Unbekanntes Wien. Isabella Ackerl
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Blick in die Blutgasse
Der intime, von Pflanzen verwachsene Hof des DEUTSCHORDENS-HAUSES wird in den Sommermonaten als Konzertsaal genutzt; mit Blick auf den hoch aufragenden Turm des Stephansdomes werden zumeist Werke Mozarts aufgeführt. Das hat seinen guten Grund, weil 1781 logierte hier Wolfgang Amadeus Mozart im Gefolge seines Dienstherrn, des Salzburger Erzbischofs Hieronymus Franz von Colloredo. Im Deutschordenshaus kam es auch zur in der Literatur vielfach berichteten (und unbewiesenen) Szene, dass der Erzbischof seinen aufmüpfigen Musicus durch seinen Oberstküchenmeister Karl Graf Arco mit einem Fußtritt aus dem Hause befördern ließ und ihm damit den Weg zu einer großen Karriere eröffnete. Im Deutschordenshaus befindet sich seit 1809 die Residenz des Hochmeisters, hier werden das Zentralarchiv des Deutschen Ordens und die Schatzkammer mit den Ordensinsignien verwahrt.
Heiligenkreuzerhof zwischen 1010 Wien Schönlaterngasse 5 und Grashofgasse 3; Deutschordenshof, 1010 Singerstraße 7
11. Ein Relikt aus
gotischer Zeit:
WIENS ÄLTESTE MÜHLE
Der Wienfluss war in der Frühzeit der Geschichte Wiens eine Lebensader der Stadt. An seinem Ufer und an den kleineren Nebenflüssen befanden sich zahlreiche Mühlen, außerdem siedelten sich hier auch andere Gewerbe wie die Gerber oder die Färber an, die viel Wasser brauchten. Die Abwässer dieser Betriebe gingen ebenso wie alle privaten Abwässer völlig ungeklärt in den Fluss. Der Wienfluss war aber für alle, die keinen Hausbrunnen besaßen, die einzige Trinkwasserquelle. Natürlich war die Wien nicht reguliert, sie floss manchmal träge dahin, nach einem Gewitter aber konnte sie zum reißenden Strom werden.
An die zahlreichen Mühlen erinnern noch heute viele Straßen- und Hausbezeichnungen wie Bärenmühle, Hofmühle, Schleifmühle oder eben die Heumühle, deren Gebäude noch erhalten ist.
Die Mühle gehörte einst dem Heiligengeistspital und war vor 1326 errichtet worden. Als sie 1529 im Verlauf der Ersten Türkenbelagerung nieder brannte, übernahm das Wiener Bistum die Mühl- und Wasserrechte, denn das Spital war Pleite gegangen. Den Mühlenneubau verpachtete die Kirche dann. Als der Mühlbach, ein Seitenarm des Wienflusses, der die Mühle antrieb, verschüttet wurde, stellte man den Mühlenbetrieb ein. Das Erzbistum übergab die Oberherrschaft der Stadt Wien, die 1856 die Wasserrechte mit 30.000 Gulden ablöste. Seit damals war im Mühlengebäude eine Gastwirtschaft untergebracht.
Pläne, das stark baufällige Haus, wahrscheinlich Wiens ältester profaner Bau, im Einklang mit dem Denkmalschutz zu restaurieren, wurden mittlerweile in die Tat umgesetzt. Auch der Hausbestand der Umgebung wurde einer Generalsanierung unterzogen. Die Nachnutzung der sanierten Mühle ist noch nicht völlig geklärt, ein Kulturzentrum und ein Café sind im Gespräch. Derzeit wirkt die Mühle noch zu neu und schön herausgeputzt, um den Charme ihres Alters wirklich entfalten zu können.
