Dunkle Geschichten aus dem alten Wien. Barbara Wolflingseder

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Dunkle Geschichten aus dem alten Wien - Barbara Wolflingseder

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das war sein angestammter Sitz,

      Da begann um ihn sich zu versammeln

      Dr. med. et phil. Knut Horowitz:

      „Sie sind einer von den seltnen Fällen!

      Lagen Sie im Mutterleibe schief?

      Pflegen Sie beim Liebesakt zu bellen?

      Träumen Sie? Wie oft, wie lang, wie tief?

      Hatten Sie als Kind schon Mörderhände?

      War die Frau Mama nicht schizophren?

      Herr, ihr linkes Nasenloch spricht Bände!

      Reagier’n Sie ab – sonst wer’n Sie sehn!"

      Blawatschek griff sich ans Unterkieferl,

      Kratzte es und schlenderte hinaus.

      Dort tranchierte er das Psycho-Schlieferl

      Und vergrub den Leichnam hinterm Haus.

      Rein war nun sein Seelchen, wie ein Spiegel.

      Himmelwärts schwamm blau Virginier-Rauch …

      „Fräulein Mizzerl!! Gollasch und zwei Krügel,

      Und den schwarzen Dokter zahl ich auch!"

      Alois warf sein kleines Taschenmesser

      Hinter Grinzing in den Abendwind.

      Überhaupt: es war ihm schon viel besser,

      Und er sah die Mädchen, wie sie sind.

      

      

       Die Entdeckung des Klosterkerkers bei den Kapuzinern. Zeichnung von Vinzenz Katzler in Moriz Bermanns „Dunklen Geschichten aus Österreich“ (Wien 1868).

       Der Skandal um die Klosterkerker

       Vor mir lag ein langgestreckter Greis, in abgenütztem Habit, unter wollener Decke, auf einem Strohsacke; die Capuze deckte sein graues Haupt; sein schneeweißer Bart reichte bis an den Gürtel. Neben der Bettstelle ein alter elender Strohstuhl, ein alter schmutziger Tisch, darauf eine Lampe. Ich sprach einige Worte zu dem Sterbenden, er hatte die Sprache bereits verloren.

      Den Häftling, bei dem es sich um den aus Ungarn stammenden Frater Nikomedes handelt, habe am Vortag der Schlag getroffen, erfährt Pater Innocentius. Und da keiner außer dem Pater der ungarischen Sprache mächtig sei, solle er dem Greis den letzten Segen spenden. Der alte, verwahrloste Mann gibt seinem Besucher durch einen Händedruck zu verstehen, dass er seine Worte hören könne. Worte des Trostes und der Hoffnung auf ewige Seligkeit, wie es der Pater in seinen Memoiren ausdrückt: Nach viertelstündigem, schweren Todeskampfe war er dort; sein Leiden hienieden geendigt.

      Bevor der Pater den Laienbruder wieder zu sich ruft, sieht er sich genauer im Gefängnis um und schwört bei der Hülle des Entseelten, […] diesen Greuel bei dem Kaiser anzuzeigen. Er erkundigt sich nach den näheren Umständen und wird dabei in Kenntnis gesetzt, dass Frater Nikomedes seit 52 Jahren hier unten vegetiere, weil er den Prior einen Dummkopf geheißen habe. Er selbst habe nur die Aufsicht und werde deshalb auch „Löwenwärter“ genannt, erzählt der redselige Laienbruder. Ein Klosterwitz, plaudert er launig weiter, der sich auf die „Löwen“, wie man die Gefangenen nennt, beziehe. Pater Innocentius, im bürgerlichen Namen Ignaz Aurelius Feßler, kann sich für diesen „Witz“ nicht erwärmen. Noch nie hat er etwas so Abscheuliches gesehen. Den Eindruck dieser Barbarei wird er zeit seines Lebens nicht mehr loswerden. Aber es bricht nun auch etwas in ihm durch, was sein Inneres schon lange beschäftigt.

      An den Lehren der römisch-katholischen Kirche, mit denen er seit seiner Kindheit gespeist worden ist, hat er mit zunehmender Bildung und Erfahrung immer mehr gezweifelt. Nun sind diese Zweifel so groß geworden, dass er seinem Leben endgültig eine neue Richtung geben will. Zunächst aber muss er irgendwie auf die ungeheuren Zustände, die im Kapuzinerkloster herrschen, aufmerksam machen.

      Pater Innocentius I. alias Ignaz Aurelius Feßler

      Die ersten zwölf Kapuzinerpatres waren 1599, zum Zeitpunkt der einsetzenden Gegenreformation, nach Wien gekommen, wo sie zunächst in verschiedenen Klöstern Quartier gefunden hatten. 1617 stiftete Kaiserin Anna von Tirol dem Orden eine Kirche am Mehlmarkt (heute Neuer Markt) und legte testamentarisch fest, dass unter dem dazugehörigen Kloster eine Gruft errichtet werden solle, in der sie samt ihrem Gemahl Kaiser Matthias beigesetzt werden möchte. Als Anna 1618 und der Kaiser ein Jahr später starben, war der Bau noch nicht fertig. Man deponierte die Särge zunächst im Königinnenkloster der Hl. Clara in der Dorotheergasse und überführte sie 1633 in die fertiggestellte Kapuzinergruft.

      Nach mehreren Erweiterungen besteht die Kaisergruft heute aus acht Grabstätten, in denen über 140 Habsburger bestattet wurden.

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