Was macht das Stinktier im Kofferraum?. Phil Callaway

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Was macht das Stinktier im Kofferraum? - Phil Callaway

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      Ich hatte nämlich soeben ein Eigentor geschossen.

      An die nächsten sechs oder sieben Jahre meines Lebens kann ich mich kaum noch erinnern. Ich weiß noch, dass ich schnurstracks in die Umkleidekabine geflüchtet bin und mir ein weißes Handtuch über den Kopf geworfen habe. Und ich kann mich noch an die Kommentare erinnern: »Mach dir keinen Kopf, okay? Das hätte jedem passieren können … wenn er so unkoordiniert ist.«

      Ich zog mir das Handtuch über die Ohren, um das Gelächter nicht zu hören. Dann zog ich meine Schlittschuhe aus und hängte sie an den Nagel – für immer.

      Ich konnte nicht wissen, dass Basketball-Star Michael Jordan aus seiner Schulmannschaft fliegen würde, dass Louis L’Amours erster Western von 350 Verlegern abgelehnt wurde, oder dass Albert Einstein einfache mathematische Gleichungen nicht lösen konnte (seine Frau half ihm bei der Steuererklärung). Es hätte mir vielleicht geholfen zu wissen, dass der Manager der Radioshow Grand Ole Opry zwölf Jahre zuvor einen Nachwuchssänger nach einer Vorstellung rausgeschmissen und ihm geraten hatte, wieder Lastwagenfahrer zu werden. Aber Elvis Presley wurde trotzdem Sänger.

      Doch in jener Nacht dachte ich nicht an Elvis.

      Ich verließ nur vollkommen erschüttert das Eisstadion.

      Als ich nach Hause kam, ging ich geradewegs in mein Zimmer. Mein Vater hatte wegen einer heftigen Grippe nicht zum Spiel kommen können.

      »Wie war es?«, fragte er, als er in der Tür zu meinem Zimmer stand. Er studierte mein blasses Gesicht und ahnte die Antwort schon.

      »Ach, Papa«, sagte ich mit gesenktem Kopf. »Das kann ich dir nicht sagen. Du bist ohnehin schon krank.«

      Ich ließ mich aufs Bett fallen, verschränkte die Hände hinterm Kopf und starrte an die Decke. Mein Vater kam herein, setzte sich neben mich aufs Bett und sagte nichts.

      »Hast du schon mal was so Dummes gemacht, dass du dir sehnlichst gewünscht hast, die Zeit um 24 Stunden zurückdrehen zu können und den Tag noch mal von vorne anzufangen?«, sagte ich.

      »Na ja«, meinte mein Vater, »ich habe einmal mit einer 22er den Scheinwerfer des alten Mr. Henderson zerschossen … und dann habe ich …«

      Zum ersten Mal seit Jahren unterbrach ich meinen Vater mitten im Satz. Dann setzte ich mich auf, vergrub das Gesicht in den Händen und erzählte ihm alles: wie schockiert die Zuschauer waren, wie peinlich es in der Umkleidekabine war, mein Spiel, an das man sich zu meiner Schande für immer erinnern würde. Ich wagte nicht, ihm ins Gesicht zu schauen. Das Gesicht eines stolzen Vaters, der große Träume für seinen jüngsten Sohn gehabt hatte.

      Eine Minute lang herrschte Schweigen. Dann legte mein Vater mir die Hand aufs Knie und tat das Letzte, was ich in diesem Moment erwartet hätte: Er fing an zu lachen.

      Und ich konnte kaum glauben, was ich dann tat … Ich lachte mit ihm.

      Es war das Letzte, mit dem wir beide gerechnet hätten, aber es war das Beste, was wir tun konnten.

      Inzwischen sind mehr als 20 Jahre vergangen, seit Vater und ich auf meiner Bettkante gesessen und zusammen gelacht haben. In meiner Erinnerung ist es der Abend, an dem ich beschloss, wieder Eishockey zu spielen. Ich spiele selbst heute noch Eishockey. Mit den Jahren ist es mir sogar gelungen, ein paar Tore zu schießen – und zwar ins richtige Tor. Aber keines dieser Tore war je so denkwürdig wie jenes Tor in der Nachspielzeit. Es wird mich mein Leben lang daran erinnern, dass die größten Siege im Leben oft in unseren Niederlagen errungen werden.

