Art of Fake.. Zulehner Christoph
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Nun, ich hege nicht die Erwartung, dass mein Buch „Make the Fake“ in zwölf Sprachen übersetzt wird. Auch eine Volksausgabe erwarte ich nicht, verstehen sich doch Sachbücher generell als solche.
Meine Erwartungshaltung ist eine ganz simple: den Fake als das zu sehen, was er im Grunde genommen ist – eine Kulturtechnik und ein Versprechen. Ein Versprechen an den Markt und ein Versprechen an sich selbst.
Ist es nicht verblüffend, was Sprache auszulösen vermag? Sprechen wir vom „Fake“, dann zeigen sich viele empört und wenden sich entrüstet ab. Sprechen wir aber davon, dass etwas „vielversprechend“ ist, dann horchen dieselben Menschen auf und sind bisweilen gar verzückt, wenn es heißt: „Das ist ein vielversprechender junger Mensch“ oder „Das ist ein vielversprechendes Produkt“ oder „Es handelt sich hier um eine vielversprechende Methode“.
Dabei sagt die Bezeichnung „vielversprechend“ nichts anderes, als dass es sich dabei um „viel Versprechen“ handelt. Die Zusicherung als schöpferische Kraft.
Wir wachsen nicht mit unseren Aufgaben. Wir wachsen vielmehr mit unseren Versprechen, weil wir gefordert sind, sie einzulösen. Wir wachsen somit auch mit unseren Fakes.
Alle Geschichten in diesem Buch erzählen von vielversprechenden Menschen. Auf ihre Art und Weise. Von Menschen, die Erfolg haben, auf ihre Art und Weise. Bestimmt würden manche von ihnen ihren Erfolg nicht einem Fake zuschreiben. Möglicherweise wäre die eine oder der andere auch nicht damit einverstanden, den jeweiligen Erfolg als „Fake“ zu bezeichnen. Trotzdem: In meinem positiven Verständnis des Wortes waren es „Fakes“. Ganz hervorragende noch dazu. Aber lesen Sie am besten selbst. Vorhang auf!
1 | DER UHRMACHER
George Clooney trägt Omega. Ellen DeGeneres trägt Patek Philippe. Justin Timberlake trägt Rolex. Kevin Costner trägt Jacques Lemans. Das edle Chronometer ist Pflichtprogramm in der Welt der Hollywoodstars. Schließlich kultiviert das Film-, Musik- und Showbusiness an Amerikas Westküste eine Ästhetik, die gern mit dem leicht boulevardesken Begriff „Glamour“ charakterisiert wird. Letztlich ist dieser berühmte Hollywood-Glamour ein schillerndes Mosaik aus den passenden Zutaten: Elegante Colliers gehören dazu, die zwischen rotem Teppich und kalifornischer Sonne so schön funkeln. Luxuslimousinen, XXL-SUVs und Sportwagen natürlich, vorzugsweise deutscher, englischer oder italienischer Provenienz. Dazu Swimming-Pools so blau wie auf den Gemälden von David Hockney und größer als so manches Nichtschwimmer-Becken europäischer Freibäder. Dann vielleicht noch Schuhschränke mit hunderten von Paaren, so wie sie die jugendlichen Spaß-Einbrecher in Sophia Coppolas Film „The Bling Ring“ im Haus von Paris Hilton vorfinden. Doch einer der allerwichtigsten Mosaiksteine ist zweifellos der Zeitmesser – nur ein kleines Accessoire und doch ein ganz großes Statement: Glamour to go. Bling-Bling fürs Handgelenk.
Zu den angenehmen Seiten eines Arbeitslebens als Hollywoodstar zählt bekanntlich ein Salär, das europäische Konzernlenker wie Durchschnittsverdiener dastehen lässt. Insofern erscheint die Anschaffung einer sündhaft teuren Armbanduhr für Clooney & Co. keine allzu große Sache. Doch sie haben es noch besser, die Stars: In den Villen von Bel Air oder Malibu müssen viele schöne Dinge des Lebens gar nicht auf eigene Rechnung angeschafft werden – Promi-Marketing sei Dank. Während der gemeine Besserverdienende für eine Luxusuhr zwar vielleicht nicht eisern sparen, aber doch sein Tagesgeldkonto plündern muss, erhält sie der Hollywoodstar kostenlos direkt ab Werk. Der Produzent legt noch mindestens das Jahresgehalt seines CEO obendrauf, damit der prominente Konsument sich mit den Uhren der jeweiligen Marke wirkungsvoll öffentlich zeigt. Das Handgelenk als Werbeträger. Noch mehr Honorar winkt, sobald der Hollywoodstar dem Marketing der Uhrenmanufaktur regelmäßig für Fotos und Bewegtbilder zur Verfügung steht. Selbstverständlich sind nach der Unterschrift unter einen Werbevertrag die Uhren anderer Hersteller öffentlich tabu. Sie dürfen höchstens noch im heimischen Safe gehortet werden.
