Unbekanntes Wien. Isabella Ackerl
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18. Dem „Hansl am Weg“
gewidmet:
DIE JOHANN NEPOMUK-KAPELLE
Der hl. Johannes Nepomuk zählt zu den beliebtesten Heiligen unseres Landes. Da seine Statue oft an Brücken und Wegen errichtet wurde, nannte man ihn im Volksmund „Hansl am Weg“. Der vom böhmischen König Wenzel IV. 1393 dem Märtyrertod überantwortete Priester wurde im Jahr 1729 heilig gesprochen, was in Wien einen wahren Nepomuk-Kult auslöste, der vor allem von den weiblichen Mitgliedern des Kaiserhauses sehr gefördert wurde. Angeblich war Nepomuk ja zum Tode durch Ertränken verurteilt worden, weil er das Beichtgeheimnis der Königin nicht preisgeben wollte. Tatsächlich dürfte er auf der Wahrung der Rechte der Kirche bestanden haben.
1090 Wien, Währinger Gürtel, bei Nr. 88 (U6)
Jedenfalls gab es in Wien im 18. Jahrhundert eine Nepomuk-Bruderschaft, der sogar Kaiser Karl VI. und Kaiserin Elisabeth Christine angehörten. Die Mitglieder dieser Bruderschaft mussten sich zu verschiedensten religiösen Pflichten, zur Krankenpflege und zur Wahrung der Keuschheit verpflichten. Am Höhepunkt des Kultes gab es in Wien etwa 300 Nepomuk-Statuen und eine ganze Reihe von Kapellen. Zumeist wurde der Heilige als Priester mit einem Birett, das von fünf Sternen umrahmt ist, dargestellt, einen Finger legt er als Mahnung zur Verschwiegenheit auf den Mund.
Eine dieser zahlreichen Nepomuk-Kapellen, die 1740 gestiftet wurde, wurde Ende des 19. Jahrhunderts von Otto Wagner neu errichtet, da die alte Kapelle der Gürteltrassierung zum Opfer gefallen war. Es war dies der erste Sakralbau des großen Architekten. Bis zur Fertigstellung der Kapelle 1898 revidierte Wagner seine Pläne mehrfach. Damals noch sehr am Stil seines Lehrers Theophil Hansen orientiert, wählte er als Grundriss für das kleine Gotteshaus ein griechisches Kreuz, über dem er einen zentralen Kuppelbau in modifiziertem Renaissancestil erbaute.
19. Minarette an der
Donau:
DIE WIENER MOSCHEE
Am 20. November, dem islamischen Neujahrstag, wurde im Jahr 1979 Wiens erste und bisher einzige Moschee in Anwesenheit von Bundespräsident Rudolf Kirchschläger und Bundeskanzler Bruno Kreisky eröffnet. Zur damaligen Zeit waren die Beziehungen zu den arabischen Ländern intensiv und sehr gut, die Finanzierung des gewaltigen Bauvorhabens durch saudiarabische Financiers war kein Problem. Inzwischen gibt es zahlreiche islamische Gebetshäuser, aber eine zweite Moschee wurde noch nicht erbaut. Die Moschee wurde aber nicht errichtet, um die gegenseitigen guten Beziehungen unter Beweis zu stellen oder um eine Anerkennung der islamischen Religionsgemeinschaft herbeizuführen. Denn die war schon in der k. u. k. Monarchie 1912 erfolgt, als man dem Umstand, dass nach der Annexion von Bosnien-Herzegowina eine beträchtliche muslimische Bevölkerungsgruppe zum Vielvölkerstaat gekommen war, Rechnung trug.
Der Grund für die Errichtung der Moschee 1979 – übrigens durch einen österreichischen Baumeister, der mit diesem Projekt hohes Prestige und einen ständigen Platz in der ORF-Society-Sendung „Seitenblicke“ gewann – war der ständige Anstieg der islamischen Bevölkerung in Wien. Es waren dies die Jahre des Gastarbeiterzustroms aus den Balkanländern und aus der Türkei. 1971 zählte man nur etwa 5.800 muslimische Glaubensangehörige in Wien, bei der Volkszählung 2001 waren es bereits mehr als 121.000. Das entspricht einem Bevölkerungsanteil von 7,8 Prozent. In ganz Österreich bilden die Muslime inzwischen die drittgrößte Religionsgemeinschaft – nach den Katholiken und den beiden protestantischen Bekenntnissen.