      Noch Jahre danach wachte ich manchmal nachts schweißgebadet auf, weil ich von jenem Tor in der Nachspielzeit geträumt hatte, aber sobald ich mich dann an die Hand meines Vaters auf meinem Knie erinnerte, musste ich von einem Ohr bis zum anderen grinsen. An jenem Abend habe ich etwas entdeckt, das selbst die schwersten Lasten leichter erscheinen lässt.

      Es ist die einfache Tatsache, dass ich einen Vater habe, der mich liebt, ganz gleich, was ich getan habe, ganz gleich, wo ich war, ganz gleich, wie schlimm es gerade steht. Jesaja hat das sehr schön ausgedrückt:

      Berge mögen einstürzen und Hügel wanken,

      aber meine Liebe zu dir wird nie erschüttert …

      Das verspreche ich, der Herr, der dich liebt!

      JESAJA 54,10

      Ich habe es schon tausendfach erlebt. Diejenigen, die wissen, wo man sie findet, entdecken auch angesichts überwältigender Tragödien oder unüberwindlicher Hindernisse Freude. Mein Vater war sich dessen vielleicht nicht bewusst, aber an jenem Abend hat er mir einen Einblick in das Wesen meines himmlischen Vaters gegeben, der von unschätzbarem Wert ist. Er hat mir sein Mitgefühl, seine Vergebungsbereitschaft und seine Gnade gezeigt. Er hat mir einen himmlischen Vater gezeigt, der verrückt ist nach seinen Kindern, und der gerne lacht.

      Der Unterschied zwischen den Menschen ist gering,

      aber dieser kleine Unterschied macht den großen

      Unterschied. Der kleine Unterschied ist ihre Einstellung.

      Der große Unterschied ist, ob sie positiv ist oder negativ.

      CLEMENT STONE

      Wenn Sie mich einmal sonntagnachmittags zu sich nach Hause einladen, werden Sie ganz schnell eine meiner störendsten Angewohnheiten kennenlernen. Nein, ich esse nicht zu viel (es sei denn, es gibt Pizza). Ich kaue auch nicht an meinen Fingernägeln (es sei denn, wir schauen uns zusammen ein Baseball-Meisterschaftsspiel an). Aber es ist sehr wahrscheinlich, dass wir gerade zusammen bei Ihnen im Wohnzimmer sitzen und Tee trinken, wenn mein Kopf sich plötzlich zur Seite neigt und meine Augen die Wand hinter Ihnen anstarren. Nicht, dass ich Sie ignoriere oder am Einschlafen bin. Ich betrachte einfach nur Ihr Bücherregal.

      Dieses problematische Verhalten habe ich schon in frühester Kindheit entwickelt. Wahrscheinlich könnte mir ein guter Psychologe helfen, aber ich weiß, dass mein Vater daran schuld ist. Mein Vater hatte damals einen Buchladen, und bei uns daheim waren die Wände voll mit Büchern. Wir hatten im Flur Bücher, in der Küche, in meinem Zimmer. Manchmal landeten sie sogar in der Badewanne oder auf dem Dach. Ich bin heute noch davon überzeugt, dass mein Hals rechts kürzer ist als links, weil ich jeden Abend mit verdrehtem Kopf im Bett lag und die Buchtitel las, bis das Licht ausging. Die Schatzinsel. Charles Spurgeons Predigtnotizen. Alice im Wunderland. Foxes Buch der Märtyrer. Als ich fünf war, habe ich einmal fünf blau eingebundene Hardy-Bücher in einen Heizlüfter gestopft. Ich weiß heute noch nicht, warum ich das getan habe. Aber niemand hat sie vermisst. Bei den Callaways gab es nie viel Geld, aber dafür jede Menge Bücher.

      Die Bücher mit Kurzgeschichten hatte ich am liebsten. Vielleicht lag es daran, dass ich das Musterbeispiel für ein ADS-Kind war (fragen Sie nur mal Mrs. Dolson, meine Lehrerin in der dritten Klasse). Aber auch heute noch mag ich kaum etwas lieber, als an einem Winterabend mit einer Tasse heißer Schokolade vor einem knisternden Kaminfeuer zu sitzen und Kurzgeschichten zu lesen. Ganz gleich ob Science-Fiction, Krimi, Abenteuergeschichte – es hat etwas ungeheuer Befriedigendes, wenn man in nur vier oder fünf Minuten unterhalten, überrascht und herausgefordert wird.

      Kurz nach meinem Les Misérables-Wochenende mit Ramona gab mir ein Freund eine Geschichte, die das alles sehr schön fertigbrachte. Es war die Geschichte von Jerry.

      Jerry ist die Art von Mensch,

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