Unternehmensrecht. Bernd-Michael Hümer

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33, 34)

      2.1.5.2Eigene Willenserklärung

      Abgrenzung: Vertreter ≠ Bote

      Der Vertreter gibt eine eigene Willenserklärung ab (§ 164 Abs. 1 S. 1 BGB). Das unterscheidet ihn vom Boten. Dieser transportiert nämlich nur eine fremde Willenserklärung. Ob eine Person Vertreter oder Bote ist, hängt davon ab, ob der Erklärende über einen gewissen – nicht notwendig großen – Entscheidungsspielraum verfügt. Ist dies der Fall, ist er Vertreter, wenn nicht, dann Bote.

      Beispiel: Ein Verkäufer im Supermarkt ist Vertreter und nicht Bote, da er hinreichenden Entscheidungsspielraum hat (Auswahl des Vertragspartners, Umtausch mangelhafter Ware etc.).

      2.1.5.3Handeln in fremdem Namen

      Wahrung des Offenkundigkeitsprinzips

      Das Vertreterhandeln muss der Erklärende dem Dritten gegenüber offenlegen (Offenkundigkeitsprinzip). Dieser muss nämlich wissen, mit wem der Vertrag zustande kommt. Hierbei genügt es aber, wenn sich nur aus den Umständen ergibt, dass man nicht für sich, sondern für einen anderen handelt, § 164 Abs. 1 S. 2 BGB (z. B. Verkäufer an der Kasse). Wird das Offenkundigkeitsprinzip nicht gewahrt, so wird der Vertreter behandelt, als hätte er das Rechtsgeschäft im eigenen Namen getätigt (§ 164 Abs. 2 BGB). Dann wird er aus dem Vertrag berechtigt und verpflichtet.

      Eine (ungeschriebene) Ausnahme vom Offenkundigkeitsprinzip besteht bei den sog. Bargeschäften des täglichen Lebens. In diesen Fällen, in denen die geschuldeten Leistungen sofort ausgetauscht werden, ist es dem Vertragspartner nämlich gleichgültig, mit wem der Vertrag zustande kommt. Deshalb wird hier der Vertretene auch dann Vertragspartner, wenn der Vertreter nicht in fremdem Namen handelt („Geschäft für den, den es angeht“).

      Beispiel: Eine Haushälterin kauft für ihren Arbeitgeber Lebensmittel ein und bezahlt sie sogleich. Hier wird der Arbeitgeber auch dann Vertragspartner des Supermarktes, wenn die Haushälterin nicht offenlegt, dass der Einkauf nicht für sie, sondern für ihren Arbeitgeber ist.

      2.1.5.4Handeln im Rahmen der Vertretungsmacht

      Vertretungsmacht, insbesondere Vollmacht

      Die letzte Voraussetzung für ein wirksames Vertreterhandeln ist das Vorhandensein einer Vertretungsmacht, in deren Rahmen sich der Vertreter bewegen muss. Eine Vertretungsmacht besteht entweder aufgrund Gesetz (z. B. Eltern für ihre Kinder, §§ 1629, 1626 BGB) oder aufgrund eines Rechtsgeschäfts (dann heißt sie Vollmacht, § 166 Abs. 2 BGB). Die Erteilung einer Vollmacht erfolgt entweder gegenüber dem zu Bevollmächtigenden (dann Innenvollmacht, § 167 Abs. 1, 1. Var. BGB) oder gegenüber dem Dritten, demgegenüber die Vertretung stattfinden soll (dann Außenvollmacht, § 167 Abs. 1, 2. Var. BGB).

      Die Erteilung der Vollmacht unterliegt keinem Formzwang. Sie kann also auch mündlich erfolgen. Dies gilt grundsätzlich sogar dann, wenn das Rechtsgeschäft, für das die Vollmacht erteilt wird, seinerseits formbedürftig ist (§ 167 Abs. 2 BGB).

      Ferner muss die Vollmacht nicht ausdrücklich erteilt werden, so dass auch im bloßen Dulden des Vertreterhandelns eines anderen die konkludente Bevollmächtigung durch den Vertretenen gesehen werden kann (sog. Duldungsvollmacht). Sogar dann, wenn der Vertretene das Vertreterhandeln eines anderen nicht erkannt hat, bei Wahrung der verkehrsüblichen Sorgfalt jedoch hätte erkennen können, kann eine Vollmacht vorliegen (sog. Anscheinsvollmacht).

