Anekdoten frommer Chaoten. Adrian Plass
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Читать онлайн книгу Anekdoten frommer Chaoten - Adrian Plass страница 6
Ich: (gequält) Oh, gut. Das ist gut. Das ist …
Er: (ernst) Nur glaube ich, Nichtchristen sollten es nicht zu lesen bekommen.
Ich: Ach, wirklich? Warum nicht?
Er: Weil sie dann denken könnten, in der Gemeinde ginge es wirklich so zu.
Ich: Äh …
Manchmal freilich läuft man Leuten in die Arme, wie Du sicher nur zu gut weißt, Jeff, die noch sehr viel drastischer und beunruhigender aus der Spur geraten sind. Einmal begrüßte mich im Foyer eines Konferenzzentrums ein bissiger kleiner Terrier von einem Mann und kläffte mir laut ins Gesicht:
»Ich hasse Sie!«
Eine Lektion, die ich aus meiner Arbeit mit gestörten Jugendlichen und in jüngerer Zeit aus der Seelsorge gelernt habe (da gibt es faszinierende Ähnlichkeiten), ist es, mich in solchen Situationen im metaphorischen Sinn eher zurückzulehnen als vorzubeugen. Muss wohl so eine Art Judo sein.
»Ich glaube, wir kennen uns noch nicht«, sagte ich freundlich. »Warum hassen Sie mich?«
»Weil ich es nicht leiden kann«, knurrte er, »wie Sie sich in Ihren Büchern über die Kirche lustig machen.«
Ich fiel wie gewohnt in meine Rolle der demütigen Lernbereitschaft und nickte.
»Verstehe. Mit welchen Büchern speziell haben Sie denn Probleme?«
Völlig unerschrocken erwiderte er: »Ich habe keines davon gelesen. Und ich will sie auch nicht lesen, weil ich gehört habe, dass Sie sich darin über die Kirche lustig machen.« Ich blieb noch einen Augenblick auf den Ballen wippend stehen und ging dann still weiter. Dass sich daraus noch ein produktives Gespräch entwickeln würde, hielt ich für eher unwahrscheinlich. Unmittelbar nach meinem ersten Beitrag dieses Vormittags jedoch sprach mich der menschliche Rottweiler erneut im gleichen aggressiv schneidenden Tonfall an.
»Jetzt liebe ich Sie!«
Er machte einen Schritt auf mich zu, warf seine beängstigenden, unverhältnismäßig langen Arme um meinen Leib (ich hatte den Eindruck, dass sie sich zweimal um mich herumschlangen, aber das kann ja wohl nicht stimmen, oder?)
und packte mich in eine schraubstockähnliche Umarmung. Während der nächsten drei Tage leitete er jede unserer Begegnungen mit dieser überschwänglichen Geste ein. Ich glaube, ich mochte ihn lieber, als er mich noch hasste …
Also, warum albern wir eigentlich so viel herum, Du und ich? Ich vermute, es liegt daran, dass wir überhaupt nicht albern sind, wenn es um die Dinge geht, die wirklich zählen. Ich bin von gähnend langweiliger Ernsthaftigkeit, wenn es darum geht, Jesus nachzufolgen, und in meinem Glauben ermüdend orthodox. Aber ich habe gelernt, dass mithilfe des Lachens eine Menge Unrat aus dem Weg geräumt werden kann, unter dem die zentralen Wahrheiten, die niemals sterben werden, oft verborgen liegen.
Wo ist in dieser schönen, anstrengenden Welt diese Wahrheit zu finden? Ich glaube, in Deiner Geschichte von dem Karaoke-Abend liegt ein Schlüssel dazu. Ich finde diese Geschichte herrlich, Jeff. Sie hat mich an verschiedene Gelegenheiten erinnert, bei denen Leute mich gefragt haben, welcher Film mich als Christ am meisten inspiriert habe. Wenn ich dann antwortete, das sei der Film The Commitments gewesen, guckten sie immer ein bisschen verdutzt. Du kennst den Film wahrscheinlich – er handelt von einer Gruppe junger Leute in Irland, die alles tun, um eine Band auf die Beine zu stellen und groß rauszukommen. Der Film ist herrlich witzig, aber es wird darin auch hemmungslos geflucht, und er ist voller deutlicher sexueller Anspielungen. Hin und wieder geht es auch extrem gewalttätig zu.
