Weihnachtswundernacht 4. Группа авторов

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Weihnachtswundernacht 4 - Группа авторов

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er ihn gekauft, hätte er sich sicher nicht mit ihm so abmühen müssen.“

      „Wisst ihr, als mein Opa, also euer Urgroßvater, nach Deutschland kam, da hatte er gerade mal einen Koffer und einen Rucksack dabei, eure Urgroßmutter an der Hand und vier Kinder. Mehr hatten sie nicht. Und so zogen sie in ihre kleine Wohnung ein, in die es hineinregnete.“

      Falk will wissen: „Warum kamen sie nach Deutschland? Wir sind doch Deutsche?“

      Ich überlegte einen Moment. Sollte ich wirklich mit den alten Geschichten beginnen?

      „Als meine Großeltern 1945 in Serrahn ankamen, da waren sie seit Monaten unterwegs. Sie mussten ihre Heimat Bessarabien verlassen, weil die politisch Mächtigen das damals so beschlossen hatten. Von Bessarabien hab ich euch doch schon öfter erzählt. Ihr wisst, das ist das Land, das in der heutigen Ukraine und in Moldawien lag.“

      „In der Ukraine ist heute immer noch Krieg“, rief Falk aufgeregt dazwischen.

      „Das ist schon wieder ein neuer Krieg“, fuhr ich fort, „meine Großeltern mussten damals ihre Heimat verlassen und lernten den Krieg zur Genüge kennen. Auf ihrer Flucht quer durch Europa mussten sie mit ansehen, wie ihre Tochter verhungert ist.“

      „Verhungert? Aber sie hätten ihr doch etwas von ihrem Essen abgeben können“, meinte Falk und schien die Welt nicht mehr zu verstehen.

      „Damals hatten die Flüchtlinge zum Teil so wenig zu essen, dass sie sich auf fremde Höfe geschlichen haben, um von den Komposthaufen fremder Leute Kartoffelschalen zu stehlen“, erzählte ich weiter: „Einmal hetzten die sogar einen Hund auf meinen Großvater, aber er konnte sich gerade noch so über den Zaun retten. Viele Leute jagten die Familie eurer Urgroßeltern weg. Geholfen haben ihnen nur sehr wenige. Aber es war ja auch eine Zeit, in der alle nur sehr wenig hatten. Ja, und dann kamen sie in den Kreis Güstrow und fanden ihr geliebtes Dorf Serrahn, direkt an dem schönen See, an dem wir im Sommer immer Urlaub machen. Zunächst war natürlich alles ganz fremd für sie. Sie brauchten eine Zeit lang, um sich einzuleben und sich einzurichten. Alles war ganz primitiv und so schöne Weihnachtssachen um ihre Stube zu schmücken, wie wir sie hier heute haben, hatten sie natürlich nicht. Vielleicht war das der Grund, weshalb mein Großvater in der Adventszeit 1945 diesen Engel geschnitzt hat. Er wollte doch für seine Kinder auch eine geschmückte Weihnachtsstube haben.“

      Ganz still war es im Wohnzimmer geworden. Ich überlegte, ob es richtig gewesen war, die alten Geschichten wieder auszupacken. Falk holte tief Luft, ich sah ihm an, wie er alles in seinem kleinen Kopf verarbeitete. Aber als er dann meinte: „Na, ein Glück, dass es heute nicht mehr solche armen Leute gibt“, musste ich ihm widersprechen: „Doch Falk, auch heute gibt es mitten unter uns Flüchtlinge. Auch sie sind aus ihrem Zuhause weggelaufen. Viele vor neuen Kriegen. Und viele, weil es in ihrer Heimat nicht genug zu essen gibt oder es für sie dort zu gefährlich ist, an unseren Gott zu glauben. An den, weshalb wir überhaupt Weihnachten feiern und es einen Heiligen Abend gibt.“

      Falks Augen wurden ganz groß.

      „Heute, hier?“, fragte er.

      „Ja, Falk. So viele Fremde wie zurzeit, kamen noch nie nach Deutschland. Sie verlassen ihre Länder, weil sie vor Krieg und Armut weglaufen oder weil sie an den Gott glauben, an den auch wir glauben und dafür verfolgt und getötet werden.“

      Falk machte noch größere Augen. Ich sah ihm an, dass es mächtig in seinem Kopf brodelte.

