Anekdoten frommer Chaoten. Adrian Plass
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Also nein, ich habe ihr nicht zugestimmt.
Im zweiten Fall ging es um Dinge, die wir über die Gnade Gottes gesagt hatten. Wir hatten dazu ein veranschaulichendes Bild angeboten. Für den Wanderer, der sich auf die Reise des Lebens macht, gibt es drei Möglichkeiten. Auf der einen Seite sind die unwegsamen Felsen und Berge des Gesetzes. Diese Route einzuschlagen hat keinen Zweck. Sie ist zu schwierig; das schafft man nicht. Auf der anderen Seite liegt der Sumpf der Zügellosigkeit. Der sieht auf den ersten Blick nicht schlecht aus, aber wenn man versucht, dort entlangzugehen, sinkt man ein, erstickt und stirbt. Quer durch die Mitte verläuft der schmale Pfad der Gnade, ein Weg, der aus der unverdienten Freundlichkeit Gottes entspringt und der für jeden Menschen, der ihn braucht, individuell angelegt wird. Als ein Beispiel führten wir an, wie Jesus mit der Situation umging, als eine Ehebrecherin zum Tod durch Steinigung verurteilt worden war. Nicht, dass er das Gesetz angefochten oder ihre Tat gutgeheißen hätte, aber er fand einen typisch einfallsreichen und authentischen Weg, sie von den Konsequenzen der Sünde zu erretten. Gnade, so deuteten wir an, sei kreativ, beziehungsorientiert, konstruktiv, überraschend und befreiend, und jeder von uns habe die Aufgabe, sie an die Menschen weiterzugeben, denen wir begegnen.
Meine Herausforderin wollte wissen, ob das meiner Meinung nach auch für Homosexuelle gelte. Es könne doch wohl keine Kompromisse bei einer Sache geben, die in der Heiligen Schrift so eindeutig verurteilt werde. Nicht, dass sie persönlich solche Menschen verurteilen wollte, fügte sie hinzu. Es gebe ein schwules Pärchen in ihrer Gemeinde, und das seien ganz liebenswerte Leute. Andererseits jedoch sei unbereute Sünde nun einmal unbereute Sünde, und sie fände es nicht richtig, wenn sie die Gemeinde in der Öffentlichkeit repräsentieren würden, zum Beispiel, wenn sie im Kirchenvorstand säßen.
Nicht schon wieder, dachte ich.Warum nur dreht sich die moralische Diskussion in manchen Teilen der Gemeinde Jesu ständig nur um Sex im Allgemeinen und Homosexualität im Besonderen? Den Korinthern schrieb Paulus, wir sollten nichts mit einem Bruder zu schaffen haben, der sexuell unmoralisch oder habgierig sei, ein Götzendiener oder ein Verleumder, ein Trinker oder ein Betrüger.Wie viele Kandidaten für Kirchenvorstände werden eigentlich sorgfältig auf Anzeichen von Habgier, Klatsch, übermäßigen Alkoholgenuss oder zwielichtigen Geschäftspraktiken durchleuchtet?
Wie viele müssten wohl ersetzt werden, wenn das geschähe? Man mag es sich gar nicht ausdenken.
Ich kenne eine Menge schwuler Christen, die sich entschieden haben, für den Rest ihres Lebens zölibatär zu bleiben. Mag sein, dass Satan ihnen Lügen über ihre sexuellen Präferenzen eingeflüstert hat, oder auch nicht. Tatsache ist aber, wie sehr sie auch beten und ihr Bestes tun, um nach Veränderung zu streben, sie scheinen nicht davon wegzukönnen, wer sie sind und was sie sind, und jeder Tag ist eine Herausforderung und ein Kampf. Ich habe höchsten Respekt vor ihnen. Ich kenne auch schwule Christen, die glauben, dass Gott gleichgeschlechtliche Beziehungen akzeptiert. Ich habe großen Respekt vor jedem, der eine aufrichtig durchdachte und durchbetete Entscheidung über irgendeinen Aspekt seines christlichen Lebens trifft, auch wenn ich selbst nicht mit seiner Entscheidung übereinstimme. Ich habe selbst schon manche blödsinnigen Entscheidungen getroffen, und meist habe ich sie lautstark mit Bibelstellen begründet.