Inzwischen ruft in Wien dreimal täglich der Muezzin zum Gebet, was bereits zu Protesten der benachbarten Bevölkerung führte, mit dem Ergebnis, dass die Lautsprecher leiser gestellt wurden.
Das Islamische Zentrum an der Donau umfasst die Moschee mit einem 32 Meter hohen Minarett, eine Bibliothek, eine Koranschule und eine Mehrzweckhalle. Bis zu 1.500 Gläubige finden sich jeden Freitag zum Gebet ein. Zusätzlich gibt es in Wien 40 andere islamische Gebetsstätten, keine davon kann jedoch mehr als 500 Gläubige aufnehmen. Eine weitere Moschee wäre nötig, doch es fehlen die entsprechenden Geldgeber. Seit März 2009 besteht in der Moschee auch ein „Institut für interkulturelle Islamforschung“. Ein islamischer Friedhof, der erst kürzlich in Liesing angelegt wurde, ist der erste seiner Art in Österreich. 2010 soll ein zweiter im Vorarlberger Altach folgen.
1210 Wien, Bruckhaufen (U6)
20. Der Bildhauer als
Architekt:
DIE KIRCHE ZUR HL. DREIFALTIGKEIT
(WOTRUBA-KIRCHE)
Der ungewöhnliche Kirchenbau auf dem Maurer Georgenberg entspringt der Idee einer religiösen und sehr tatkräftigen Frau: Margarethe Ottillinger konnte auf ein Leben voller Höhen und Tiefen zurückblicken. Schon in sehr jungen Jahren durchlief sie eine großartige Karriere in der Wirtschaftsbürokratie. Als erste Frau in Österreich erreichte sie den Rang einer Sektionsleiterin im Bundesministerium für Vermögensschutz und Wirtschaftsplanung, und ihrem unermüdlichen Wirken sind entscheidende Weichenstellungen für Österreichs Wirtschaft nach 1945 zu verdanken. Gleichsam auf dem Höhepunkt ihrer beruflichen Laufbahn wurde sie am 5. November 1948 von russischen Besatzungssoldaten an der berüchtigten Ennsbrücke aus dem Autokonvoi von Minister Peter Krauland, der unbehelligt weiter fahren durfte, verhaftet und monatelang in Gefängnissen in Österreich und Russland festgehalten. Die Anklage lautete auf Spionage, was die tüchtige, aber vielleicht etwas naive Frau immer entschieden zurückgewiesen hat. Auch Einzelhaft, Folterzellen und psychische Qualen vermochten sie nicht zu brechen. In einem abstrusen Verfahren wurde sie zu 25 Jahren Zwangsarbeit verurteilt.
1230 Wien, Maurer Lange Gasse 137 (Autobus 60A)
Als sie nach Abschluss des Staatsvertrages schwer krank und psychisch wie physisch von der Haft gezeichnet nach Österreich zurückkehrte, erhielt sie mit viel Mühe einen adäquaten Wirkungsbereich in der Verstaatlichten Industrie, nämlich in der ÖMV (= Österreichische Mineralöl Verwaltung), keineswegs aber ihren früheren Posten als Sektionsleiterin. Als geborener Workaholic stürzte sie sich trotzdem sofort in die Aufbauarbeit des Ölkonzerns, den sie nach den Jahren der sowjetischen Verwaltung erfolgreich austrifizieren konnte. Daneben engagierte sie sich noch in zahlreichen Initiativen, vor allem im Bereich der antikommunistischen Politik und der katholischen Kirche.
Ihr Lebenswerk krönte sie mit dem Entschluss, eine Kirche zu bauen. Es gelang ihr, den international renommierten Bildhauer Fritz Wotruba, der sich selbst als areligiös bezeichnete, für ihre Idee einzunehmen. Nach langem Suchen fand sie auch einen Bauplatz für den monumentalen Entwurf Wotrubas. 1976 konnte der Architekt Fritz Mayr am Georgenberg den Plan des kurz zuvor verstorbenen Künstlers realisieren: Eine aus Betonquadern aufgeschichtete Skulptur, deren Innenraumgestaltung durch ihre Leichtigkeit und Helligkeit überrascht. Es ist ein stilles, eng mit der Natur verbundenes Gotteshaus, nicht prunkvoll und doch Ehrfurcht gebietend.