Der Lucas ist los!. Jeff Lucas
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Die Freundlichkeit ist geblieben. Neulich gingen wir ins Dorfgemeinschaftshaus, um uns die Aufführung eines Kriminalstücks der hiesigen Amateurtheatergruppe anzuschauen. Als wir nervös den Saal betraten, hofften wir verzweifelt, ein paar bekannte Gesichter zu entdecken. Innerhalb weniger Sekunden kam der Farmer Ian (der Inhaber des „Auf-Ehre-und-Gewissen“-Hofladens) auf uns zugestürmt. Mit einem breiten Lächeln auf dem Gesicht schüttelte er uns herzlich die Hände. Offenkundig ehrlich entzückt, uns kennenzulernen, bestand Ian darauf, dass wir uns für den Abend zu ihm und seiner Frau gesellten. Er erzählte uns von pasteurisierter Milch, von dem rätselhaften Brand seiner Scheune und von seinen Plänen für die Zukunft und sorgte dafür, dass wir uns ganz wie zu Hause fühlten.
Ein weiterer herzerwärmender, wenn auch etwas peinlicher Vorfall ereignete sich in einem anderen Pub am anderen Ende des Dorfes, gleich neben dem Bahnhof. Ich kam gerade aus London zurück, wo ich den Tag verbracht hatte, und versuchte vergeblich, den Wagen zu starten, den ich auf dem Bahnhofsparkplatz hatte stehen lassen. Die Batterie war leer. Also rief ich den Pannendienst an und erfuhr, jemand mit mechanischer Sachkenntnis würde innerhalb eines Monats oder so zur Stelle sein (okay, innerhalb von zwei Stunden). Also ließ ich mich in dem Pub nieder, um einen Happen zu essen. Prompt kamen zwei Männer aus dem Dorf mit ihren Biergläsern in der Hand zu mir herüber, um einen kleinen Plausch zu halten. Auf ihre Frage, wo ich wohnte, sagte ich ihnen, ich sei auch aus dem Dorf, und nannte ihnen den ungefähren Ort, wo wir unsere Wohnung haben.
Das weckte ihr Interesse. „Wir haben gehört, dort ist ein Ehepaar eingezogen, die viel Zeit in Amerika verbringen. Er ist offenbar ein Schriftsteller und ziemlich bekannt auf seinem Gebiet. Man hört und sieht nicht viel von ihnen. Sind Sie denen schon begegnet?“
Zu meinem Grausen wurde mir klar, dass ich der Typ war, von dem sie redeten. Ich verbringe viel Zeit in den USA. Und die Hälfte meiner Zeit bin ich heutzutage mit Schreiben beschäftigt. Und was die Bekanntheit angeht, so schätze ich schon, dass mein Name in britischen Gemeindekreisen relativ geläufig ist. Ich schluckte. „Ich glaube, das bin ich, von dem Sie da reden.“
Die beiden liefen vor Verlegenheit rot an, und einem von ihnen entfuhr ein Fluch. Doch trotz dieses kleinen Fauxpas verbrachten wir eine nette, lustige Zeit zusammen in dem Pub. Zusammengerechnet hatten die beiden schon über hundert Jahre in diesem Dorf gelebt – und dennoch gaben sie mir das Gefühl, hier zu Hause zu sein.
All das brachte mich ins Nachdenken über die Gemeinde Jesu. Wir stellen oft tiefschürfende Fragen danach, was Kirche sein sollte und was nicht. Wir theologisieren und theoretisieren und denken zu Recht über unsere Methoden nach und darüber, wie wir unsere Botschaft wirkungsvoller an den Mann bringen können. Das alles ist wichtig – und doch wieder völlig unwichtig, wenn wir eine abweisende, schwierige Clique von Leuten sind, die über Neuankömmlinge die Nase rümpfen, sie von unseren Stammplätzen verscheuchen und es ihnen schwer machen, zu uns zu gehören. Ein bisschen Großzügigkeit, ein Lächeln des Willkommens an nervöse Neuankömmlinge – und die Bereitschaft, ihnen unsere Sitzplätze zu überlassen –, für all das muss man kein Genie sein, aber es kann den entscheidenden Unterschied ausmachen. Ohne diese ganz einfache Freundlichkeit werden Besucher immer nur einmal unsere Gemeinderäume betreten. Mag sein, dass die Botschaft sie bewegt, aber wir selbst stoßen sie ab. Also lassen Sie uns andere willkommen heißen.
Ich muss jetzt weg. Ich will unbedingt das Innere der Arundel Cathedral ansehen. Habe gehört, dass es dort wirklich wunderbar sein soll …
TAXI
Die orangefarbene Lampe auf dem Dach des schwarzen Londoner Taxis signalisierte, dass es frei war. Der Anblick erwärmte mir das Herz – es war ein willkommenes Leuchtzeichen am Ende eines langen Tages. Durchgefroren und erschöpft, wie ich war, wollte ich nur noch den nächsten Zug nach Hause erwischen. Und dann, als das Taxi auf mein Winken hin an den Bürgersteig heranfuhr, sah ich den Wimpel.
