Unternehmensrecht. Bernd-Michael Hümer
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Nicht zu den verkehrswesentlichen Eigenschaften einer Sache zählt hingegen der Wert der Sache an sich, da es sich insoweit nicht um einen wertbildenden Faktor handelt.
•Übermittlungsirrtum
Übermittlungsirrtum
Beim Übermittlungsirrtum überbringt die zur Übermittlung einer Willenserklärung verwendete Person oder Einrichtung diese unrichtig (§ 120 BGB). Gemeint ist hier also der Fall, dass ein Bote versehentlich eine Willenserklärung falsch überbringt oder sich bei der technischen Übertragung der Erklärung ein Fehler einschleicht. Diese Fälle sind denen des Erklärungsirrtums vergleichbar mit dem Unterschied, dass dem Boten der Fehler unterläuft.
Beispiel: A beauftragt B, für ihn zwei Brötchen zu kaufen. Beim Bäcker verspricht sich B und verlangt drei Brötchen.
Zu beachten ist, dass § 120 BGB nur für den Boten, nicht hingegen für den Vertreter gilt. Denn der Vertreter gibt eine eigene Willenserklärung ab und überbringt nicht nur eine fremde.
Bei einer absichtlichen Falschübermittlung durch den Boten gelten die §§ 177 ff BGB analog, sodass der Bote haften muss, wenn der „Hintermann“ die Genehmigung des Vertrages verweigert.
•Abgrenzung: Bloßer Motivirrtum
Motivirrtum
Neben den zur Anfechtung berechtigenden Irrtümern der §§ 119, 120 BGB gibt es auch noch Irrtümer, bei denen der Erklärende kein Anfechtungsrecht hat. Diese Irrtümer werden unter dem Oberbegriff Motivirrtum zusammengefasst.
Der Motivirrtum erfolgt – ähnlich wie der Inhalts- und Eigenschaftsirrtum – bereits bei der Willensbildung und nicht erst bei der Abgabe der Willenserklärung. Das Risiko der fehlerhaften Willensbildung trägt hier aber der Erklärende.
Beispiel: A kauft einen Anzug, den er bei der geplanten Hochzeit seines besten Freundes anziehen möchte. Nun wird die Hochzeit abgesagt. In diesem Fall kann A seine Willenserklärung nicht anfechten, weil kein nach §§ 119, 120 BGB beachtlicher Irrtum vorliegt.
Kalkulationsirrtum
Einen Grenzfall der Irrtumsanfechtung stellt schließlich der sog. Kalkulationsirrtum dar. Hierbei wird zwischen dem offenen und dem versteckten Kalkulationsirrtum unterschieden. Während beim offenen Kalkulationsirrtum ein Anfechtungsrecht bestehen kann, scheidet ein solches beim versteckten aus.
Beispiel: A bietet dem B seine Handwerkerleistungen für 5.000,– € an. Soweit sich im Angebot des A ein offensichtlicher Rechenfehler verbirgt, kann A anfechten (Erklärungsirrtum nach § 119 Abs. 1, 2. Var. BGB; offener Kalkulationsirrtum). Wenn das Angebot indes falsch ist, weil sich A bei der Bewertung der Rechenposten (etwa Höhe des Stundenlohns seiner Mitarbeiter) getäuscht hat, liegt ein unbeachtlicher Motivirrtum vor (versteckter Kalkulationsirrtum).
Schadensersatzpflicht des Anfechtenden
Schadensersatz nach Anfechtung
Soweit der Erklärende seine Willenserklärung nach §§ 119, 120 BGB anfechten kann, bevorteilt ihn dies gegenüber seinem Vertragspartner. Dies ist bedenklich, da der Vertragspartner i. d. R. für den Irrtum des Erklärenden nichts kann. Zum Ausgleich dafür hat der Gesetzgeber in § 122 Abs. 1 BGB eine Ersatzpflicht des Vertrauensschadens durch den Anfechtenden angeordnet.
Praxistipp: Vor diesem Hintergrund sollte ein Anfechtungsberechtigter vor Abgabe seiner Anfechtungserklärung (§ 143 Abs. 1 BGB) genau prüfen, ob sich eine Anfechtung wirtschaftlich auch „lohnt“.
Die Schadensersatzpflicht tritt allerdings gemäß § 122 Abs. 2 BGB nicht ein, wenn der Vertragspartner den Grund der Anfechtbarkeit kannte oder kennen musste (also infolge von Fahrlässigkeit nicht kannte). Denn dann ist er nicht schutzwürdig.