1040 Wien, Häuserkomplex Heumühlgasse 9 bzw. Schönbrunnerstraße 2 (U4 Autobus 59A)
12. Ein Lustschloss mit
Tiergarten:
DAS NEUGEBÄUDE IN SIMMERING
Der tolerante Kaiser Maximilian II., der sich ein Leben lang nicht klar zwischen katholischer Kirche und Protestanten entscheiden wollte und aus politischem Kalkül auch nicht konnte, hegte eine große Vorliebe für die Jagd und für Tiergehege. So ließ er unweit des alten Jagdschlosses Kaiserebersdorf ein neues Gebäude, das „Neugebäude“, als Lustschloss und große Menagerie errichten. Er beauftragte damit die Stararchitekten seiner Zeit, Jacopo da Strada und Pietro Ferrabosco, und bedeutende Künstler wie Bartholomäus Spranger. Sie schufen 1568 bis 1575 einen weitläufigen Komplex, der in etwa mit dem Palazzo del Tè in Mantua vergleichbar ist.
Das Halten von exotischen Tieren gehörte im 16. Jahrhundert zum Prestige eines Herrschers. Als Maximilian von Spanien nach Österreich kam, brachte er sogar einen Elefanten mit nach Wien. Allerdings starb dieser schon nach eineinhalb Jahren – weder Klima noch Pflege dürften diesem Exoten gerecht geworden sein. Zur Bewahrung seines Andenkens wurde aus seinem Vorderfuß ein Stuhl gefertigt, der schließlich in der Sammlung von Stift Kremsmünster landete.
Im Neugebäude wurden auch einige – das rauere Klima vertragende – Löwen gehalten, um die sich eine alte Sage rankt: Als anlässlich einer Hochzeit ein Löwe aus dem Käfig ausbricht, wird er von der Tochter des Schlossverwalters, die dem Löwen sehr zugetan ist, wieder zurück in den Käfig gebracht. Tier und Mädchen bleiben einander verbunden. Als das Mädchen jedoch Hochzeit halten will, tötet sie der Löwe. Darauf bringt der Bräutigam seinerseits den eifersüchtigen Löwen um. An diese Geschichte erinnerte lange das Haus „Zur Löwenbraut“ (Salzgries 9 – 13), das angeblich dem unglücklichen Bräutigam gehörte.
Nach dem Tod Kaiser Maximilians II. ließ sein Nachfolger Rudolf II. den Fasangarten, in dem sich Fasane, Rebhühner und Mufflons tummelten und Schwäne in Teichen schwammen, zwar ausbauen, bewohnt oder benutzt wurde das Neugebäude aber nur mehr selten. In den zwanziger und dreißiger Jahren des 17. Jahrhunderts wurde noch einmal renoviert und alle Tiere aus Kaiserebersdorf wurden hierher gebracht.
Idealmodell des kaiserlichen Lustschlosses
Um 1665 tauchte erstmals das Gerücht auf, dass das Neugebäude an jenem Ort errichtet worden sei, an dem 1529 während der Ersten Türkenbelagerung das Zelt Süleymans des Prächtigen gestanden sei. Jedenfalls wurde das Neugebäude bei der Zweiten Türkenbelagerung verschont, Kara Mustafa soll den angeblichen Lagerplatz des großen Sultans sogar besucht haben.
Den ungarischen Kuruzzen blieb es vorbehalten, das Gebäude im Jahr 1704 zu plündern und alle Tiere zu töten. Sie schmückten sich mit den abgezogenen Häuten der getöteten Tiger und Leoparden. Angeblich stammt von diesem Gemetzel her der Brauch der ungarischen Militärs, zu ihren Uniformen ein Exotenfell über der Schulter zu tragen.
Danach war die Glanzzeit des Neugebäudes vorbei, es diente nur mehr militärischen Zwecken und wurde schließlich als Steinbruch für den Neubau von Schönbrunn verwendet. Schon damals war der Verfall des Schlosses nicht mehr aufzuhalten.
1922 errichtete der Architekt Clemens Holzmeister auf dem Areal des Neugebäudes für die Stadt Wien ein Krematorium. Versuche engagierter Architekten, das verfallene Renaissancejuwel zu retten bzw. zu