Ein großes dreieckiges Fähnchen hing vom Rückspiegel des Taxis herab und verdeckte die Mitte der Windschutzscheibe. Es bestand aus leuchtend rotem Samt und war mit einer grellgoldenen Aufschrift verziert. Zusammen ergab die Mischung aus Scharlachrot und Gold einen grellen Schrei aus Farben: AUF JESUS IST IMMER VERLASS!
Mit gemischten Gefühlen stieg ich in das Taxi. Natürlich freute ich mich, einem anderen Christen zu begegnen, aber die Dekoration seines Taxis bereitete mir ein wenig Kopfzerbrechen – wofür ich mich dann prompt schuldig fühlte. Dem gekräuselten Goldsaum nach zu urteilen, war dieser aufdringliche evangelistische Werbeartikel in den Siebzigern, dem Jahrzehnt der Geschmacklosigkeit, in einer christlichen Buchhandlung erstanden worden. Oder der Taxifahrer hatte seine Mutter überredet, für das Evangelium ihre Vorhänge zu opfern.
Nachdem ich mich gesetzt und die Tür zugeschlagen hatte, klopfte ich gegen die Glasscheibe, die mich von dem Fahrer trennte. Er drehte sich um und schenkte mir ein breites Grinsen, als freute er sich wie ein Schneekönig, mich zu sehen. Eigentlich war ich ja nur einer von vielen unbekannten Fahrgästen, aber er begrüßte mich wie einen König. Sogleich konnte ich den Wimpel besser einordnen. Sein von Lachfalten überzogenes Gesicht ließ jede Befürchtung verstummen, er könnte ein verbissener Eiferer sein, dessen Mission es war, die gute Nachricht so schlecht wie möglich klingen zu lassen. Ich entspannte mich.
„Zur Victoria Station bitte“, sagte ich und fügte dann, auf den Wimpel deutend, hinzu: „Das mit Jesus stimmt, nicht wahr? Auf ihn ist immer Verlass.“
Das Lächeln des Fahrers wurde noch breiter. „Kennen Sie ihn?“, erkundigte er sich. Die Frage hörte sich nicht nach Verhör an, sondern nach freudigem Interesse. Ja, bestätigte ich, ich kenne Jesus. Er begrüßte mich wie einen lange verschollenen Bruder und erklärte mir dann den Grund für das Fähnchen. Neun von zehn Leuten, die mit ihm fahren, machen irgendeine Bemerkung über seine samtene Dekoration. Sie ist ein Anknüpfungspunkt, um über Gott ins Gespräch zu kommen. Es überraschte mich nicht, zu hören, dass der Wimpel so viele Unterhaltungen auslöste. Schließlich ist er groß genug, um die Sonne zu verdunkeln. Der Fahrer hatte sogar eine kleine Sammlung von Traktaten dabei, die er an Leute verteilte, die mehr erfahren wollten. Ich staunte. Dies war ein Mann, der sich wohl in seiner Haut fühlte; er hatte nichts Gezwungenes oder Aggressives an sich. Er hatte einfach die Erfahrung gemacht, dass Jesus wunderbar vertrauenswürdig ist, und er wollte, dass alle Welt davon erfuhr.
Viel zu bald hielten wir vor der Victoria Station. Er weigerte sich beharrlich, eine Bezahlung von mir anzunehmen. „Diese Fahrt ist ein Segen für Sie“, sagte er. Ich wand mich in der Verlegenheit, die es Erwachsenen typischerweise verursacht, wenn sie mit grundlosen Freundlichkeiten konfrontiert werden. Nachdenklich ging ich in die belebte Bahnhofshalle. Fünfundzwanzig Jahre zuvor hatte ich den riesigen „Auf-Jesus-ist-immer-Verlass“-Aufkleber weggeworfen, der bis dahin an meinem eigenen Auto prangte. Mein fahrbarer Untersatz ist schon seit Jahrzehnten fischlos. Ich habe vor langer Zeit beschlossen, mich von meinen Abzeichen und Reversnadeln zu trennen, weil ich mir sicher war, dass ein kitschiger Slogan oder ein T-Shirt mit einem Spruch aus der King-James-Bibel wohl kaum eine Massenbekehrung unter den Leuten auslösen würde. Seither bin ich keine wandelnde evangelistische Litfaßsäule mehr.
Doch der lächelnde, fröhliche, großzügige Taxifahrer hat mich herausgefordert – zwar nicht dazu, mir ein Abzeichen anzuhängen oder einen Sticker auf mein Auto zu kleben, aber dazu, mich offener zu Gott zu bekennen. Gerade unsere Welt in ihrem raschen Auflösungsprozess braucht ihn dringender denn je. Und ich habe mich gefragt: Bin ich, was Gott angeht, so locker geworden, dass ich in Gefahr stehe, überhaupt nicht mehr von ihm zu sprechen?
Da ich meinen Zug verpasst hatte, ließ ich mich in einer der Bars im Bahnhof nieder und kam schon bald ins Gespräch mit einem smarten Geschäftsmann aus der Stadt. Binnen