Ein Lied in meinem Hause. Seidenbecher Erika

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Ein Lied in meinem Hause - Seidenbecher Erika

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sein, dann aber, als er die bewundernden Blicke des Landgrafen spürt und bemerkt, mit welchem Entzücken der Landgraf sein Solo aufnimmt, wirft er seinen Bewunderer einen strahlenden Blick zu. Der Fürst erwidert seine Blicke und nickt ihm aufmunternd zu.

      Es ist, als hielten die beiden Musikbegeisterten ein stummes Zwiegespräch.

      Heinrichs Herz jubelt. Er findet den Beifall des hohen Gastes.

      Als Heinrich Colander nach diesem Musikstück das Konzert fortsetzen wollte, winkte der Landgraf ab. „Lass uns miteinander plaudern!“, rief er. Daraufhin nahmen Gäste und Musiker wieder an den Tischen Platz und es begann eine lebhafte Unterhaltung.

      Landgraf Moritz wendete sich an Heinrich Colander.

      „Mir gefallen die Psalmen Davids von Georg Weber. Sind sie schon gedruckt?“

      Moritz von Hessen wartete eine Antwort gar nicht erst ab. Schon stellte er die nächste Frage.

      „Sie spielen Werke meines Hofkapellmeisters Georg Otto. Welche Werke sind das?“

      Heinrich Colander war eifrig bemüht, die Fragen zu beantworten, aber es schien, als wollte der Fürst gar keine langen Ausführungen hören. Es drängte Moritz von Hessen, die für ihn wichtigste Frage zu stellen:

      „Wer ist der junge Solosänger?“

      „Das ist der dreizehnjährige Heinrich Schütz, Sohn des Gastwirtes.“

      Der Landgraf schien mit dem Gespräch zufrieden zu sein, denn er forderte die Musiker auf, die Probe fortzusetzen. Jetzt wurden auch die Kasseler Musiker mit einbezogen. Es wurde ein erquickendes Konzert und für alle Beteiligten ein einmaliges Erlebnis. Zum Schluss vereinigten sich alle Sänger – die Weißenfelser und die von der Hofkapelle Kassel – und sie sangen zum Schluss gemeinsam:

      „Die Nacht ist kommen …“

      Ehe Heinrich den Gastraum verließ, trat der Landgraf auf ihn zu.

      „Ich erwarte dich morgen früh vor dem Frühstück hier im Gastraum. Ich möchte dich examinieren.“

      Heinrich sah den Fürst mit großen Augen an, verbeugte sich und sagte: „Ich werde mich morgen früh bereit halten!“

      Danach verließen sowohl die Gäste als auch die Musiker den Gastraum. Nur der Wirt und der Landgraf waren geblieben.

      „Holen Sie uns den besten Wein Ihres Weinkellers und füllen Sie unser beider Becher!“, rief der Landgraf frohgemut.

      Nachdem beide, der Landgraf und der Wirt, sich gegenübersaßen und den Wein genossen, sagte der Fürst:

      „Ich bin begeistert von der guten musikalischen Darbietung und bin erstaunt darüber, dass im thüringisch-sächsischen Raum die Musik so gepflegt wird.“

      „Es freut mich, Eure Durchlaucht, ein solches Lob aus Ihrem Munde zu vernehmen. Unser Collegium musicum wurde 1592 vom Stadtrat bestätigt. Wir pflegen Kirchenmusik und singen und spielen bei Festlichkeiten. Stolz sind wir auch auf unseren Nachwuchs. Viele unserer Chorknaben sind Schüler der hiesigen Lateinschule.“

      „Ich bewunderte heute Abend vor allem die Stimme ihres Sohnes Heinrich. Man spürt, dass ihn die Musik ganz und gar erfüllt und ihm die Liebe zur Musik aus dem Herzen kommt. Ist er auch ein Lateinschüler?“

      „Ja, er besucht die Lateinschule und ist, nach Aussage seiner Lehrer, ein sehr guter Schüler, der mit Begeisterung lernt.“

