Das Tour-Tagebuch des frommen Chaoten. Adrian Plass
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Als ich nach dieser Reise wieder nach Hause kam und Anne erzählte, was passiert war, lachte sie nur und sagte, ich müsse lernen, zwischen meinen Problemen und denen anderer Leute zu unterscheiden. Wenn Vera Davenport ein Badezimmer haben wollte, das so aussah, als wäre es noch nie benutzt worden, dann war das ihr Problem, nicht meines. Wenn ich es nicht mochte, am frühen Morgen in den Häusern anderer Leute herumzuschleichen, dann war das mein Problem, nicht ihres.
Ich musste ihr zustimmen und kam mir plötzlich sehr albern vor bei dem Gedanken, wie fieberhaft ich dieses Badezimmer poliert und versucht hatte, es auf einen unmöglichen Standard zu bringen, von dem sowieso niemand wirklich etwas hatte. Wenn ich das nächste Mal privat bei Leuten übernachte, bin ich entschlossen, die ganze Sache viel reifer und selbstbewusster anzugehen.
Aber Mann, war ich froh, dass wir in Hotels übernachten konnten!
Freilich hatte ich Barry Ingstones Angebot schon mehr oder weniger angenommen, bevor ich von einem Faktor erfuhr, der die Sache erheblich komplizierter machte. Er hatte nämlich vor, uns zu begleiten!
Als wir uns eines Samstagnachmittags trafen, um über die Tournee zu sprechen, setzte Barry gleich zu Beginn Anne und mich mit der Großzügigkeit seines Angebots in Erstaunen. Er sah aus wie Mr. Bean unter Beruhigungsmitteln, als er uns unter überraschend häufiger Anführung biblischer Verse erläuterte, er sei bereit, die Reisekosten in Form eines Mietwagens mit allen Spesen sowie die Unterbringung von sechs Personen – sechs! – zu finanzieren, je nachdem wie groß mein
»Team« sei.
Natürlich hatte ich kein eigentliches »Team«, aber ich fing einen Blick von Anne auf und entschied kurzerhand, dass Gerald und Leonard Thynn für die vor uns liegende Aufgabe unverzichtbar waren. Gerald haben wir immer gern bei uns und Leonard ist immer so einsam, wenn wir beide unterwegs sind. Ich kam mir ziemlich gierig vor. Behutsam deutete ich Barry gegenüber an, wir würden gern noch einen Projektor und eine Leinwand mitnehmen, falls das Budget es zuließ, um Dias zeigen zu können. An bestimmten Stellen der Vorträge, die ich geplant hatte, würde es hilfreich sein, gewisse Bilder auf einer großen Leinwand zu zeigen, doch ganz abgesehen davon, dass wir so unseren Abenden eine weitere Dimension geben konnten, hatte ich noch einen ganz bestimmten Grund, diesen Vorschlag zu machen.
Der alte Zak Chambers, ein Mitglied unserer Gemeinde, der erst im letzten Jahr mit Mitte achtzig gestorben war, war früher von Beruf Kunstmaler gewesen. Er hatte naturgetreue Aquarelle von Dorfkirchen und alten Mühlen und dergleichen produziert und, soviel ich weiß, alles verkauft, was er je gemalt hatte. Seit einem schweren Schlaganfall, den er vor einigen Jahren erlitten hatte, war Zak an den Rollstuhl gefesselt und konnte seine rechte Hand nicht mehr gebrauchen. Wir alle dachten damals wohl automatisch, dass es nun mit seinem Malen vorbei wäre.
War es aber nicht.
Wie Zaks liebende, aber äußerst unverblümte Gattin Bernadette immer gern gesagt hatte, war er ein alter Sturkopf. Mit viel Mühe brachte er sich bei, mit der linken Hand zu malen, und die Ergebnisse waren – nun, sie waren außergewöhnlich. Es war, als hätte der alte Mann jetzt, ganz am Ende seiner Malerkarriere, eine ganz neue Freiheit gefunden. Er malte vor allem die Hügel, die man in der Ferne aufsteigen sah, wenn man sich ans hintere Ende seines Gartens setzte, aber das Interessante war, dass sein neuer, linkshändiger Stil Lichtjahre von dem alten entfernt war. Es waren keine abstrakten Bilder im eigentlichen Sinn, aber sie schienen geradezu lebendig zu sein vor Licht und Bewegung und aufregenden Möglichkeiten, wie unser Gemeindeältester Edwin es ausdrückte. Die Liebe dieses alten Mannes zur Natur leuchtete aus ihnen. Wenn er diese Bilder malte, spielte er richtig mit der Farbe. Anne meinte, er bereite sich auf den Himmel vor.