      Trennung von Innen- und Außenverhältnis

      Die Vollmacht ist von dem der Vollmachterteilung zugrunde liegenden Rechtsgeschäft im Innenverhältnis – z. B. einen Arbeitsvertrag (§ 611 BGB) – strikt zu trennen. Folglich können sich das rechtliche Können des Bevollmächtigten im Außenverhältnis und das rechtliche Dürfen im Innenverhältnis, etwa infolge einer Weisung aus dem Arbeitsverhältnis, unterscheiden (auch im Vollmachtrecht gibt es also ein Abstraktionsprinzip).

      Beispiel: Ein Kaufmann erteilt seinem Mitarbeiter Prokura (§ 48 Abs. 1 HGB), sagt ihm aber, bei Vertragsschlüssen über 10.000,– € müsse er zunächst die Zustimmung der Geschäftsleitung einholen. Hier reicht das rechtliche Können weiter als das rechtliche Dürfen, weil die Prokura zu fast allen betrieblichen Geschäften ermächtigt. Intern ist der Mitarbeiter jedoch an die Weisung seines Arbeitgebers gebunden, sodass bei einem Verstoß Schadensersatzansprüche oder eine Abmahnung in Betracht kommen.

      Erlöschen der Vollmacht

      Die Vollmacht erlischt durch jederzeit möglichen Widerruf des Vollmachtgebers. Der Widerruf kann infolge des Abstraktionsprinzips auch erfolgen, wenn das der Vollmachterteilung zugrunde liegende Rechtsverhältnis fortbesteht (z. B. weil der Arbeitsvertrag des bevollmächtigten Arbeitnehmers nicht wirksam gekündigt werden kann), § 168 S. 2 BGB. Die Vollmacht erlischt aber dann automatisch, wenn das ihrer Erteilung zugrunde liegende Rechtsverhältnis endet (insoweit wird das Abstraktionsprinzip durchbrochen), § 168 S. 1 BGB.

      Der Widerruf der Vollmacht erfolgt nach §§ 168 S. 3, 167 Abs. 1 BGB durch Erklärung des Vollmachtgebers entweder gegenüber dem Bevollmächtigten oder gegenüber dem Dritten. Wenn die Vollmacht allerdings als Außenvollmacht erteilt oder eine Innenvollmacht nach außen kundgetan wurde, bleibt sie dem Dritten gegenüber so lange in Kraft, bis dieser über das Erlöschen der Vollmacht in Kenntnis gesetzt wird (§§ 170, 171 BGB). Dies gebietet hier der Vertrauensschutz, da in einem solchen Fall der Dritte vom Widerruf der Vollmacht nichts wissen kann und deshalb schutzwürdig ist (vgl. § 173 BGB).

      Beispiel: Teilt der Inhaber eines Supermarktes seinen Geschäftspartnern mit, dass er einen seiner Mitarbeiter zum Ankauf von Waren bevollmächtigt hat, und widerruft er später die Vollmacht, so gilt die Vertretungsmacht des Mitarbeiters den Geschäftspartnern gegenüber so lange fort, bis diese vom Widerruf der Vollmacht unterrichtet werden.

      2.1.5.5Vertretung ohne Vertretungsmacht

      Vertragsschluss durch Vertreter ohne Vertretungsmacht

      Handelt der Vertreter ohne oder außerhalb seiner Vertretungsmacht, so wird der Vertretene durch die Willenserklärung des Vertreters nicht gebunden. Dieser Vertreter ist ein Vertreter ohne Vertretungsmacht (sog. falsus procurator).

      Haftung des Vertreters ohne Vertretungsmacht

      Wenn der Vertretene seine Genehmigung verweigert, kommt der Vertrag zwischen dem Vertretenen und dem Dritten endgültig nicht zustande. Dann haftet der Vertreter ohne Vertretungsmacht dem Vertragspartner gemäß § 179 Abs. 1 BGB nach dessen Wahl und unabhängig von einem Verschulden auf Erfüllung oder Schadensersatz (sog. Garantiehaftung).

      Der Umfang der Haftung richtet sich danach, ob der Vertreter ohne Vertretungsmacht den Mangel der Vertretungsmacht kannte oder nicht. Hat er den Mangel der Vertretungsmacht nicht gekannt, so schuldet er dem Vertragspartner nur einen eingeschränkten

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