Jenseits des schweigenden Sterns. C. S. Lewis
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Nach dieser Erklärung kümmerte Weston sich in seiner knappen, ungefälligen Art um das Wohlergehen seines Gastes oder Gefangenen. Auf seinen Rat hin legte Ransom seine Kleidung ab und ersetzte sie durch einen schmalen Gürtel, der mit schweren Gewichten behangen war, um die ungewohnte Leichtigkeit seines Körpers ein wenig auszugleichen. Dann setzte er eine dunkle Brille auf und folgte Weston an einen kleinen Tisch, auf dem das Frühstück stand. Er war hungrig und durstig und machte sich gierig über die Mahlzeit aus Büchsenfleisch, Zwieback, Butter und Kaffee her.
Doch all dies hatte er fast mechanisch ausgeführt. Beinahe automatisch zog er sich aus, aß und trank, und alles, was ihm von seiner ersten Mahlzeit an Bord des Raumschiffs im Gedächtnis blieb, war die alles beherrschende Intensität von Hitze und Licht. Beide hatten ein Ausmaß, das auf der Erde unerträglich gewesen wäre, waren aber von neuartiger Qualität. Das Licht war blasser als jedes ähnlich starke Licht, das er je gesehen hatte; es war nicht rein weiß, sondern von äußerst blassem Gold und warf ebenso scharfe Schatten wie Flutlicht. Die sehr trockene Hitze schien wie ein riesiger Masseur über die Haut zu streichen und sie zu kneten; sie machte keineswegs schläfrig, sondern höchst munter. Ransoms Kopfschmerzen waren vergangen; er fühlte sich so aufmerksam, mutig und großmütig wie kaum je auf der Erde. Nach einiger Zeit wagte er, zu der Deckenluke aufzublicken. Bis auf einen schmalen gläsernen Spalt war sie mit stählernen Schiebern verschlossen, und selbst dieser Spalt war mit einer Blende aus schwerem, dunklem Material abgedeckt; dennoch war es so hell, dass man nicht lange hineinsehen konnte.
»Ich dachte immer, der Weltraum sei dunkel und kalt«, sagte er unsicher.
»Und die Sonne?«, merkte Weston verächtlich an.
Ransom aß schweigend weiter. Nach einer Weile begann er von Neuem: »Wenn es schon am frühen Morgen so ist …« Doch gewarnt von Westons Gesichtsausdruck brach er ab.
Natürlich, dachte er ehrfürchtig, hier gibt es keinen Morgen, keinen Abend und keine Nacht – nichts als immergleichen helllichten Tag, der jenseits aller Geschichte seit Urzeiten Milliarden von Kubikmeilen erfüllt. Er blickte wieder zu Weston, doch dieser hob die Hand.
»Reden Sie nicht so viel«, sagte er. »Wir haben alles Nötige besprochen. Im Schiff gibt es nicht genug Sauerstoff für irgendwelche überflüssigen Anstrengungen; auch nicht für Gespräche.«
Kurz danach stand er auf, ohne den anderen aufzufordern, es ihm gleichzutun, und verließ den Raum durch eine der vielen Türen, die Ransom bis dahin kaum wahrgenommen hatte.
5 _______
Die Reise im Raumschiff hätte für Ransom eine Zeit voller Furcht und Schrecken sein können. Eine astronomische Entfernung trennte ihn von allen menschlichen Geschöpfen bis auf zwei, denen er mit gutem Grund misstraute. Er fuhr einem unbekannten Ziel entgegen und seine Entführer weigerten sich beharrlich, ihm zu verraten, zu welchem Zweck er dorthin gebracht wurde.
Devine und Weston lösten einander regelmäßig bei der Wache in einem Raum ab, den Ransom nicht betreten durfte und wo er die Steueranlagen des Schiffs vermutete. Weston blieb während seiner Freiwachen meist schweigsam. Devine war gesprächger, plauderte und lachte häufig mit dem Gefangenen, bis Weston an die Wand des Kontrollraumes klopfte und davor warnte, die Luft zu vergeuden. Doch in bestimmten Punkten zeigte sich auch Devine verschlossen. Er war stets bereit, sich über Westons feierlichen wissenschaftlichen Idealismus lustig zu machen. Er gebe keinen Pfifferling, sagte er, für die Zukunft des Menschengeschlechts oder die Begegnung zweier Welten.
