Rundgang nur mit Korb. Peter Schmidt
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»Du kannst im Kindergarten aushilfsweise arbeiten, wenn du willst.« Seine Begeisterung war ansteckend. Gerda hob beide Hände vor ihren Mund und ihre Augen signalisierten Freude. »Der Kombinatsleiter hat es für dich in Erfahrung gebracht. Wenn du willst, kannst du mal hingehen und mit denen sprechen.«
»Das klingt gut, Axel. Dankeschön. Manchmal fällt mir schon die Decke auf den Kopf.« Sie drückte ihn. »Du musst dich nicht beim Postboten bedanken, wenn du hundert Mark im Brief hast, sondern beim Absender.«
»Mir steht aber gerade nur der Überbringer der Nachricht zur Verfügung.«
»Na dann geht ausnahmsweise auch der Bote.«
Es klingelte. Er öffnete die Tür. »Guten Abend Frau Müller, kommen Sie doch bitte herein.« Sie winkte bescheiden ab: »Nein, nein, ich will Sie nicht stören. Ich wollte nur sagen, dass ich heute noch eine Schippe, eine Harke und noch einen Spaten zurückgelegt habe. Unser Hauptlager hatte noch einen kleinen Vorrat und den habe ich ihnen abgeschwatzt. Also können Sie am besten Montagabend kurz nach um sechs einfach wieder vorbeikommen.« Sie lächelte stolz und zufrieden. Gerda lachte zurück: »Danke Frau Müller. Aber wie können wir das wieder gut machen?« Sie winkte erneut ab: »Das ist schon gut. Sie haben so nette Kinder, da gibt man lieber denen etwas, die gut erzogen sind.« Dankeschön Frau Müller und noch einen schönen Abend und viele Grüße an ihren Mann.«
»Der ist heute Abend beim Fußball und ich genieße deshalb gerade die Ruhe.«
»Eine nette Frau.« sagte Gerda, als die Schritte von Frau Müller immer noch im Treppenhaus schallten.
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»Wie sollen wir das schaffen?« Gerda wirkte überfordert, als sie am Samstag Mittag wieder an der Gartenhecke standen. Ihr Land war überwuchert von Unkräutern und nutzlosen Gewächsen jeder Art. Ein grüner Schrottplatz. »Ganz einfach. Wir fangen am Anfang an und hören am Ende auf. Denn eine Sache erledigt sich nicht dadurch schneller, wenn man lange drüber redet.« Dann begannen sie damit, die wuchernden Sträucher zu entfernen und auf einen großen Haufen zu legen. Er zog an den halbhoch gewachsenen Büschen und half mit dem Spaten nach, wenn sich die Wurzeln zu fest im Boden verankert hatten. Gerda zupfte am Unkraut, das sich nach Kräften wehrte, indem es sich in der Erde festklammerte. Heiko und Jana sammelten Kieselsteine in einen Drahtkorb.
Aus dem Garten auf der anderen Seite des Schotterweges sah ihnen ein Mann zu. Er blickte durch eine Hornbrille in die Welt. Der Zigarrenrauch verhüllte zeitweilig sein Gesicht. »Ihr seid wohl die mutigen Optimisten, die es mit dem Garten aufnehmen wollen?« Gerda unterbrach ihre Arbeit nicht ungern und entgegnete: »Wir lassen uns nicht so leicht unterkriegen.« Der Mann nahm dies als Einladung zu einem Gespräch entgegen und kam an die Gartenhecke. Der lockere Rauch seiner Zigarre folgte ihm wie der Dampf einer davon eilenden Lokomotive. »Da habt ihr euch aber was vorgenommen. Eure Vorgänger haben ziemlich schnell das Handtuch geschmissen.« Jetzt mischte sich auch Axel mit ein. Er drückte Knie und Rücken durch und kam an die Grenzbepflanzung gelaufen: »Wir sind ja nicht wie unsere Vorgänger. Und erst wenn es kompliziert wird, zeigt sich der Charakter.« Diese Worte zauberten ein Lächeln in das Gesicht des fremden Mannes in roter Sporthose aus Baumwolle. »Axel Weber.« sagte er freundlich und reichte die Hand über die vertrockneten Heckenbüsche, die auf seiner Kniehöhe das Wachsen eingestellt hatten. »Das ist meine Frau Gerda und die fleißigen Steinesammler da hinten sind unsere Kinder Heiko und Jana.«