      „Papa, meinst du die, die im Asylbewerberheim wohnen?“, wollte Falk nun wissen und man sah ihm an, dass er mächtig aufgeregt war.

      „Genau, die meine ich. Sie alle haben aus ihrer Not heraus ihr Zuhause verlassen. Hier sitzen sie nun im viel zu engen Asylbewerberheim und merken, dass viele sie hier überhaupt nicht haben wollen“, antwortete ich und fühlte mich dabei ziemlich hilflos.

      Falk, in seiner Unbeschwertheit, wie sie eben nur ein Achtjähriger haben kann, fragte mich: „Wollen wir sie denn hier haben?“ Mein Kleiner war nicht mehr klein. Ganz unverhofft konnte er unbequeme Fragen stellen.

      „Weißt du Falk, das Problem ist, viele scheuen sich davor, die vielen Fremden ‚Willkommen‘ zu heißen. Wir haben selbst genug zu tun und haben oft keine Zeit, da …“

      Mein Kleiner, der mir plötzlich so groß vorkam, meinte: „Aber über Weihnachten haben wir doch Zeit. Lass uns doch einfach nach Heiligabend ins Asylantenheim gehen. Ich hab gesehen, da wohnen auch viele Kinder. Ich würde sogar ein paar Süßigkeiten mitnehmen, um mit den Fremden zu teilen.“

      CHRISTIAN DÖRING

      3. Joes Erscheinung – Ein Engel im Chaos

       (Bühne: Tisch und Stuhl. Josephs Mutter Martha kommt im Morgenmantel mit Kaffeetasse an diesen Tisch, setzt sich, nimmt einen Schluck aus der Tasse und beginnt Richtung Publikum zu sprechen.)

      Martha: Meine Güte, war das eine Nacht! Jetzt brauche ich erst einmal einen starken Kaffee. Wahrscheinlich auch noch einen zweiten und dritten. Seit ein Uhr habe ich kein Auge zugemacht. Ich meine, es ist nicht das erste Mal, das ich nachts wach werde. Aber dann schlafe ich immer wieder ein. Nur diesmal … Ich kann es immer noch nicht glauben, was mir unser Sohn da erzählt hat. Was er mir und meinem Mann, also uns, antut.

      Joseph, wir nennen ihn eigentlich Joe, stand auf einmal bei uns im Zimmer. Nicht, was Sie denken. Der hatte keinen Albtraum oder wollte sich zum Kuscheln zu meinem Mann Simon und mir ins Bett legen. Das hat er schon Jahre nicht mehr gemacht. Ist ja immerhin schon Ende zwanzig, das Bürschchen.

      Aber was der mir da aufgetischt hat, das ließ meine Gedanken kreisen und mich kein Auge mehr zu bekommen.

      Um ein Uhr also poltert Joe mit seiner Nachtlaterne in unser Schlafzimmer, rüttelt an unserem Bett und ruft:

      „Mutter, Vater – hey, Mutter, Vater! Ich muss mit euch reden.“

      Mein Mann Simon war wohl zuerst wach und stößt mich an:

      „Hey, Martha, Joe will irgendwas von dir.“

      „Nix“, sagt der ganz schnell, „ich muss mit euch beiden reden. Über Maria und mich und unsere Hochzeit.“

      „Toll“, sage ich. „Den ganzen Abend sitzen wir zusammen und ausgerechnet jetzt willst du über dieses Thema reden. Was ist so dringend, dass du uns mitten in der Nacht wecken musst? Können wir nicht morgen früh reden?“

      „Da war jemand bei mir im Raum, ein Besucher“, meint Joe auf einmal.

      Sofort war ich hellwach. „Simon, ein Einbrecher, eine Gang“, sagte ich. „Wir sind ausgeraubt worden. Meine Juwelen. Joe, haben sie dir etwas getan, dich geschlagen?“

      „Mam“, sagte er, „lass mich ausreden.“

      „Ok“, sagte ich, „ich bin ruhig, erzähl mir von deinem Besucher.“

      „Hm, es war ein Engel.“ Pause. „Ein Engel des Herrn.“

      „Hatte ich doch richtig gerochen“, sagte ich, „der Lammbraten heute Abend

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