Nun, was immer darin vorkommt, er bringt mich zum Weinen, und er bringt mich zum Beten. Er macht mir deutlich, dass Jesus in unserer Zeit genauso fest entschlossen ist, sich unter hoffnungsvolle, leidenschaftliche, fehlerhafte Menschen zu mischen, wie er es vor zweitausend Jahren war, als er als Mensch über diese Erde ging. Ich habe an anderer Stelle schon einmal von Lionel Blues Aussage gesprochen, das Judentum sei nicht sein Gefängnis, sondern sein Zuhause. Wenn man sich zu Hause geborgen fühlt, dann kann man an jeden anderen Ort der Erde gehen und vergisst doch nie, wo man wirklich hingehört. Man ist nie getrennt von der Liebe, die einen in seinem innersten Wesen behütet, egal, wo man ist und was einem passiert. Wo die Gemeinde hingegen zu einer Festung wird, verwenden wir unsere Energie entweder darauf, dafür zu sorgen, dass niemand Unerwünschtes hereinkann, oder darauf, Listen mit Vorschriften aufzustellen und unentwegt ängstlich Ordnung zu schaffen.
Du fragst in Deinem Brief, warum es Christen so schwerfällt, sich zu entspannen, Jeff. Ich frage mich, ob die Antwort auf diese Frage etwas mit dem fieberhaften Drang zu tun hat, alles immer schön in Reih und Glied zu halten. Da fällt mir ein: Kürzlich wurde ich wegen zweier Dinge zur Rede gestellt, die Bridget und ich im Laufe einer Wochenendfreizeit gesagt oder angedeutet hatten. Im ersten Fall ging es um Elia, der ja eine deiner Lieblingsgestalten ist, wie ich mich zu erinnern glaube.
Elia wird meist als einer der »großen« Propheten bezeichnet, aber wir wollten einmal genauer hinschauen, was das bedeuten könnte. Ich hatte gerade eine Reihe von Andachten speziell über Elia geschrieben und war dabei ziemlich fasziniert von der tiefen Kluft der Unzulänglichkeit, die zwischen seinen geistlichen Heldentaten und seiner allgemeinen Neigung klaffte, davonzulaufen oder aufzugeben, sobald es gefährlich wurde. Nach seinem dramatischen Sieg über die Baalspropheten auf dem Berg Karmel zum Beispiel rannte er wie ein Hase vor dem Zorn der Isebel davon, bis er schließlich mutlos unter einem Baum hockte und sagte:
»Es ist genug.« Was, so könnte man berechtigterweise fragen, war mit diesem Kerl los? Hier war der Gott, der ihn aus einer fliegenden Speisekammer mit Essen versorgt, einer Witwe einen wundersam bodenlosen Ölkrug geschenkt, einen toten Sohn erweckt, mitten in einer Dürrezeit Regen gesandt und göttliches Feuer auf den Berg hatte herabregnen lassen. Warum in aller Welt sollte der nicht in der Lage sein, mit einer rabiaten kleinen Königin fertig zu werden?
Die Antwort scheint etwas mit der Gegenwart oder Abwesenheit des Geistes Gottes zu tun zu haben. Wenn es etwas zu tun gab und Elia mit dem Geist Gottes erfüllt wurde, war ihm nichts zu schwer. Doch in den Zeiten zwischen diesen übernatürlich gelenkten und erfüllten Ereignissen wurde er zu genau dem, was er war: zu einem nicht sehr starken, nicht besonders heldenhaften Menschenwesen. Da ich selbst auch ein nicht übermäßig starkes und wohl kaum heldenhaftes Menschenwesen bin, fand ich diese Erkenntnis sehr hilfreich. Die gute Nachricht, so sagten wir zu den Leuten auf der Wochenendfreizeit, sei die, dass Gott uns gebrauchen kann, was immer auch unsere Schwächen und Ängste sein mögen, solange wir nur zum Gehorsam bereit sind, wenn die Zeit zum Handeln gekommen ist. Das ist doch eine gute Nachricht für die meisten von uns unnützen Vertretern unserer Spezies, findest du nicht? Ein bisschen erschreckend sicher auch, aber letzten Endes doch gut.
Meine Herausforderin wollte wissen, ob ich ihr nicht zustimme, dass Elias Furcht und Selbstzweifel in Wirklichkeit Lügen des Feindes waren, der ihn von seinen Aufgaben abbringen wollte. Ich hatte den deutlichen Eindruck, dass sie nicht nur den Wunsch, sondern geradezu das Bedürfnis hatte, der unangenehm negativen und widerspenstigen Natur der Fehler und Schwächen Elias dieses Etikett aufzukleben.
Habe ich ihr also zugestimmt? Hätte ich es tun sollen? Sicher, im Johannesevangelium steht etwas davon, dass Satan der Vater der Lüge ist, aber heißt das, dass ich das Bündel von Fehlern und Neigungen und Verhaltensmustern und Tendenzen, das mich als Person ausmacht, wieso auch immer, verleugnen und nicht daran glauben sollte? Gibt es so etwas wie einen geistlichen Zaubertrick, mit dessen Hilfe ich mir einreden kann, dass ich eine neue Kreatur in Christus bin und deshalb mein altes Ich einfach nicht mehr existiert? Versuch