Ich hatte schon öfter daran gedacht, wie toll es wäre, ein paar Dias von Zaks späten Bildern zu machen und sie als Hintergrund zu Gedichten und Bibellesungen und dergleichen zu verwenden. Wenn Barry es mit dem Geld ernst meinte, war dies die Gelegenheit, das umzusetzen. Abgesehen davon konnten wir auch, falls Bernadette einverstanden war, ein paar Originale mitnehmen und sie bei den Veranstaltungen zum Verkauf ausstellen. Zaks Witwe war einigermaßen gut gestellt, sodass sie das Geld nicht nötig hatte, aber ich wusste, wie gut es ihr tun würde, zu wissen, dass die Bilder ihres geliebten Mannes geschätzt wurden und dass manche von ihnen sozusagen ein gutes neues Zuhause finden würden.
All dies erklärte ich Barry und wies ihn darauf hin, dass Leonard, wenn er uns begleitete, die Aufgabe übernehmen könne, die Leinwand aufzubauen und bei den Veranstaltungen die Bilder zu zeigen.
Barry schleuderte noch ein paar Bibelverse um sich wie Granatsplitter und meinte, das wäre kein Problem. Ich schüttelte ihm die Hand und juchzte innerlich vor Begeisterung, endlich einmal ein paar Veranstaltungen »richtig« machen zu können.
In diesem Moment ließ Barry die Bombe hochgehen. Er würde mit uns kommen!
Er wolle Anteil an der Freudigkeit der Verkündigung haben, sagte er, und mit eigenen Augen sehen, wie das Brot, das er aufs Wasser warf, während unserer siebentägigen Tournee und danach zu ihm zurückkehren würde.
Natürlich waren wir einverstanden. Was blieb uns auch anderes übrig? Was hätten Sie getan? Um es weniger biblisch, aber ebenso treffend auszudrücken: Barry war der Pfeifer, und es war sein gutes Recht, zu bestimmen, welche Melodie er spielen wollte. Also sagten wir Ja.
Tief im Innern, glaube ich, war meine Hauptsorge nicht so sehr Barrys Sucht nach Schriftzitaten, so lästig uns diese Gewohnheit auch voraussichtlich werden würde, sondern die Angst davor, was passieren würde, wenn Gerald ihm begegnete. Man kann nie wissen, was mein Sohn anstellen oder sagen wird, wenn er es mit Leuten wie Barry zu tun hat. Wir konnten nur beten, dass alles gut klappen würde.
Noch am selben Tag schaute ich bei Bernadette vorbei, um sie zu fragen, was sie von meinem Plan hielte. »Gebauchpinselt« dürfte eine treffende Beschreibung ihrer Reaktion sein. Ich glaube, wenn sie zehn Jahre jünger wäre, hätte sie darauf bestanden, mit uns zu kommen. Wir verbrachten ein paar sehr angenehme Stunden damit, die Bilder zu sichten und uns zu überlegen, wie viel wir von den Leuten, die sie »adoptieren« würden, dafür verlangen sollten. Bernadette sagte, ihr Enkel, ein halbprofessioneller Fotograf, würde die Dias für uns herstellen, sodass auch das geklärt war.
Leonard war natürlich außer sich vor Freude, uns wieder einmal auf einer Tournee zu begleiten, als er von alledem hörte, und gab mächtig damit an, mit welcher traumwandlerischen Leichtigkeit er den Diaprojektor und die Leinwand handhaben würde, die wir mieten wollten. Wie Sie später sehen werden, war diese Zuversicht vielleicht ein wenig verfrüht.
Übrigens hatte eine weitere höchst bemerkenswerte Sache, die passierte, mit Leonard zu tun und sie führte dazu, dass noch eine weitere Person zu meinem »Team« dazustieß. Ihr Name war – aber nein, jetzt ist gerade der richtige Moment, um damit anzufangen, Ihnen Einblick in meine Tagebucheinträge zu geben. Unsere Tournee sollte am 17. September beginnen und der erste Eintrag entstand genau eine Woche vorher am Freitag. Zwischen dem ersten und dem zweiten Eintrag traf Gerald ein, und wie immer war es so, als wäre er nie weg gewesen.
Freitag, 10. September
Heute Morgen rief Leonard Thynn im Büro an, hat mich schier umgehauen.