Unternehmensrecht. Bernd-Michael Hümer
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Unternehmensrecht - Bernd-Michael Hümer страница 12
Bei der subjektiven Unmöglichkeit (§ 275 Abs. 1, 1. Var. BGB) kann nur der Schuldner nicht mehr leisten.
Beispiel: Die verkaufte Sache gehört nicht dem Verkäufer, sondern einem Dritten, dem sie gestohlen wurde.
Bei der wirtschaftlichen Unmöglichkeit (§ 275 Abs. 2 BGB) kann der Schuldner die Leistung verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigem Aufwand erbracht werden kann. Im Hinblick auf das Prinzip „pacta sunt servanda“ sind hierbei aber strenge Anforderungen zu stellen.
Beispiel: Der verkaufte Ohrring fällt vor der Übereignung in einen Abwasserkanal.
Bei der psychischen Unmöglichkeit (§ 275 Abs. 3 BGB) kann der Schuldner die Leistung verweigern, wenn er sie persönlich zu erbringen hat, sie ihm aber unzumutbar geworden ist. Auch in diesem Fall sind nur gravierende Gründe beachtlich.
Beispiel: Ein berühmter Rockstar erfährt kurz vor seinem Auftritt, dass seine Freundin einen Autounfall hatte und schwer verletzt im Krankenhaus liegt.
Nachträgliche ≠ anfängliche Unmöglichkeit
Ferner können die Fälle von Unmöglichkeit nach dem zeitlichen Eintritt des Leistungshindernisses eingeteilt werden. Im Normallfall tritt dieses erst nach Abschluss des Vertrags auf (nachträgliche Unmöglichkeit).
Beispiel: Zunächst wurde der Kaufvertrag abgeschlossen und dann erst die Sache zerstört.
Es ist aber auch denkbar, dass das Leistungshindernis bereits bei Vertragsschluss vorliegt (anfängliche Unmöglichkeit). Auch in einem solchen Fall ist der Vertrag gültig (§ 311a Abs. 1 BGB).
Beispiel: A will dem B seine Katze verkaufen. Zwei Stunden, bevor die beiden in der Wohnung des A den Kaufvertrag abschließen, ist das Tier aber von einem Auto überfahren worden.
•Rechtsfolgen für den Schuldner
Ausschluss der Leistungspflicht
Wenn dem Schuldner seine Leistungspflicht objektiv oder subjektiv unmöglich geworden ist, wird der Anspruch des Gläubigers auf die Leistung ausgeschlossen (§ 275 Abs. 1 BGB). Denn es gilt der Grundsatz, dass niemand zu leisten verpflichtet ist, wenn die Leistung nicht erbracht werden kann. Der Schuldner wird also von seiner Hauptleistungspflicht – etwa der Pflicht zur Übereignung der Kaufsache – frei (Einwendung).
In den Fällen einer wirtschaftlichen oder psychischen Unmöglichkeit (§ 275 Abs. 2, 3 BGB) ist die Leistung zumindest theoretisch noch erbringbar. Deshalb entfällt der Anspruch des Gläubigers hierauf auch nicht. Allerdings hat der Schuldner ein Leistungsverweigerungsrecht, sodass er entscheiden kann, ob er die Leistung ablehnt (Einrede) oder auch unter wirtschaftlich oder psychisch unzumutbaren Bedingungen erbringen möchte.
Beispiel: Der Verkäufer des Ohrringes kann die Kanalisation absuchen, der Rocksänger trotz der schweren Verletzung seiner Freundin auftreten.
•Rechtsfolgen für den Gläubiger
−Gegenleistung
Entfallen der Gegenleistung
Da der Gläubiger seine ihm vertraglich versprochene Leistung vom Schuldner nicht erhält, stellt sich für ihn die Frage, ob er selbst zur Gegenleistung verpflichtet bleibt. Dies ist gemäß § 326 Abs. 1 BGB grundsätzlich nicht der Fall; der Anspruch auf die Gegenleistung entfällt vielmehr. Sollte der Gläubiger seine Gegenleistung – z. B. die Kaufpreiszahlung – bereits erbracht haben, so kann er diese nach § 326 Abs. 4 vom Schuldner über §§ 346 ff. BGB (Rücktrittsrecht) zurückverlangen.
