Vergebung befreit. Sascha Ansahl
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Die alte Dampflok selbst schien ihren Weg bestens zu kennen. Über Stunden war ich sehr mit dem Schaufeln beschäftigt, so sehr, dass ich nicht bemerkte, wie der Kessel immer mehr Druck aufbaute. Die kleine Anzeige lag schon lange im roten Bereich. Ich schwitze, und es war heiß. Wie von Sinnen begann ich nun ohne Unterlass den Kessel zu befüllen. Es muss wirklich verrückt ausgesehen haben. Ein junger Mann schaufelt wie von Sinnen Kohlen in den Kessel einer alten Lok, während diese in immer höherem Tempo führerlos an Fahrt zulegte. Tage und Wochen vergingen, während ich in ekstatische Zustände geriet.
Je mehr ich schaufelte, desto ekstatischer wurde ich. Angetrieben von dem festen Willen, die alte Lok auf Volldampf zu bringen, gab ich alles, immer mehr. Ich bemerkte dabei nicht, wie schnell wir fuhren, und auch nicht, wie sich immer mehr alte Waggons unter krachendem, lautem Getöse vom Zug trennten. Alte, längst überholte Waggons, die dem Tempo nicht mehr standhalten konnten, brachen entzwei. Hörte ich es irgendwo krachen oder zischen, schaufelte ich einfach noch weiter und weiter. Die Fahrt ging auch über alte, sehr lange Holzbrücken. Manch ein Ingenieur hätte diese sicherlich für unbefahrbar gehalten, aber ich hatte keine Zeit, dem Beachtung zu schenken oder abzuwägen, ob die Brücke standhalten würde oder nicht. Es gab für mich nur ein Ziel: Dampf machen und Fahrt aufnehmen. Oft brachen die Brücken, noch während ich darüberfuhr, unter donnerndem Krachen in sich zusammen. Es war mir egal, ich war beseelt von dem Wunsch, die alte Lok anzuheizen.
Ich wusste bis dahin nicht, dass ich den göttlichen Zug bestiegen hatte, der, wenn er einmal entschlossen betreten wird, nur einen Weg kennt: direkt in das Herz Gottes. Ja, es krachte und krachte und manches Mal erschrak ich, aber ich wagte nicht, den Kopf zu heben, und schaufelte im Schweiße meines Angesichts die Kohlen in den lodernden Kessel. „Ich schaufelte meine Ängste und schweren Lebenssituationen in den Kessel Gottes. Hinein in das Feuer der Liebe.“
Es ist jetzt, während ich das schreibe, ein halbes Jahrzehnt vergangen, in dem ich unaufhörlich schaufle. Manches Mal war ich erschöpft, müde und richtig erledigt, aber eines habe ich nicht verloren, den eisernen Willen zu schaufeln. Wenn ich nun zurückblicke auf die letzten sechs Jahre, so kann ich etwas Wundervolles feststellen. Etwas Wesentliches hat sich verändert. Ich schaufle noch genauso, aber es ist so, als würden deutlich weniger Kohlen benötigt. Die sehr alte liebevolle Dampflok bedarf nicht mehr eines so hohen Tempos. Die Fahrt geht langsamer vonstatten, und es bleibt Zeit für mich, mir den Schweiß von der Stirn zu wischen. Mutig wage ich es, aus dem Fenster zu schauen. Was ich sehe entzückt mich dermaßen, dass ich hier keine Worte finde, es zu beschreiben. Es ist, als könnte ich mit meinem Herzen sehen.
Die alten Waggons sind längst alle abgehangen. Ich hatte es fast nicht bemerkt, so eifrig war ich damit beschäftigt zu schaufeln. Heute fährt die alte Dampflok ruhiger, aber stets in ihrer gewohnten Kraft. Ich habe einige kleine Bahnhöfe passiert und es wurden neue Waggons angekoppelt. Wunderschöne Waggons mit einer so wundervollen Ausstattung und vollgestopft mit Überraschungen.
In einem Waggon kann ich Seelen erkennen, mit denen ich schon sehr lange in tiefer Liebe verbunden bin. Sie gesellen sich zu mir und lassen mich wissen, wie sehr sie sich freuen, weil ich es geschafft habe. Es ist so wundervoll, jetzt ein wenig auszuruhen und die Fahrt ein bisschen zu genießen. Jede einzelne Schaufel, die ich in den letzten fünf Jahren voller Hingabe in den glühenden Ofen geschaufelt habe, waren unentwegte Gebete der Vergebung. Jede einzelne Kohle war ein Erinnern an meinen eigenen Schmerz.