Dermaßen vertraglich an einen bestimmten Hersteller gebunden, werden die Stars zu sogenannten Markenbotschaftern für die Uhren an ihren Handgelenken. Während Ellen DeGeneres nach eigener Aussage nur deshalb Patek Philippe trägt, weil sie als Uhrenfan eine Leidenschaft für die Produkte dieser Schweizer Manufaktur hegt, dürfte „George Clooney’s choice“ weit weniger vom privaten Geschmack getrieben sein. Der Filmstar und Frauenschwarm ist nämlich „Ambassador“ – Botschafter – der Marke Omega und damit per Unterschrift an den Hersteller von Luxusuhren aus dem schweizerischen Biel gebunden. Ob Justin Timberlake seine favorisierte Rolex aus eigener Tasche bezahlt hat, ist nicht bekannt. Sein Musiker-Kollege Michael Bublé jedenfalls ist schon seit mehr als zehn Jahren offizieller „Testimonee“ für Rolex und wird von der Schweizer Luxusmanufaktur sicher entsprechend generös mit ihren Produkten ausstaffiert. Den Begriff „Testimonee“ (analog „Coachee“ oder „Trainee“) im Sinne von „Referenzgeber“ scheint das Rolex-Marketing übrigens eigens für seine prominenten Uhrenträger erfunden zu haben. Ebenso wie beim „Testimonial“ (= bezahltes Lob) ist die Wurzel das lateinische testari („Zeugnis geben“, „bezeugen“, „schwören“). Michael Bublé schwört also buchstäblich auf seine Uhr.
AM WÖRTHERSEE SPRICHT MAN NICHT FRANZÖSISCH
Zurück zu George Clooney, Ellen DeGeneres, Justin Timberlake, Kevin Costner und ihren Uhren von Omega, Patek Philippe, Rolex und Jacques Lemans. Den Kennern unter Ihnen wird bei diesem Namedropping schon im ersten Durchgang etwas aufgefallen sein: Einer der Stars passt hier nicht so recht zu den übrigen. Sie glauben, ich meine Ellen DeGeneres? Weil die einzige Frau in dieser Aufzählung „nur“ ein Fernsehstar ist und außerdem zu Hollywoods wenigen bekennenden Nicht-Heteros zählt? Nun, das alles ist richtig, spielt aber beim Thema Uhren keine Rolle. Mit ihrer Patek Philippe bewegt sich die Talkshow-Moderatorin und mehrfache Emmy-Preisträgerin auf Augenhöhe mit den Herren Clooney und Timberlake, die ebenfalls einige der exklusivsten und teuersten Schweizer Zeitmesser tragen. Nein, die Uhrenkenner unter Ihnen sind ganz bestimmt über Kevin Costner und seine Jacques Lemans gestolpert. Jacques Lemans? Gibt es solch eine Uhr nicht schon für 100 Euro bei Amazon?
Tatsächlich sind Uhren der Marke Jacques Lemans im mittleren Preissegment angesiedelt. Zwar kommen aus diesem Haus auch einige mechanische Uhren, für die 1.000 oder 1.500 Euro hingelegt werden müssen. Aber eben nicht jene 10.000 oder 15.000 Euro, für die es bei Patek Philippe oder Rolex erst interessant wird. Wer eine Uhr in der Preisklasse jenseits von 100.000 Euro will, der muss bei den Schweizer Manufakturen nicht lange suchen. Eine Rolex mit den entsprechenden Klunkern kann mehr als das Hundertfache der teuersten Jacques Lemans kosten. Kenner wissen das. Doch wenn Sie einmal nur die Werbeanzeigen von George Clooney für Omega mit denen von Kevin Costner für Jacques Lemans vergleichen, dann werden Sie da nicht unbedingt einen großen Unterschied feststellen. Oscar-Preisträger Kevin Costner hält seine Jacques Lemans nicht einen Deut weniger selbstbewusst in die Kamera des Werbefotografen als Kollege Clooney seine Omega oder Schmusesänger Bublé seine Rolex. Sollte Costner seine Ticktack nicht ehrlicherweise etwas bescheidener präsentieren?
Nein,