Nina und die Sphinxwelt. Sarah Nicola Heidner

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Nina und die Sphinxwelt - Sarah Nicola Heidner страница 14

Nina und die Sphinxwelt - Sarah Nicola Heidner

Скачать книгу

Du schaust ja merkwürdig aus der Wäsche. Geht’s dir nicht gut?“

      Nein, ich finde es nur etwas merkwürdig, von einem wildfremden Mann angequatscht zu werden, hätte sie am liebsten geantwortet, stattdessen sagte sie vage: „Ach, da ist dies und das.“

      „Dir geht’s nicht gut, fehlt dir der Mut? Oder ist was mit dir? Sag’s mir!“, reimte Werner.

      „Sind Sie Dichter?“, fragte Nina mit einem leicht spöttischen Unterton.

      „Du!“

      „Was du?“

      „Du sollst ‚du‘ zu mir sagen! Und außerdem bin ich tatsächlich Dichter.“

      „Ah ja, was für eine Überraschung!“, bemerkte Nina verwundert und versuchte sich das Lachen zu verkneifen. „Aber kein sehr guter“, murmelte sie dann noch so leise, dass der dicke Mann sie auf keinen Fall verstehen konnte.

      „Hast du was gesagt?“, erkundigte er sich sofort.

      „Nein, nichts“, beteuerte Nina schnell.

      „Ich habe sogar ein Buch mit Gedichten geschrieben!“

      Nina hüstelte spöttisch. War dieser Mann etwa verrückt? Vorsichtshalber rückte Nina so weit es ging von Werner weg zum Fenster und presste ihren Rucksack an sich. Vielleicht war er ja auch eine Sphinx – die waren doch allesamt verrückt!

      „Müsstest du nicht in der Schule sein?“

      „Klassenfahrt“, murmelte Nina leise. „Ach, Klassenfahrt!“, wiederholte Werner und schien ein neues Thema gefunden zu haben. „Früher, ja, das war lustig. Wir haben den Mädchen immer Zahnpasta an die Türklinke geschmiert und sie haben dafür Seife in unserem Zimmer verteilt. Wir haben uns köstlich amüsiert! Ja, und abends haben wir dann alle zusammen eine Party gefeiert, aber die Lehrer haben uns erwischt und wir haben Ärger bekommen. Und doch war es lustig. Und im Bus haben wir Papierkügelchen mit Nachrichten durch die Reihen geworfen, weil der Busfahrer stinkig war und uns aufgefordert hat, still zu sein. Und am Ende mussten wir dann jeder einen Bericht über die gesamte Klassenfahrt schreiben, das war vielleicht nervig. Und dann gab es auch noch Noten dafür! Als Entschädigung hat die Lehrerin uns eine Überraschung versprochen. Aber du kannst dir gar nicht denken, was das für ein Reinfall war! Wir waren in einem stinklangweiligen Museum über die Römer und sind fast eingeschlafen vor Langeweile, als einer der Jungen als Mutprobe den Feueralarm auslöste und wir nach draußen mussten. Die Feuerwehr kam, aber als sich herausstellte, dass kein Feuer brannte, durften wir wieder rein. Unsere Lehrerin war so aufgewühlt, dass wir frühzeitig nach Hause konnten! – Ist etwas?“

      Nina schüttelte den Kopf und verdrehte die Augen. Wie konnte jemand so viel reden und nicht bemerken, dass er total nervte?

      „Noch eine Stunde!“, brüllte der Busfahrer nach hinten.

      „Siehst du, nur noch eine Stunde! Ich geh dann gleich zu mir nach Hause und werde weiter Gedichte schreiben. Der Sommer ist jetzt da, der Himmel ist schön klar, die Wolken sind aus Dunst, sehen aus wie Kunst.“

      „Schön“, brummte Nina, um seinen Redefluss zu stoppen. „Ich schlafe jetzt.“ Sie schloss die Augen, aber Werner tippte ihr auf die Schulter und nickte Nina zu, die nun gezwungen war, ihn wieder anzuschauen. „Genauso wichtig wie …“

      „Essen und Trinken.“ Sie verdrehte die Augen. „Das haben mir meine Eltern auch immer gesagt.“

      „Ja, das kann nervig sein! Auch meine Eltern haben das immer gesagt. Und ich habe unter der Bettdecke gelesen, auch wenn das schlecht für die Augen war, also mach das nie, hörst du?“

      Bist du mein Vater?, hätte Nina am liebsten gefragt, sie biss sich jedoch auf die Zunge und murmelte: „Nee.“

