Rundgang nur mit Korb. Peter Schmidt
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Читать онлайн книгу Rundgang nur mit Korb - Peter Schmidt страница 20
»Wie viele Türen und Fenster brauchen Sie denn?« Axel hatte sich die Antwort schon zurechtgelegt: »Zwei Türen und ein einfaches und ein doppeltes Fenster.« Er hatte es so bei Krugmann, Zigarren-Schmidt und Filkert gesehen. »Auf welchen Namen soll ich das aufschreiben?«
»Weber, Familie Axel Weber.«
»Ist notiert …« entgegnete der Verkäufer feierlich » … und wenn Sie wollen, können Sie auch vorher mal anrufen, ob die Lieferung eingegangen ist. Hier ist unsere Telefonnummer.« Er reichte Gerda einen Zettel, der mit einer Kolonne von Bleistiftzahlen beschrieben war. »Damit Sie nicht umsonst kommen müssen.«
»Papa, Papa da gibt es Mausefallen. Kann ich eine haben?«
»Ach Heiko, was willst du denn mit einer Mausefalle?«
»Na im Keller aufstellen. Gregor Müller hat auch welche.« Er streichelte Heiko über den Kopf: »Freu dich mal lieber, dass wir keine Mäuse im Keller haben.« Heiko gab sich damit zufrieden.
Sie kauften eine Grabegabel und verließen mit fast leeren Händen aber einem guten Gefühl die BHG. »Glaubst du, dass er unseren nordischen Dialekt erkannt hat?« Gerda freute sich. »Vielleicht hat er gedacht, dass wir extra aus Neubrandenburg gekommen sind.«
»Wer weiß, wer weiß.« Axel befestigte die Grabegabel im Anhänger. Dann fuhren sie über die ausgewellten Straßen nach der Zeichnung von Jürgen Krugmann wieder nach Hause.
*
»Wir können die Grabegabel ja gleich in den Garten bringen und bei Zigarren– Schmidt unterstellen.« Gerdas Achselzucken bedeutete Gleichgültigkeit. Er steuerte den Trabant links von der befestigten Fahrbahn auf einen ausgewaschenen Sandweg mit Kieselsteinbelag. Der beladene Anhänger folgte ihnen. Als die vor der eingezäunten Gartenanlage anhielten, befreite er die Grabegabel aus den Fängen der Befestigung und gab Gerda zu verstehen, dass er gleich wieder da sein werde.
Auf dem Schotterweg lag schon die erste Dämmerung und am Westhimmel ging die Sonne in dramatischen Leuchtfarben hinter den groß aufgeschossenen Pappelbäumen unter.
»Dietmar?« Keine Antwort. Kein Rauch, der sich in der Höhe über seiner Laube auflöste. »Dietmar?« fragte Axel noch einmal lauter, um für sich selber Sicherheit zu haben. Das Grundstück lag träge wie ein Stillleben vor ihm.
›Soll ich jetzt die Gabel einfach so im Garten liegenlassen, damit sie jeder sehen kann?« Axel beschlich bei diesem Gedanken ein ungutes Gefühl. Er beschloss nachzusehen, ob Krugmann oder Filkert da waren und die Gabel dort in Sicherheit zu bringen.
Er beschritt den Schotterweg und die Gartenhecken links und rechts waren mal größer mal kleiner mal weiter mal dichter. Die Tür zu Filkerts Gartenlaube war aufschlossen, lehnte in ihrer Hakenverankerung und ein paar Streifen des bunten Lamellenvorhangs lagen über der Türklinke.
