Unternehmensrecht. Bernd-Michael Hümer
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•Herausarbeiten der Voraussetzungen der Rechtsnorm (ggf. mit Definitionen)
•Subsumtion (= Unterordnung) des Sachverhalts unter die Voraussetzungen der Rechtsnorm.
Diese juristische Falllösungstechnik wird nachfolgend bei den Lösungen der verschiedenen Handlungssituationen verdeutlicht.
1.3Methodische Grundlagen für den Umgang mit Gesetzen
Auslegung von Gesetzen
Ein Problem beim Umgang mit Rechtsnormen ist der hohe Abstraktionsgrad vieler Gesetze und die zum Teil veraltete Rechtssprache (das BGB ist in seiner Ursprungsfassung bereits im Jahre 1900 in Kraft getreten). Die vom Gesetzgeber verwendeten Rechtsbegriffe erschließen sich deshalb häufig nicht auf Anhieb. Sie sind vielmehr auslegungsfähig und auslegungsbedürftig. Dies führt oft zu einer gewissen Ergebnisunsicherheit bei der Rechtsanwendung.
Beispiel
•„Treu und Glauben“ (§ 242 BGB); „gute Sitten“ (§ 138 BGB).
Bei der Auslegung von Gesetzesbegriffen helfen vereinzelt sog. Legaldefinitionen weiter. Hierbei handelt es sich um besonders wichtige Rechtsbegriffe, die der Gesetzgeber selbst definiert hat. Zu erkennen sind Legaldefinitionen daran, dass der maßgebliche Gesetzesbegriff in Klammern steht. Die Worte vor der Klammer sind dann seine Definition.
Beispiel
•„Unverzüglich“ (§ 121 Abs. 1 S. 1 BGB) bedeutet in der Rechtssprache „ohne schuldhaftes Zögern“ (und nicht „sofort“).
Ferner ist bei der Gesetzanwendung die sog. Klammertechnik zu beachten. Dies bedeutet, dass generelle Bestimmungen „vor die Klammer“ gezogen und damit allgemein verbindlich geregelt werden. So erspart sich der Gesetzgeber unnötige Mehrfachregelungen (Gesetzesökonomie). Dies ist der Grund dafür, dass die klassischen Gesetze des deutschen Privatrechts (BGB, HGB) – gemessen an ihrem Inhalt – eher kurz sind.
Beispiel
•Die Vorschriften über das Zustandekommen von Verträgen im 1. Buch des BGB gelten auch für Verträge im Familien-, Erb- und Gesellschaftsrecht.
Des Weiteren verwendet der Gesetzgeber oftmals die Verweisungstechnik, indem er in einer Rechtsvorschrift auf die Voraussetzungen bzw. Rechtsfolgen einer anderen Norm verweist. Dies dient ebenfalls der Gesetzesökonomie.
Beispiel
•§ 437 BGB (bitte lesen – wenngleich bei erster Lektüre kaum verständlich). Die Rechte des Käufers bei Mängeln der Kaufsache (Nacherfüllung, Rücktritt, Minderung, Schadensersatz, Aufwendungsersatz) ergeben sich also nicht aus der Anspruchsgrundlage des § 437 BGB selbst, sondern aus den zahlreichen Normen, auf die verwiesen wird (§§ 439, 440, 323, 326 Abs. 5, 441, 280, 281, 283, 311a, 284 BGB).
1.4Stellung des Privatrechts in der Gesamtrechtsordnung
Privatrecht und Öffentliches Recht
Das Privatrecht ist nur ein Teil der Gesamtrechtsordnung in Deutschland. Es ist derjenige Teil, der die Rechtsbeziehungen von gleichgeordneten Rechtssubjekten zueinander regelt. Es bestimmt also darüber, wie und in welchem Verhältnis privatrechtliche Personen zueinander stehen und welche Rechte und Pflichten ihnen gegenseitig zugewiesen sind.
Beispiel
•Abschluss eines Kaufvertrags zwischen zwei Privatleuten.
Das öffentliche Recht behandelt hingegen die Rechtsverhältnisse staatlicher Einrichtungen untereinander bzw. die Rechtsbeziehungen des Staates zum Bürger. Es wird also i. d. R. von einem Über-/Unterordnungsverhältnis geprägt.
Beispiel
•Erteilung einer Baugenehmigung durch die Baubehörde.
1.5Prinzipien des Privatrechts
Privatautonomie und Vertragsfreiheit
Das Privatrecht basiert auf dem Grundsatz der Privatautonomie. Diese bedeutet die Freiheit des Einzelnen, seine Rechtsverhältnisse nach eigenem Willen gestalten zu können. Hierzu zählt die prinzipielle Freiheit, Verträge abzuschließen (Vertragsfreiheit) – und zwar mit wem man will (Abschlussfreiheit) und worüber man will (Inhaltsfreiheit).
Nur ausnahmsweise beschränkt der Gesetzgeber die vertragliche Abschlussfreiheit. So gibt es vereinzelt bei marktbeherrschenden Anbietern im Bereich der Daseinsvorsorge einen sog. Kontrahierungszwang, durch den ein Unternehmen gesetzlich verpflichtet wird, mit potenziellen Kunden einen Vertrag abzuschließen.
Beispiel
•§ 36 Energiewirtschaftsgesetz für die Elektrizitäts- und Gasversorgung der Bevölkerung.
Häufiger wird hingegen die Inhaltsfreiheit vom Gesetzgeber beschränkt. Insbesondere wird solchen Verträgen die Rechtsgültigkeit versagt, die gegen gesetzliche Verbote (§ 134 BGB) oder die guten Sitten verstoßen (§ 138 BGB).
Beispiele
•Drogenkauf, Wucherzinsen.
2.Bürgerliches Recht
Aufbau des BGB
Das Bürgerliche Recht nach dem BGB stellt den Kern des Privatrechts dar. Nahezu alle anderen Gebiete des Privatrechts schließen sich an das Bürgerliche Recht an und bauen auf dessen Grundregeln auf. Das BGB ist in fünf Bücher gegliedert: Allgemeiner Teil (1. Buch), Recht der Schuldverhältnisse (2. Buch), Sachenrecht (3. Buch), Familienrecht (4. Buch) und Erbrecht (5. Buch). Diese Rechtsgebiete werden im Folgenden in ihren Grundzügen handlungsorientiert dargestellt.
2.1Allgemeiner Teil des BGB
Im Allgemeinen Teil des BGB befinden sich v. a. Regelungen über Rechtsgeschäfte sowie zum Zustandekommen von Verträgen.
Handlungssituation (Fallbeispiel 1)
Der 23-jährige Heinrich (H) möchte den Titel „Geprüfte/r Betriebswirt/in nach der Handwerksordnung“ erlangen. Zu Beginn seiner Fortbildung überlegt er, sich die erforderlichen Lehrbücher aus dem Verlag „Handwerkswissen“ anzuschaffen. H füllt deshalb schon einmal die Bestellpostkarte des Verlags aus, wartet aber noch mit dem Absenden, da er erst seine Eltern fragen will, ob sie eventuell einen Teil der Kosten übernehmen. Sein WG-Mitbewohner sieht die Karte auf dem Küchentisch liegen, will H einen Gefallen tun und schickt sie ab.
Muss H die vom Verlag „Handwerkswissen“ angelieferten Bücher abnehmen und bezahlen? (Lösung Seite 23)
2.1.1Das Rechtsgeschäft
Rechtsgeschäfte und Willenserklärungen
Eine privatrechtliche Person gestaltet ihre Rechtsbeziehungen zu anderen Privatrechtssubjekten durch