      Doch Werner redete schon weiter. „Aber jetzt schreibt ihr abends doch nur noch SMS, oder? Das ist ja klar! Nur mit Smartphone beschäftigt, dem Fernseher, der Wii, dem Computer oder der PlayStation. Und keiner von euch denkt mehr an Bücher! Oder schaust du, wenn du etwas wissen willst, in der Bibliothek nach?“ Werner wartete ihre Antwort nicht ab und setzte seinen Redefluss fort: „Nein, natürlich nicht! Bücher sind viel zu umständlich, einmal bei Google was eingeben und abschreiben – fertig ist das Referat! Und die Schule wird immer unwichtiger! Dabei ist ein gutes Abitur für ein Studium und einen Beruf, der einem gefällt, sehr wichtig!“

      „Ach nee“, sagte Nina ironisch. „Ich geh mal auf die Toilette!“ Sie drängte sich an Werner vorbei, stieg die drei Stufen hinunter und öffnete die kleine Tür zum WC. Sie trat ein, schloss die Tür hinter sich und lehnte sich stöhnend dagegen. Wie anstrengend konnten Menschen sein! Am liebsten würde sie die ganze restliche Fahrzeit hierbleiben, weit weg von der Quasseltante oder eher dem Quasselonkel Werner Schmitz! Doch das ging natürlich nicht. Nach fünf Minuten kehrte sie notgedrungen wieder auf ihren Platz zurück, schloss die Augen und versuchte das Gerede des Mannes auszublenden. Sie schaffte es sogar einigermaßen und schnappte nur die Worte „Politiker“, „Schulden“, „Schule“ und „Mathematik“ auf, also wechselte Werner mal wieder zwischen Tausenden von Themen hin und her.

      Endlich hielt der Bus und Nina sprang auf, drängelte sich an Werner vorbei, der „Tschüss, war schön, dich kennenzulernen – äh, wie heißt du überhaupt?“ rief, und sprang aus dem Bus.

      Als Werner, der ebenfalls den Bus verlassen hatte, neben sie trat, murmelte sie: „Nina. – Tschau!“ und blickte sich um. Sie hatten auf ihrem Weg zum Flughafen am Ende der Stadt angehalten. Laut Karte führte sie auf ihrer Weiterreise ein breiter Feldweg in die richtige Richtung.

      Eine plötzliche Stichflamme vor ihrer Nase ließ Nina hektisch mit der Hand wedeln. Sie versuchte das Feuer zu verscheuchen. Wenn das jemand sah? Die anderen Reisenden waren jedoch schon weitergegangen und hatten nichts bemerkt. Schon tanzte das Feuer ein paar Meter nach vorn und schien darauf zu warten, dass Nina ihm folgte. „Die Leute …“, knurrte Nina und verdeckte die Stichflamme schnell mit ihrer Hand.

      So führte das Feuer sie den Feldweg zurück in Richtung Innenstadt, durch kleine Gässchen und verwinkelte Straßen. „Ich hoffe, du zeigst mir später auch den Weg zurück“, brummte das Mädchen missmutig. Sollte es doch alles wahr sein?

      Plötzlich hielt das Feuer an. Sie standen vor einem ordinären Einkaufsladen, der Mode für junge Leute anbot. „Was soll ich da? Klamotten kaufen?“, spottete Nina. Und tatsächlich führte das Feuer Nina in das Geschäft. Kinder und Jugendliche liefen durch den Laden und zogen ihre Eltern hinter sich her, die sich geduldig der Warteschlange vor den Umkleidekabinen zugesellten.

      Das Feuer formte einen Pfeil, der auf die Rolltreppe wies, und verschwand danach. Zittrig folgte Nina der angezeigten Richtung und legte die Hand auf das Rolltreppengeländer. Ihr war, als würde sie in einen Strudel gesogen werden, und plötzlich stand sie in einem kleinen, dreieckigen Raum mit dunkelgoldenen Wänden, einem silbernen Sessel und Tausenden von Regalen mit ausgefallener Kleidung. Es gab Strumpfhosen, die lila-neongelb gestreift waren und mehr aus Löchern als aus Stoff zu bestehen schienen, knallbunte T-Shirts mit Sphinxen darauf, die sich in Katzen und wieder zurück verwandelten, und viele andere merkwürdige Kleidungsstücke.

      „Wow!“, staunte Nina. Sie griff sich ein schwarzes, schmal geschnittenes T-Shirt, auf dem eine vergoldete Sphinx abgedruckt war, die sich bewegte! Dann nahm sie noch eine schwarze Leggings mit goldenen, auf und ab tanzenden Punkten aus einem Regal. Außerdem gefiel ihr eine schneeweiße Jacke. Auf einem Tresen erschien wie von Zauberhand das Bild eines dicken Buches. „Was soll ich denn damit?“, fragte Nina verwundert.

Скачать книгу