Wie ist das nun mit der Gnade Gottes? Nun, das Problem mit Gott ist und war schon immer, dass er sich partout nicht davon abbringen lässt, Menschen als Individuen zu begegnen und nicht als Kategorien. Die Gnade tut, was die Gnade tut. Ich finde das herzerwärmend und aufregend und beruhigend und beunruhigend und ein bisschen verwirrend, aber ganz ehrlich, ich würde es nicht anders haben wollen.
Falls ich meiner Herausforderin je wieder begegne, werde ich mich bei ihr bedanken, dass sie mich zum Nachdenken über diese Dinge gebracht hat. Aber ich würde sie auch gern daran erinnern, dass viele Leute im Laufe der letzten zweitausend Jahre versucht haben, den christlichen Glauben zu säubern und aufzuräumen, wie man ein Haus säubert und aufräumt.Tut mir leid, würde ich ihr sagen, aber das klappt nicht.Wenn Christus mitten im Chaos nicht eine echte Möglichkeit ist, dann sitzen wir mächtig in der Tinte.
Du hast recht, Jeff. Jede Gemeinde sollte einen Ort haben, wo man gefahrlos sagen und denken und fühlen kann, was immer einem auf dem Herzen liegt. Es mag eine Weile dauern, solche Orte einzurichten, aber bis dahin, scheint mir, sind wir beide schon dabei, uns einen für uns selbst zu schaffen. Das ist eine sehr behagliche Ecke hier. Du bist am Zug, glaube ich.
Liebe Grüße,
Adrian
PS Ich hatte vollstes Mitgefühl mit Dir, als die Karaoke-Burschen sich wunderten, wieso jemand wie Kay sich mit einem alten Knacker wie Dir abgibt. Bei einer Tour durch Deutschland vor ein paar Jahren wurde ein ziemlich altes Foto von mir für die Werbung verwendet. Die erste Frage aus dem Saal zu Beginn der zweiten Hälfte des Abends lautete so: »Warum haben Sie Ihren Vater geschickt, anstatt selbst zu kommen?«
Das war der größte Lacher des Abends.
VIER
Lieber Adrian,
danke für Deinen Brief, der mich dazu inspiriert hat, hinunter zur Videothek in meiner Straße zu gehen (die immer noch so heißt, obwohl es da seit dem Erscheinen der allmächtigen DVD gar keine Videos mehr gibt) und mir The Commitments auszuleihen. In der Videothek passierte etwas, was eigentlich gar nicht mit irgendetwas von Belang zu tun hat, aber da ich es amüsant fand, würde ich Dir gern davon erzählen. Glaub mir, das Folgende hat sich wirklich so abgespielt.
Während ich mich mit meiner DVD in der Hand ( The Commitments hatten sie leider nicht) an der Kasse anstellte, um mein Kleingeld loszuwerden, fiel mir ein Aufkleber auf der DVD-Hülle auf. »Bitte zurückspulen!«, stand darauf. Die Aufschrift verwirrte mich zutiefst, da es ja gänzlich unmöglich ist, eine DVD zurückzuspulen. Warum also dieser Aufkleber? Ich beschloss, mich bei dem Neunjährigen, der hinter dem Tresen Dienst tat, danach zu erkundigen.
Zwischen mir und dem etwas desinteressierten, aknegeplagten Jüngling entspann sich folgendes Gespräch:
Ich: Entschuldigung, dürfte ich Sie nach diesem Aufkleber fragen?
Pickliger Jüngling: Ja, was ist damit?
Ich: Nun, da steht »Bitte zurückspulen!« drauf. Pickliger Jüngling: Richtig. Das steht da.
Ich: Aber das ist doch albern. Pickliger Jüngling: Was? Wieso?
Ich: Weil das eine DVD ist. Die kann man doch gar nicht zurückspulen.
Pickliger Jüngling: (die Augen verdrehend) Natürlich kann man eine DVD nicht zurückspulen. Es ist ja eine DVD.
Ich: Äh, ja, das habe ich ja gerade gesagt. Also warum kleben Sie dann diesen Aufkleber drauf, der die Leute nur verwirrt und dazu bringt, deswegen nachzufragen?
Pickliger Jüngling: Ganz einfach. Als wir die Videos abgeschafft haben und zu DVDs übergewechselt sind, hatten wir noch Hunderte von diesen Aufklebern übrig. Die Chefin wollte sie nicht wegschmeißen;