Beispiel: B hat den offensichtlichen Rechenfehler im Angebot des A (und damit dessen Erklärungsirrtum nach § 119 Abs. 1, 2. Var. BGB) selbst erkannt.
Anfechtung wegen Willensbeeinflussung
Die Anfechtungsgründe des § 123 Abs. 1 dienen dem Schutz der freien Willensbildung des Erklärenden gegen eine unangemessene Beeinflussung von außen.
Anders als bei der Irrtumsanfechtung nimmt hier i. d. R. der Vertragspartner in unzulässiger Weise Einfluss auf die Vorstellungen des anderen Teils, sodass das Bestehen eines Anfechtungsrechtes an sich selbstverständlich ist. Aus diesem Grund gibt es in diesen Fällen auch keine Schadensersatzpflicht nach § 122 Abs. 1 BGB, wenn der Anfechtungsberechtigte sein Anfechtungsrecht ausübt.
• Arglistige Täuschung
Arglistige Täuschung
Eine Täuschung i. S. v. § 123 Abs. 1 BGB stellt das Vorspiegeln falscher Tatsachen dar. Subjektiv muss der Täuschende mit Arglist handeln. Hierunter versteht man ein Handeln mit Wissen und Wollen (Vorsatz). Arglist liegt also auf jeden Fall dann vor, wenn der Täuschende von der Unwahrheit seiner Äußerung weiß. Sie ist aber auch gegeben, wenn nur Angaben „ins Blaue“ hinein gemacht werden.
Beispiel: Der Verkäufer eines Gebrauchtwagens behauptet gegenüber einem Verkaufsinteressenten, das Auto sei unfallfrei – ohne dies vorher geprüft zu haben.
•Widerrechtliche Drohung
Widerrechtliche Drohung
Unter einer Drohung versteht man das Inaussichtstellen eines empfindlichen Übels. Anfechtbar ist eine Willenserklärung aber nur dann, wenn die Drohung des anderen auch widerrechtlich ist. Dies ist der Fall, wenn sie gegen das Gesetz oder die guten Sitten verstößt. Dafür muss entweder das eingesetzte Mittel oder der verfolgte Zweck bzw. die Verknüpfung von Mittel und Zweck widerrechtlich sein.
Beispiel: A sagt dem B, dass er ihn wegen einer Trunkenheitsfahrt anzeigen werde, wenn B den Vertrag mit ihm nicht abschließt. Zwar ist weder eine Strafanzeige noch ein Vertragsschluss für sich widerrechtlich, doch verstößt die Verknüpfung beider Aspekte gegen die guten Sitten.
2.1.6.4Anfechtungsfrist
Frist für Anfechtung
Die Anfechtung kann von dem Berechtigten nur binnen einer bestimmten Frist erklärt werden. Dies dient dem Schutz des Vertragspartners sowie der Rechtssicherheit. Die Länge der Anfechtungsfrist ist davon abhängig, auf welchen Grund das Anfechtungsrecht gestützt werden kann.
Soweit nur eine Irrtumsanfechtung nach §§ 119, 120 BGB möglich ist, muss sich der Anfechtungsberechtigte schnell entscheiden, ob er von seinem Gestaltungsrecht Gebrauch machen will oder nicht. Denn die Anfechtung kann in diesen Fällen gemäß § 121 Abs. 1 BGB nur unverzüglich nach Kenntniserlangung vom Anfechtungsgrund erfolgen. Zwar bedeutet unverzüglich nach der Legaldefinition des § 121 Abs. 1 BGB „ohne schuldhaftes Zögern“ (und nicht sofort), dennoch bleiben als Überlegungsfrist i. d. R. nur ein paar Tage. Wurde der Anfechtungsberechtigte hingegen arglistig getäuscht oder widerrechtlich bedroht, beträgt die Anfechtungsfrist nach § 124 Abs. 1, 2 BGB ein Jahr ab Entdeckung der Täuschung bzw. ab Beendigung der Zwangslage. Diese deutlich längere Anfechtungsfrist nimmt Rücksicht darauf, dass das Anfechtungsrecht hier die Folge einer unzulässigen Willensbeeinflussung des Erklärenden ist.
Ausschluss der Anfechtung
Ausgeschlossen