»Schmidt. Dietmar Schmidt.« erwiderte er ebenso freundlich und drückte mit seiner Hand die Finger von Axel Webers rechter Hand zusammen. »Meine Frau Waltraud ist gerade in der Laube und kocht Mittag. Wir wohnen im Sommer das ganze Wochenende immer hier draußen. Das ist schöner als die staubige Neubaublockluft.« Axel stieg auf seine Worte ein: »Ja das ist eine echte Erleichterung.«
»Auf gute Nachbarschaft, Kollege Weber.«
»Auf gute Nachbarschaft, Kollege Schmidt.« Er runzelte die Stirn: »Und was wollt ihr denn jetzt eigentlich mit dem Garten anstellen?«
»Ein paar Beete und ein bisschen Rasen für die Kinder zum Spielen.«
»Und wo wollt ihr euer Werkzeug unterstellen?« Das war eine gute Frage. Denn jeden Tag immer alles mit dem Trabant nach Hause zu transportieren, das wäre ja aufwändig. »Darüber haben wir noch gar nicht nachgedacht. Aber einen Geräteschuppen brauchen wir dann wohl auch noch.«
»Zuerst könnt ihr eure Sachen mal bei mir unterstellen, wenn ihr wollt.«
»Das ist aber nett.« sagte er zu seinem neuen Gartennachbarn und nickte dann aufmunternd seiner Frau Gerda zu. »Wenn ihr eine Schubkarre braucht, kann ich euch gern meine ausborgen. Ich denke, sie wird momentan bei euch mehr Nutzen stiften als bei mir.«
»Nochmals danke.«
»Keine Ursache. Unter Gartenkollegen gibt es ein ständiges Geben und Nehmen zum Nutzen für alle Beteiligten.« ›Wie hieß diese Lebensform noch in der Biologie?‹ Axel grübelte und stieg tief in seine Gedanken an die Schulzeit hinab, bis es ihm endlich in den Kopf schoss: ›Eine Symbiose. Eine Lebensgemeinschaft zum gegenseitigen Vorteil.‹ Ihn umgab das wohlige Empfinden, auf einmal ein Element einer gut funktionierenden Symbiose geworden zu sein.
4. Kapitel
GERÄTESCHUPPEN ODER GARTENLAUBE
Am Montagabend kurz vor 18 Uhr betrat Axel die BHG und suchte zwischen den Verkaufsgängen nach der Verkäuferin Frau Müller. Der Geruch nach Linoleum und Holz machte sich wieder in seiner Nase breit und drängte die anderen Empfindungen zurück. Leere Regale. Neonlicht. Der Schall seiner Schritte auf dem Boden.
»Guten Abend Herr Weber.« Frau Müller hatte sich schon umgezogen und winkte ihn ins Lager hinter dem Ladentisch. »Da hinten stehen die Sachen für Sie.« Sie zeigte auf die kleine Ansammlung von Gartenwerkzeugen. Sonst war die Lagerhalle fast leer. Auf dem Boden stapelten sich ein paar Holzbretter und etwa zehn Säcke mit Gips. In den Wandregalen lagen Schraubenzieher und Tapezierbürsten. »Wir haben heute überraschend noch mal eine Lieferung von dicken Holzbrettern bekommen. Die hatten wir zwar gar nicht bestellt, aber umso mehr freut man sich über die unverhofften Sendungen aus dem Hauptlager.«
»Was machen Sie jetzt damit Frau Müller?«
»Ein paar Bretter haben wir schon in den Verkaufsraum gestellt und der Rest ist reserviert für die Bestellungen.«
»Wie lange warten denn die Leute schon darauf?«
»Vielleicht ein halbes Jahr.«
»Kann ich mich denn dann auch für so ein paar Bretter anmelden? Wir brauchen doch einen Schuppen für unser Werkzeug.«
»Also ... » sie überlegte » ... wenn wir die Bestellungen einfach nicht ausführen und auf die nächste Lieferung vertrösten, dann können Sie fünf Bretter sofort mitnehmen. Den Rest brauchen die Kollegen für ihre Verwandtschaft. Sie müssen sich die dann allerdings noch zurechtsägen, denn für einen Schuppen sind sie dann wohl doch ein bisschen zu dick.«
»Wenn das gehen würde, dann würden Sie gleich vier Menschen gleichzeitig