»Christoph?«
»Ja?«
»Ich bin es Axel.«
»Ah, komm rein.« Er ging der Richtung nach, aus der die Rufe kamen. Christoph Filkert drehte ihm den Rücken zu und grub seinen Kompost um. »Immer fleißig Herr Kollege.« Filkert hatte gerade einen großen Klumpen Erde auf seinem Spaten, den er mit Wucht in die Kompostecke verfrachtete. Dann wischte er sich den Schweiß von der Stirn: »Tja, ohne Fleiß kein Preis.«
»Christoph, kann ich bei dir meine Grabegabel unterstellen? Die haben wir gerade in Wittenberg gekauft und ich wollte sie nicht bei uns im Garten so frei rumliegen lassen.«
»Na klar, kein Problem. Gab es was besonderes in Wittenberg?« Er überlegte: »Na, Grabegabeln, Wasserhähne, Schläuche, Obstbäume …« »Obstbäume?« Christoph Filkert war wie aus dem Häuschen. »Gab es Obstbäume? Ich fasse es nicht. Wie viele standen denn noch da?« Axel versuchte sich das Bild der Ladenecke wieder vor sein Auge zu holen, um dann nachzuzählen. »Na ich denke, dass es noch so zwanzig Stück waren. Aber die sahen nach nichts aus. Klein und krüpplig.« Er schaute hektisch auf die Uhr und schüttelte dann den Kopf. »Jetzt ist es schon zu spät. Aber am Montag müssen wir hinfahren. Ich denke, dass du auch welche brauchst. Denn selbst solche verwachsenen Bäume sind Mangelware und außerdem immer dann nicht vorrätig, wenn du nach ihnen suchst.«
»Daran habe ich irgendwie gar nicht gedacht.« entgegnete Axel verdutzt. »Das merke ich schon. Du musst die Augen immer in alle Richtungen offen halten. Denn auch wenn du nur wegen Fenstern und Türen unterwegs bist, darfst du den Blick für die anderen Sachen nicht verlieren. Hast du schon mal darüber nachgedacht, dass du auch einen Gartenschlauch und einen Wasserhahn brauchst. Oder willst du die Blumen mit dem Brunnenwasser gießen? Na dann viel Spaß im Juli und August, wenn es dreißig Grad im Schatten sind und dafür auch kein Regentropfen von oben kommt, um dich zu entlasten.« Jetzt ärgerte sich Axel über sich selbst und war gleichzeitig froh, mit Christoph geredet zu haben: »Wir fahren am Montag noch mal hin.«
*
Am Abend lief Axel in Hausschuhen die Treppen hinunter und blieb in der zweiten Etage stehen. Müller las er auf dem Namensschild. Er kannte die Leute, die hinter dieser Tür wohnten. Das Schild war ihm nicht mehr fremd, wie am Anfang. Zwei hilfsbereite freundliche Menschen. Gute Genossen. Er holte tief Luft und klingelte. Der Klingelton verteilte sich in der Wohnung. Ruhe. Keine Reaktion. Sollte er es noch einmal versuchen? Er beschloss, noch einen Moment zu warten. Dann hörte er ein Knistern. Ein Klappern. Schritte steuerten zur Tür hin und wurden deutlicher. Die Tür öffnete sich. »Guten Abend, Herr Weber.«
»Guten Abend, Frau Müller. Entschuldigen Sie die Störung.« Sie winkte ab: »Sie haben gar nicht gestört. Wollten Sie zu meinem Mann oder zu mir?«
»Eigentlich gern zu Ihnen, wenn wir Ihre Hilfe noch einmal in Anspruch nehmen können.«
»Na dann ist es ja gut. Mein Mann ist mal wieder beim Fußball. Schiedsrichter. Und immer beschäftigt. Was kann ich denn für Sie tun?«
»Wir haben jetzt fast alles zusammen um unseren Sockel zu mauern. Nur keinen Zement. Ich war schon im Hauptlager am Bahnhof, dort wo das große Silo steht, nur der Genosse, der dafür zuständig ist, hatte für uns keinen Zement übrig.« Sie wurde neugierig: »Wie sah der denn aus?«
»Na groß, wenig Haare und sehr wichtig.«
»Ach der alte Bunge. Ach so, na das wundert mich nicht. Aber den können wir bestimmt übergehen.«
»Wirklich? Und wie?«
»Also, ich mache mal Folgendes: Ich bestelle dem Genossen Schulze, Hans Schulze so beiläufig einen schönen Gruß und erzähle von Ihnen. Wenn der ein bisschen Zement übrig hat, dann stellt er was für Sie zur Seite. Lassen Sie mir mal eine Woche Zeit und versuchen Sie es dann noch mal.«
»Sie sind ein Engel, Frau Müller, vielen Dank.« Sie kam nah zu ihm und flüsterte: »Das mit dem Engel erklären Sie mal meinem Mann.«
»Mache ich gern. Sie helfen uns ja wirklich mehr als genug.«