»Malakandra ist mehr als das«, meinte er oft augenzwinkernd. Doch wenn Ransom ihn fragte, worin dieses »Mehr« bestehe, verfiel er in einen satirischen Ton und machte ironische Bemerkungen über die Bürde des weißen Mannes und die Segnungen der Zivilisation.
»Dann ist der Planet also bewohnt?«, bohrte Ransom.
»Ach – bei solchen Dingen gibt es immer das Problem der Eingeborenen«, antwortete Devine dann. Meistens aber sprach er über das, was er nach seiner Rückkehr zur Erde tun wollte. Hochseejachten, kostspielige Frauen und ein großes Landhaus an der Riviera spielten in diesen Plänen eine große Rolle. »Ich nehme alle diese Risiken nicht zum Spaß auf mich.«
Direkte Fragen nach Ransoms eigener Rolle stießen gewöhnlich auf Schweigen. Nur einmal, als er nach Ransoms Einschätzung alles andere als nüchtern war, gab Devine auf eine solche Frage zu, dass sie ihm »noch allerhand aufhalsen« würden.
»Aber ich bin sicher«, ergänzte er, »dass du dich des alten Schulschlipses würdig erweisen wirst.«
Wie ich bereits gesagt habe, war all dies ziemlich besorgniserregend. Seltsamerweise jedoch beunruhigte es ihn nicht sehr. Es ist schwierig, trüben Gedanken über die Zukunft nachzuhängen, wenn man sich so ausgezeichnet fühlt wie Ransom jetzt. Auf der einen Seite des Schiffs herrschte endlose Nacht, auf der anderen endloser Tag; beides war großartig, und er genoss es, nach Lust und Laune von der einen Seite zur anderen zu gehen. In den Nächten, die er sich verschaffen konnte, indem er einen Türgriff drehte, lag er oft stundenlang da und starrte durch die Deckenluke. Die Erdscheibe war nun nicht mehr zu sehen; die Sterne, dicht gesät wie Gänseblümchen auf einem ungemähten Rasen, beherrschten das Blickfeld und keine Wolken, kein Mond oder Sonnenaufgang beeinträchtigten ihren Zauber. Da gab es geradezu majestätische Planeten, nie gesehene Sternbilder, es gab himmlische Saphire, Rubine, Smaragde und Schmucknadeln aus brennendem Gold; in weiter Ferne zur Linken hing ein winziger, entrückter Komet; und zwischen und hinter allem, bei Weitem eindringlicher und spürbarer als auf der Erde, die unauslotbare, rätselhafte Schwärze. Die Lichter zitterten: Sie schienen an Helligkeit zuzunehmen, je länger er sie betrachtete. Wie eine zweite Danae nackt auf seinem Bett ausgestreckt, fiel es ihm von Nacht zu Nacht schwerer, an der alten Astrologie zu zweifeln. Er stellte sich vor, spürte beinahe, wie ›süße Einflüsse‹ von den Sternen in seinen dargebotenen Körper strömten oder ihn gar durchbohrten. Alles war still bis auf die unregelmäßigen, klirrenden Geräusche, von denen er nun wusste, dass sie von Meteoriten herrührten, kleinen Materieteilchen, die ständig gegen die hohle Stahltrommel schlugen. Oft beschäftigte ihn die Überlegung, dass sie jeden Augenblick mit etwas zusammenstoßen könnten, das groß genug wäre, Schiff und Insassen in Meteoriten zu verwandeln. Aber er konnte sich nicht fürchten. Das Abenteuer war zu erhaben, die Umstände, unter denen es sich vollzog, waren zu feierlich, als dass andere Gefühle als eine ernste Freude möglich gewesen wären. Aber die Tage – oder besser die Stunden –, die er auf der sonnigen Seite ihrer kleinen Welt verbrachte, waren die schönsten von allen. Oft stand er nach nur wenigen Stunden Schlaf wieder auf, denn unwiderstehlich zog es ihn in die Regionen des Lichts; er konnte nicht aufhören, über den helllichten Tag zu staunen, der ihn dort erwartete, ganz gleich, zu welcher Zeit er kam. Dann lag er lang ausgestreckt und mit halb geschlossenen Augen in ein Bad reiner, ätherischer Farben und unerbittlicher, doch nicht schmerzhafter Helligkeit getaucht, während das seltsame Gefährt ihn mit leisem Vibrieren durch die Tiefen nachtentrückter Stille trug. In solchen Momenten spürte er, wie Leib und Seele jeden Tag aufs Neue gereinigt und mit frischer Lebenskraft