Von dem Grundsatz, dass bei Unmöglichkeit des Schuldners auch der Gläubiger nicht mehr zu leisten braucht, gibt es aber nach § 326 Abs. 2 S. 1 BGB Ausnahmen. So muss der Gläubiger seine Gegenleistung weiterhin erbringen, wenn er für die Unmöglichkeit verantwortlich ist (§ 326 Abs. 2 S. 1, 1.Var. BGB).
Beispiel: Nach Vertragsschluss (aber noch vor der Übereignung) will der Käufer eines Autos mit dem Verkäufer noch eine Probefahrt machen, um sich einige technische Details zeigen zu lassen. Wenn der Käufer nun aus Unachtsamkeit einen Unfall mit Totalschaden verursacht, muss er den Kaufpreis bezahlen, obwohl er den Wagen nicht mehr übereignet bekommen kann.
Ausnahme: Annahmeverzug
Häufiger als der eben genannte Fall ist die Ausnahme nach § 326 Abs. 2 S. 1, 2. Var. BGB. Hiernach muss der Gläubiger seine Gegenleistung auch dann erbringen, wenn das Leistungshindernis von keiner Vertragspartei zu vertreten ist (zufällige Unmöglichkeit) und sich der Gläubiger zu dieser Zeit im Annahmeverzug befindet. Annahmeverzug bedeutet, dass der Gläubiger die ihm ordnungsgemäß angebotene Leistung nicht annimmt (§ 293 BGB). Sollte es sich um eine Holschuld handeln, genügt für den Annahmeverzug ein wörtliches Angebot des Schuldners (§ 295 BGB).
Beispiel: Zum vereinbarten Termin holt der Käufer den gekauften Wagen nicht beim Verkäufer ab. Nun wird der Wagen trotz ordnungsgemäßer Absicherung durch den Verkäufer von einem unbekannten Dieb gestohlen. Hier muss der Käufer den Kaufpreis bezahlen, obwohl er den Wagen nicht mehr übereignet bekommt.
−Schadensersatz
Anspruch auf Schadensersatz
Unter Umständen genügt es dem Gläubiger nicht, lediglich von seiner Leistungspflicht befreit zu werden. Denn evtl. ist ihm durch die Unmöglichkeit der Leistung des Schuldners ein Schaden entstanden. Dann stellt sich für den Gläubiger die Frage, ob er diesen vom Schuldner ersetzt bekommt. Das richtet sich nach den §§ 280 ff. BGB. Diese Normen enthalten ein komplexes Haftungssystem für die verschiedenen Arten von Leistungsstörungen.
§ 280 BGB ist die zentrale Haftungsnorm für Leistungsstörungen in Vertragsbeziehungen. Die §§ 281 bis 283 BGB enthalten zusätzliche Voraussetzungen, wenn es um einen Schadensersatz statt der Leistung geht, § 280 Abs. 3 BGB.
Die vier Grundvoraussetzungen des § 280 Abs. 1 BGB sind:
–Schuldverhältnis
–Pflichtverletzung
–Verschulden
–Schaden.
Unter einem Schuldverhältnis (§ 241 Abs. 1 BGB) versteht man eine Sonderbeziehung zwischen zwei Personen. Es kommt insbesondere durch einen Vertrag zustande.
Eine Pflichtverletzung besteht in der nicht ordnungsgemäßen Leistungserbringung. Da die nachträgliche Unmöglichkeit eine Leistungsstörung ist, stellt sie eine Pflichtverletzung aus dem Schuldverhältnis dar.
Verschulden des Schuldners
Problematisch ist häufig das Verschulden (= Vertretenmüssen) des Schuldners. Wann ein Verschulden vorliegt, bestimmt § 276 BGB. Demnach muss der Schuldner entweder vorsätzlich (= mit Wissen und Wollen) oder fahrlässig (= unter Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt, § 276 Abs. 2 BGB) handeln. Bei § 280 Abs. 1 BGB wird das Verschulden allerdings vermutet, was sich aus der Negativformulierung in § 280 Abs. 1 S. 2 BGB („gilt nicht, wenn … nicht zu vertreten“) ergibt. Demnach muss nicht der Gläubiger – wie an sich üblich – die Voraussetzungen der Anspruchsgrundlage und damit hier des Verschuldens durch den Schuldner beweisen. Vielmehr muss umgekehrt der Schuldner sein fehlendes Verschulden im Streitfall nachweisen.
Praxistipp: