Rundgang nur mit Korb. Peter Schmidt

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Rundgang nur mit Korb - Peter Schmidt

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der Arbeit war Axel sofort in den Garten gefahren, um mit dem Umgraben voranzukommen. Der Boden war vom letzten Regenguss aufgeweicht. Zwar lag die Erde jetzt schwerer auf dem Spaten, aber die Wurzeln ließen sich leichter ausziehen. Axel war in eine Ecke seines Gartenstücks geraten, in dem es sich der Giersch gemütlich gemacht hatte. Er konnte sich über die Jahre hinweg ungestört ausbreiten und das Wurzelgeflecht bis auf anderthalbfache Spatentiefe ausstrecken. Die Arbeit ging langsam voran und jeder Quadratzentimeter musste aufwendig erobert werden. Der Rücken tat ihm weh und an den Händen kündigten sich die ersten Blasen an. Als er aufstand und seinen Buckel durchstreckte, sah er wie ein junger Mann mit welligem schwarzen Haar und einem interessierten Blick in alle Richtungen quietschend die Gartenpforte öffnete und direkt auf ihn zuging.

      »Hallo.«

      »Hallo.«

      »Mein Schwiegervater schickt mich, ich kann was für dich mauern, hat er gesagt.« Er streckte ihm die Hand entgegen, deren raue Beschaffenheit Axel sofort einer schweren Maurertätigkeit zuschrieb. »Freut mich, dass Christoph dran gedacht hat.« Axel ergriff die Maurerhand und fühlte sich, als würde er Schleifpapier anfassen. »Axel Weber, wir sind neu hier und haben den Garten erst vor Kurzem erworben.«

      »Freut mich.« Er deutete eine Verbeugung nach fernöstlichem Vorbild an. »Ja, und der alte Filkert ist mein Schwiegervater, eigentlich ein netter Zeitgenosse, er kauft nur immer zu wenig Grillfleisch ein und zu trinken hat er auch niemals ausreichend. Verstehst du, die Zementluft ist so trocken und wenn die sich in der Lunge absetzt …« er winkte ab » … ich darf gar nicht dran denken. Ich bin sowieso dafür, dass jeder Maurer pro Woche mindestens eine Flasche Schluck auf Rezept bekommen müsste. Aber ich weiß nicht, wohin ich mich mit meinem Neuerervorschlag wenden muss.« Mechanisch belächelte er seine Worte und Axel dachte, dass er nicht der Erste war, der diesen Spaß zu hören bekam.

      »Schön, dass du gekommen bist, obwohl ich bis auf eine Flasche Selters gar keine Flüssigkeit hier habe.«

      »Ich habe ja auch noch nicht mit meiner staubigen Arbeit angefangen. Aber wenn wir schon bei dem Thema sind, mein Schwiegervater hat was von einem Sockel aus Feldsteinen gesagt.«

      »Ja ganz richtig. Also hinter diesen Bruchsteinen liegt ein Haufen Feldsteine, die der Vorbesitzer hier liegen gelassen hat. Wahrscheinlich wollte er einen Sockel hochmauern und darauf die Hauswand setzen.« Der Schwiegersohn ging mit prüfendem Blick auf das Fundament zu und ertastete zuerst die Gasbetonsteine. »Hast du die aus dem Betonwerk?«

      »Ja, der Mann unserer Sekretärin arbeitet dort.«

      »Da kannst du mal sehen, wie weit der Begriff Kombinatsangehöriger zu fassen ist, oder?«

      »Na es scheint ja gängige Praxis zu sein, dass die Lieferungen für Freundschaften und Familie inklusive sind.«

      »So sieht es aus. Ich hätte dir auch welche besorgen können, über meinen Chef. Der kennt jedes Staubkörnchen auf dem Gelände.«

      »Kann der auch Gehwegplatten besorgen?« Er überlegte kurz. »Das ist eher schlecht. Die müssen ausgeliefert werden aber mit den kaputten Bruchsteinen kann man nicht so viel anfangen.« Um seinen Worten noch mehr Ausdruck zu verleihen, schüttelte er nochmals mit dem Kopf. »Aber ich halte mal meine Ohren offen, ok?«

      »Danke.« Jetzt hatte er den Haufen Feldsteine entdeckt, betastete sie so vorsichtig wie eine Packung rohe Eier und hob einen Stein in die Höhe. »Glatt und schwer. Erste Qualität. Lassen sich gut verarbeiten. Und die lagen hier einfach so rum?«

      »Ja, einfach so. Und ich wollte sie erst mit der Schubkarre abtransportieren.«

      »Um Gottes willen, weißt du, wie schwierig die zu bekommen sind?«

      ›Glück gehabt‹ dachte Axel ›wie schon so oft in der letzten Zeit.‹ »Kannst du die für uns als Sockel vermauern?«

      »Vom Prinzip schon …« er schob die Unterlippe vor und schien zu rechnen. »Aber fünfzehn bis zwanzig Säcke Zement brauchen wir mindestens dazu. Und die musst du selber besorgen. Mein Chef steht schon oft genug vor dem Silo und verhandelt und verhandelt, wenn er für sich selber was benötigt. Selbst das Argument sozialistischer Aufbau funktioniert nicht mehr so gut.«

      »Wohin muss ich mich denn da wenden?«

      »Fahre mal zum Hauptlager der BHG. Das ist gleich hinter dem Bahnhof. Dort wird der Zement angeliefert und verteilt.«

      »Wenn du schon mal ein paar Säcke zusammen hast, können wir ja anfangen. Du musst nur mal festlegen, wo die Tür hinkommen soll, damit ich den Sockel dort aussparen kann. Wie Christoph gesagt hat, ist das mit dem Sand für die Betonmischung wohl kein Problem. Vor der Gartenanlage liegen noch von dem und von dem überwucherte Sandreste, die wir wohl erst einmal aufbrauchen können. Mal sehen wie weit wir noch kommen. Ich nehme 8,00 Mark in der Stunde und eine Flasche Goldkrone, wegen der trockenen Zementluft.« Er klopfte sich mit der offenen Handfläche gegen seinen Brustkorb und hustete gekünstelt.

      Nach einer höflichen Verabschiedung war das Gespräch beendet. Die rostige Gartenpforte quietschte und schlug scheppernd ins Schloss.

      Im nächsten Moment lief Axel vor den Eingang der Gartensparte Karl Liebknecht und suchte nach den versunkenen Sandbänken seiner Gartenkollegen. Es waren in der Tat hier und da ein paar kleinere Erderhöhungen, die mit Gräsern und Quecken überwuchert waren. Er grub mit seinen Händen zwischen dem Grünbewuchs der ersten Anhöhe und fand körnigen und goldgelben Sand, der sich wunderbar zum Vermauern eignen würde. Dieser Selbstbedienungsladen ließ ihn die erste Hürde mühelos überspringen, aber die andere? ›Wie komme ich an so viele Zementsäcke? Mit der Lösung eines Problems wird sofort ein neues aufgerissen.‹ dachte Axel, als er auf der Simson nach Hause fuhr und ihm der Fahrtwind ins Gesicht blies.

      *

      Axel war fest entschlossen, den benötigten Zement zu besorgen. Ein paar Minuten vor sechzehn Uhr hatte er auf Katzenpfötchen das Werkzeugmaschinenkombinat verlassen und war auf seine Simson geklettert. Kurz vor dem Bahnhof teilte sich die Straße an einer Kreuzung. Ein Weg führte zum Ort hinaus und der andere machte eine Biegung und was sich dahinter verbarg, war für Axel Neuland, dass er noch nie vorher betreten oder befahren hatte. Er entschied sich für die Rechtsabbiegung, legte sich mit seiner Simson in die Kurve und vergaß dabei den Blinker anzustellen. ›Zum Glück ist die Polizei oft genug nur dann da, wenn man sie braucht.‹ dachte er und seine Gedanken blieben auf der Stelle stehen, während sich das Moped weiter in unbekanntes Gelände voranarbeitete. ›Da hinten muss es irgendwo sein.‹ Links neben der Straße standen Baubaracken, an deren Ende sich ein freier mit gegossenen Betonplatten ausgelegter Platz anschloss. Dort schoss ein großes orangefarbenes Hochsilo in die Höhen des wolkenverhangenen Frühabendhimmels, das weithin wie ein Riesenrad über alles andere hinausragte.

      Ein Mann mit halber Glatze und Hasenzähnen stand wie ein Aufseher vor dem Silo. Er kam, obwohl er auf dem Fleck festgewurzelt war, ein wenig gedanken- und hüftsteif daher. Sein ausgewaschener Blaumann war verstaubt. Axel nahm dies als Zeichen, dass er heute schon Zement ausgeschenkt hatte. Er holte Luft, um betont freundlich zu wirken. »Hallo mein Herr, kann ich bei Ihnen Zement bekommen.« Der Mann rührte sich nicht. Er erinnerte Axel noch mehr an einen Wachsoldaten. »Entschuldigen Sie, ich hätte gern Zement gekauft.« Der zweite Anlauf war ebenfalls freundlich formuliert, obwohl sich in Axel schon jetzt ein gewisser Widerstand regte. Der Wachmann ließ sich zu einer Reaktion hinreißen: »Ach wissen Sie, wir wollen doch alle was.« Die Schärfe seines Tons erhöhte Axels Widerstand. ›Bleib ruhig, sonst bekommst du gar nichts.‹ sagte er zu sich selbst. Immer noch freundlich und scheinbar gut gelaunt versuchte er es ein drittes Mal: »Wo kann ich denn

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