordert, sind die Cannabinoide die ersten Moleküle, die produziert werden. Das bedeutet, dass sie eine Wächterrolle haben, sie senden also ein SOS-Signal. Und so werden Cannabinoide in nahezu allen für den Organismus gefährlichen Situationen ausgeschüttet: Wenn wir eine physische Verletzung einstecken müssen ebenso wie wenn wir ein intensives emotionales Erlebnis haben, aber auch wenn wir Mikroben aufnehmen, toxische Nahrungsmittel zu uns nehmen und in vielen anderen Situationen auch. Wann immer die Homöostase unseres Körpers angegriffen wird, produzieren wir Cannabinoide, die ein Signal an die betroffenen Zellen schicken und damit mehrere Mechanismen aktivieren, die alle dazu dienen, dass wir so bald wie möglich wieder in ein biochemisches Gleichgewicht kommen.
Verschiedene Endocannabinoide können nicht nur an Cannabinoid-Rezeptoren binden, sondern auch an einen vermuteten CB3-Rezeptor, den GPR55-Rezeptor, sowie an weitere Rezeptoren. Dabei handelt es sich um einen allgemeinen Zellsignalisierungsrezeptor, dessen spezifische physiologische Rolle unklar ist, da Mäuse ohne diesen Rezeptor keine gesundheitlichen Probleme haben. GPR55 ist im Hoden, in der Milz und im Gehirn, insbesondere im Kleinhirn, weit verbreitet. Er wird im Magen-Darm-Trakt aktiviert und es hat sich gezeigt, dass damit die Funktion der Knochenzellen reguliert wird.
Die Cannabinoid-Rezeptoren
Allen Cannabinoid-Rezeptoren ist gemeinsam, dass sie G-Protein-gekoppelte Transmembranrezeptoren (GPCR) sind. Das bedeutet, dass sich ein Teil des Rezeptors außerhalb der Zelle befindet und auf ein Cannabinoid vorbereitet ist, während der andere Teil des Rezeptors auf der Innenseite der Zelle sitzt und die Nachricht weiterleitet, ob sich Cannabinoide in der Nähe befinden.
Wenn sich ein Cannabinoid an den Rezeptor bindet, reagiert die Zelle. Welche Reaktion es geben wird, hängt nun wiederum von vielen Faktoren ab, einschließlich des Zelltyps, der Chemie und Konzentration der Cannabinoide, der Anwesenheit anderer Moleküle und auch der Anzahl oder Dichte der Cannabinoid-Rezeptoren auf der Zelloberfläche. Um die physiologische Rolle des Endocannabinoid-Systems zu verstehen, schauen wir, wo im Körper Cannabinoid-Rezeptoren sind, also welche Organe oder Gewebe die Nachricht aufnehmen können, die Cannabinoide senden.
• Typ-1-Cannabinoid-Rezeptoren (CB1) befinden sich besonders im zentralen Nervensystem, an die sich THC und schwach auch CBD binden. Da sie während der Wirkung von Cannabis im Körper um den CB1-Rezeptor konkurrieren und CBD nicht psychoaktiv wirkt, federt CBD den psychedelischen Effekt des THC ab. Diese Rezeptoren beeinträchtigen somit das Schmerzempfinden und auch die Motorik, aber auch Emotionen, Erinnerung und Appetit. Weil CB1-Rezeptoren ihre Funktion im zentralen Nervensystem haben, wird laufend untersucht, wie Cannabinoide bei unterschiedlichen Nervenschädigungen und neurodegenerativen Krankheiten wie der Parkinson- und der Alzheimer Krankheit wirken.
• Typ-2-Cannabinoid-Rezeptoren (CB2) kommen im Immun-, im Verdauungs- oder dem Fortpflanzungssystem vor. Sie befinden sich aber auch in Knochen, Haut, Lunge, hormonalen Drüsen oder in den Augen. Man ging davon aus, dass Cannabis das Immunsystem negativ beeinflusst, doch die Annahme ist überholt und wissenschaftlich unbegründet. Vielmehr scheint es so zu sein, dass die Cannabinoide den Körper dazu bringen, wieder in eine biochemische Homöostase zurückzukehren.
Opioid- und Cannabinoid-Rezeptoren im Gehirn mit ihren Leganden: Endorphine (rot) und Anandamide (grün)
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