Unternehmensrecht. Bernd-Michael Hümer
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Die Haftung des Vertreters ohne Vertretungsmacht entfällt nach § 179 Abs. 3 S. 1 BGB sogar ganz, wenn der Vertragspartner den Mangel der Vertretungsmacht kannte oder zumindest kennen musste (d. h. infolge von Fahrlässigkeit nicht kannte, § 122 Abs. 2 BGB). Denn dann ist dieser nicht schutzwürdig.
Lösung zur Handlungssituation (Fallbeispiel 3)
Zu prüfen ist der Anspruch der C gegen H auf Übereignung des Pkws gemäß § 433 Abs. 1 S. 1 BGB.
Voraussetzung für den Übereignungsanspruch der C gegen H ist ein wirksamer Kaufvertrag. Dieser benötigt zwei übereinstimmende Willenserklärungen.
C hat eine Willenserklärung, gerichtet auf den Kauf des Pkws des H abgegeben. H hingegen hat selbst keine Willenserklärung abgegeben. Er könnte indes wirksam von B vertreten worden sein (§ 164 Abs. 1 S. 1 BGB). B hat eine eigene Willenserklärung, gerichtet auf den Verkauf des Wagens des H, abgegeben. Dabei hat B auch kundgetan, dass er für den H agiert. Fraglich ist aber, ob B innerhalb seiner Vertretungsmacht agiert hat.
In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass B von H eine schriftliche Vollmacht zum Verkauf des Pkw erhalten hat (§ 167 Abs. 1 BGB). Diese war inhaltlich nicht beschränkt. Zwar sollte B möglichst viel (mindestens 3.000,– €) für das Auto erlösen. Hierbei handelt es sich jedoch nur um eine interne Weisung, die lediglich das Auftragsverhältnis zwischen H und B und nicht das Außenverhältnis zu C berührt (anders wäre es, wenn auf der Vollmacht stünde, dass sie nur für einen Verkauf ab 3.000,– € gilt). Folglich handelte B mit Vertretungsmacht und seine Willenserklärung entfaltet Rechtswirkung gegenüber H (§ 164 Abs. 1 S. 1 BGB). Damit liegt ein wirksamer Kaufvertrag zwischen H und C vor.
Ergebnis: C hat gegen H einen Anspruch auf Übereignung des Pkw.
Anmerkung: Evtl. hat H gegen B im Innenverhältnis einen Anspruch auf Schadensersatz (§ 280 Abs. 1 BGB).
2.1.6.Anfechtung von Willenserklärungen
2.1.6.1Überblick
Willensmängel
Grundsätzlich soll der Erklärende an seiner abgegebenen Willenserklärung festgehalten werden. Dies verlangt der Schutz des Rechtsverkehrs, der auf die Gültigkeit von Willenserklärungen und die Bindungswirkung von Verträgen vertrauen darf. Daher ist es nur in Ausnahmefällen möglich, dass eine Willenserklärung von dem Erklärenden rückwirkend – durch Anfechtung – beseitigt werden kann. Voraussetzung hierfür ist ein rechtlich relevanter Willensmangel des Erklärenden. In einem solchen Fall steht der subjektive Wille des Erklärenden über dem Schutz des Rechtsverkehrs an der Verbindlichkeit der Erklärung.
Auch anfechtbare Willenserklärungen sind zunächst rechtsgültig, jedoch kann sich der Anfechtungsberechtigte durch eine Erklärung innerhalb einer bestimmten Frist von seiner Willenserklärung wieder lösen (sog. Gestaltungsrecht). Den Interessen des Rechtsverkehrs wird in manchen Fällen durch eine Schadensersatzpflicht des Anfechtenden Rechnung getragen.
Anfechtungsvoraussetzungen
Für eine wirksame Anfechtung müssen drei Voraussetzungen gegeben sein:
–Anfechtungserklärung
–Anfechtungsgrund
–Anfechtungsfrist.
Handlungssituation (Fallbeispiel 4)
Nachdem H seine Prüfung zum „Geprüfte/r Betriebswirt/in nach der Handwerksordnung“ erfolgreich absolviert hat, möchte er sich nun wieder ein Auto anschaffen. Er geht deshalb zum Autohaus des Schlau (S). Als H den S wegen eines schicken Gebrauchtwagens anspricht, erzählt ihm S, das Auto sei unfallfrei – ohne dass er dies geprüft hat. H kauft daraufhin den Pkw. Später stellt sich heraus, dass der Wagen vor zwei Jahren einen schweren Unfall hatte.
Kann sich H vom Vertrag mit S wieder lösen?
2.1.6.2Anfechtungserklärung
Erklärung der Anfechtung
Da eine Anfechtung nicht automatisch erfolgt, bedarf es zunächst einer Anfechtungserklärung des Anfechtungsberechtigten gegenüber dem Anfechtungsgegner (§ 143 Abs. 1 BGB). Anfechtungsgegner ist bei einem Vertrag der andere Teil (§ 143 Abs. 2 BGB). Sollte dieser beim Vertragsschluss vertreten worden sein, so ist der Vertretene (und nicht der Vertreter) der richtige Anfechtungsgegner.
2.1.6.3Anfechtungsgrund
Gründe der Anfechtbarkeit
Bei den Anfechtungsgründen wird zwischen der Irrtumsanfechtung (§§ 119, 120 BGB) und der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung bzw. widerrechtlicher Drohung (§ 123 Abs. 1 BGB) unterschieden.
Anfechtung wegen Irrtums
Der Erklärende kann nicht in allen Fällen seine Willenserklärung anfechten, in denen er sich bei deren Abgabe geirrt hat. Der Gesetzgeber erklärt vielmehr nur bestimmte Irrtümer – also Fehlvorstellungen über die Wirklichkeit – zu rechtlich beachtlichen Anfechtungsgründen.
•Inhaltsirrtum
Inhaltsirrtum
Beim Inhaltsirrtum (§ 119 Abs. 1, 1. Var. BGB) weiß der Erklärende, was er sagt, er irrt sich aber über den objektiven Bedeutungsgehalt seiner Erklärung.
Beispiel: A bestellt bei B ein „Gros“ Toilettenpapier. A geht davon aus, dass es sich hierbei um eine große Rolle Toilettenpapier handelt, während ein Gros bei objektiv richtigem Verständnis als altertümliche Maßeinheit zwölf Dutzend (normale) Rollen Toilettenpapier bedeutet.
In solchen Fällen ist jedoch zu beachten, dass die Auslegung einer Willenserklärung der Anfechtung vorgeht. Deshalb gilt bei einem beiderseitigen Inhaltsirrtum das beiderseits Gewollte als Vertragsinhalt. Dann scheidet eine Anfechtung aus.
Beispiel: „Haakjöringsköd“ (siehe Abschnitt 2.1.4.2).
•Erklärungsirrtum
Erklärungsirrtum
Beim Erklärungsirrtum (§ 119 Abs. 1, 2. Var. BGB) äußert der Erklärende etwas anderes, als er eigentlich erklären möchte. Anders als der Inhaltsirrtum vollzieht sich der Erklärungsirrtum also nicht bereits bei der Willensbildung, sondern – zeitlich später – bei der Erklärungshandlung selbst.
Beispiel: Versprechen, Verschreiben (Zahlendreher).
•Eigenschaftsirrtum
Eigenschaftsirrtum
Beim Eigenschaftsirrtum (§ 119 Abs. 2 BGB) irrt der Erklärende über Eigenschaften der Person oder Sache, die im Verkehr als wesentlich angesehen werden. Verkehrswesentliche Eigenschaften einer Sache sind alle