      „Ich suche gute Sänger, die auch wohlerzogen und gebildet sind. Deshalb will ich ganz frei heraus sprechen: Geben Sie mir Ihren Jungen mit. Er soll in meiner Hofschule eine gute Ausbildung erhalten, eine Ausbildung, die Voraussetzung für ein Studium ist, denn Ihr Sohn soll nicht nur gesanglich, sondern auch sprachlich und naturwissenschaftlich ausgebildet werden.“

      Fragend und erwartungsvoll schaute Moritz von Hessen Christof Schütz an und konnte die Antwort kaum erwarten. Aber es kam keine Antwort. Für Christof Schütz war dieses Angebot zu überraschend, zu unvermittelt. Zwar war er stolz auf seinen Sohn, aber er wusste, wie sehr Euphrosine an dem Jungen hing, und er konnte es sich einfach nicht vorstellen, schon morgen diesen Jungen in die Ferne zu schicken. Außerdem hatte er Angst, dass Heinrich zum Musiker ausgebildet werden sollte. Er hat anderes mit seinen Jungen vor. Sie sollten Ärzte oder Juristen werden. Musik können sie nebenbei betreiben, war seine Meinung.

      Moritz von Hessen-Kassel war verärgert. „Warum antwortet der Mann nicht?“, dachte er und zog die Stirn in Falten.

      „Geben Sie mir Bedenkzeit“, äußerte sich endlich der Gastwirt.

      „Aber nur bis morgen in der Frühe, denn ich reise morgen schon beizeiten ab.“

      Recht unmutig verabschiedete sich der Landgraf an diesem Abend, und Christof Schütz tat nichts, um den Unmut des hohen Gastes zu besänftigen.

      Heinrich kommt, wie versprochen noch vor dem Frühstück in den Gastraum. Der Landgraf sitzt schon am Spinett. Er spielt eine Melodie und fordert den Knaben auf: „Sing die Melodie nach!“

      Heinrich fällt das nicht schwer.

      Dann spielt Moritz von Hessen einen Ton, dazu soll Heinrich die Terz, dann die Quart, die Quint, die Septime und die Oktave singen. Er soll einen Dur- von einem Molldreiklang unterscheiden. Zuletzt fordert der Prüfende den Knaben auf: „Spiel du etwas auf dem Spinett!“

      Heinrich spielt das Lutherlied: „Eine feste Burg ist unser Gott …!“

      Kaum hat Heinrich das Lied beendet, kommt der Vater, um das Frühstück vorzubereiten.

      Der Landgraf schickt Heinrich fort und tritt auf den Wirt zu.

      „Ich warte auf Ihre Antwort! Wie haben Sie sich entschieden?“

      Wieder zögert der Vater mit der Antwort. Dann überwindet er sich und sagt:

      „Der Junge ist uns sehr ans Herz gewachsen. Meine Gemahlin kann den Gedanken, ihn so jung in die Fremde zu schicken, nicht ertragen. Das Angebot kommt gar zu unvermittelt.“

      Der Landgraf ist enttäuscht, tief enttäuscht und begreift nicht, dass ein Gastwirt es sich leisten kann, ein Angebot, das seinem Sohn eine fürstliche Erziehung in Aussicht stellt, abzuschlagen.

      Im Frühjahr 1599 saß Moritz von Hessen mit Georg Otto am Spinett und spielte mit ihm eine seiner Kompositionen. Als das Spiel beendet war, lehnte er sich zurück, stöhnte laut und sagte:

      „Ich will Nachwuchs fördern und habe kein Glück bei der Talentsuche, Praetorius bliebt in Braunschweig und auch Haßler ist nicht zu bewegen, zu mir zu kommen. Am meisten aber ärgere ich mich über meinen Misserfolg in Weißenfels. Ich kann nicht begreifen, dass der Vater dieses musikalisch so talentierten Heinrich Schütz sich weigert, die göttlichen Gaben seines Sohnes zu fördern. Das Collegium musicum mag eine Vorstufe für eine gute musikalische Ausbildung sein, aber hier in Kassel habe ich treffliche Lehrer, die den Schülern eine universelle weltliche und musikalische Ausbildung geben, die der Junge in Weißenfels nie und nimmer erlangen kann.“

      „Sie sollten noch einmal nachstoßen. Schreiben Sie dem Vater!“

      „Was soll ich ihm denn schreiben?“

      „Das,

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