Die alten Waggons an der Lok waren: meine Ängste, meine Leiden, mein Urteilen, mein Verurteilen, meine Unwissenheit davon, dass Gott mich wirklich liebt. Es ist das Vergeben von schmerzvollen Situationen im Alltag. Ich habe sie im Feuer der alten Lok, dem Herzen Gottes verbrannt. Ich vergebe und vergab allem und jedem ohne Unterbrechung. Dem Vordrängler an der Kasse, dem Drängler auf der Autobahn, dem Kriegsführer, den Politikern, den Ungerechten, den Gerechten, meinen eigenen Ängsten, wie Zweifel, Ohnmacht, Wut und Hass. Ich wurde zum Detektiv und spürte und spüre jede einzelne Kränkung in mir auf. Schaufel für Schaufel. Den Schmerz, die Trauer und die Ohnmacht, die aufkam, überrumpelte ich mit noch mehr Schaufeln, der Vergebung.
Ich betete zu Gott, er möge mir gestatten, ein liebender und gütigerer Mensch zu werden. Das waren meine Schaufeln in den letzten sechs Jahren und sie sind es, die ich täglich unermüdlich in die Waagschale werfe.
Ich schaufle noch immer ausdauernd Kohlen in den Kessel, aber jetzt sind es mehr und mehr tiefgreifende Gebete, die ich aus meinem Herzen an das Herz Gottes lege. Vom Grund meines Herzens bat ich ihn um mehr Liebe und darum, mehr Güte leben zu dürfen. Seine Liebe. Ich wünschte mir mehr Kraft, noch mehr vergeben zu können. Dabei hatte und habe ich nur ein Ziel: Ich möchte damit sein (Gottes) Herz erfreuen. Es ist sein Wille, der geschieht, und ich bin zutiefst dankbar, dass ich diesen Zug besteigen durfte. Bis heute weiß ich nicht, wer mir dieses Ticket ausgestellt hat. Wer es mir erlaubt hat, mit dieser erhabenen und ehrwürdigen Dampflok fahren zu dürfen, aber mit meinem ganzen Herzen und meiner ganzen Seele möchte ich alles das, was ich erhalten habe, zurückgeben.
Es sind viele Seelen, die sich dieser Situation gerade in der jetzigen Zeit bewusstwerden. Sie suchen mit allen Mitteln nach einem Ausweg und nach Hilfe. Ebenso gibt es Menschen, die an der Macht und an der Gier festhalten wollen, weil sie glauben, dass ihnen das die meiste Befriedigung gibt. Es ist deine ganz persönliche Entscheidung, ob du den Zug betreten willst oder nicht. Es ist weder richtig noch falsch, auch wenn du es nicht tust. Aber wie fest bist du entschlossen, dein Herz zu finden? Wie fest bist du entschlossen, dein Herz und deine Seele zu vereinen? Willst du das um jeden Preis? Du kannst ein bisschen dies und ein bisschen das machen. Du kannst ein wenig der einen Lehre folgen oder der anderen. Vielleicht löst du auch das eine oder andere Problem dabei. Aber was willst du? Willst du Probleme lösen oder dein Herz finden? Ich habe mal gelesen: „Wenn du dich für die Liebe entscheidest, dann setze alles auf eine Karte.“ Es ist dein Herz, das alle Antworten kennt, dein Herz stellt keine Fragen. Wie ich es schon sagte, es ist alles deine Zeit, du bist hier auf Erden. Was willst du tun?
Problemlösung oder Gott finden
Wie sehr bist du daran interessiert, dein Herz zu finden? Ich meine, bist du dir wirklich bewusst, dass du Gott, das Leben, die Stimme deines Herzens, finden kannst?
Oder ist es eher so, dass du deine kleinen Probleme im Alltag erleichtern möchtest, damit es dir im Leben gutgeht. Beides ist möglich, es ist weder gut noch schlecht. Es stellt sich nur die Frage, was du wirklich willst. Das eine wie das andere ist o. k.
Ich möchte dir den Unterschied zwischen beidem erklären. Wenn du versuchst, deine Probleme zu lösen, wirst du immer mit Problemlösungen beschäftigt sein, weil du den Kern, die Ursache des Problems, nicht erkennst. Dein Leben wird vielleicht etwas leichter sein, aber die Probleme bleiben. Du bleibst im Leben voller Schmerz und Leid. Du versuchst deine Probleme hier zu lösen, im Außen, das die Freiheit des Herzens um jeden Preis verhindern will.
Bild 22: Das Außen verhindert, dein Herz und deine Seele finden zu können
Entscheidest du dich für dein Herz und dafür, Gott wirklich zu wollen, dann entwickeln sich dein Herz und deine Seele. Du beginnst mehr und mehr das zu erhalten, was für dich richtig und wichtig ist, weil du demjenigen die Entscheidung überlässt, der dein Herz am besten kennt. Gott.
Bild 23: Gottes Liebe, Kraft, und Weisheit fließen in das Herz und zurück