Wenig Work, viel Travel. Desirée Tischner
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Le Château Frontenac
Da wir während unserer Hochzeitsreise vor einigen Jahren schon in Québec City Halt gemacht haben, schenken wir uns am folgenden Tag zunächst das typische Touristenprogramm und fahren mit unserem Auto zur Île d’Orléans, einer Insel im Sankt-Lorenz-Strom vor den Toren der Stadt, die für ihre (Eis-)Weingüter bekannt ist und, ähnlich wie die Stadt Québec, sehr europäisch anmuten soll. Zunächst genießen wir aber das von Sandrine liebevoll bereitgestellte Frühstück. Auch wenn es heute wieder etwas frisch und bewölkt ist, werden wir auf der Île d’Orléans nicht enttäuscht. Wir fahren auf der gemütlichen Hauptstraße einmal um die Insel und bestaunen kleinere und größere Anwesen, alles sehr grün, gepflegt und einladend. Ich bin der Meinung, dass wir die Insel nicht verlassen dürfen, ohne eine Weinprobe gemacht zu haben und so biegen wir spontan beim nächstbesten uns zusagenden Gut ab. Auf dem Hof herrscht keine große Action und wir sind gerade dabei uns zu orientieren, da erscheint schon eine Frau, winkt uns heran, bittet uns herein und fragt ob sie uns behilflich sein kann, natürlich auf Französisch. Englisch spricht sie so gut wie keines und so verläuft unsere Unterhaltung zwar etwas abenteuerlich, klappt aber überraschend gut und wir probieren unseren ersten Cidre de Glace, also Eis-Cidre. Daniel ist schon kurz davor, etwas von dem süßen Trunk zu kaufen, weil er sich dazu verpflichtet fühlt, eigentlich schmeckt es uns aber gar nicht so doll und ich kann ihn überzeugen, dass wir diese 25 Dollar doch lieber sparen. Wir bedanken uns bei der Dame und fahren weiter, um kurz darauf an einem weiteren Gut zu halten, welches uns Sandrine empfohlen hat und wo verschiedene Leckereien aus schwarzen Johannisbeeren kreiert werden. Der Empfang verläuft hier wesentlich touristenorientierter ab als beim vorherigen Weingut und wir erhalten erst eine kleine Einführung zum Betrieb und dürfen uns danach durch die verschiedenen flüssigen Köstlichkeiten testen, zu denen uns jeweils ein bisschen was erklärt wird. Unsere Gaumen sind positiv angetan und hier besorgen wir auch ein paar Kleinigkeiten, unter anderem für Sandrine, weil wir uns über ihre Gastlichkeit so freuen.
Montmorency Falls
Anschließend lassen wir die Insel hinter uns und fahren weiter zu den Montmorency Falls. Diese Wasserfälle sind höher als die Niagarafälle, aber nicht annähernd so bekannt, da sehr viel schmaler. Dort angekommen tappen wir erst einmal in eine Touristenfalle. Wir befahren den erstbesten und ausgeschilderten Parkplatz, die Parkgebühr ist sehr saftig und es gibt keine Möglichkeit mehr zu wenden und dann müssen wir auch noch ein Hin- und Rückfahrticket für die Seilbahn erstehen, um zu den Wasserfällen zu kommen, da die Wege aufgrund noch bestehender Winterschäden nicht begehbar sind. Wir ärgern uns, da wir eine Stange Geld blechen müssen und auch lieber gelaufen wären. Wir sind nicht geizig, aber bei einem Jahr als Reisender muss man halt schauen, dass man sich sein Budget so gut es geht einteilt. Zumal wir ja ohnehin eher Traveller als Worker sein wollen. Oben an den Fällen finden wir dann noch heraus, dass wir die Straße einfach etwas weiter hätten hochfahren müssen und es dort weitere, sogar kostenfreie Parkmöglichkeiten gegeben hätte. Sei es drum, wir wollen uns die Stimmung nicht vermiesen lassen und haken die Geschichte, nicht zum letzten Mal während unserer langen Reise, als notwendiges Lehrgeld ab. Entschädigt werden wir dann aber durch die spektakuläre Brücke, welche direkt über den Wasserfall führt und uns nahe an die Grenze unseres Höhenrespekts bringt. Auch die steile Holztreppe, die seitlich am Wasserfall entlangführt, ist ein Erlebnis, wenn auch, genau wie die schöne Parkanlage, aufgrund der Jahreszeit nur teilweise nutzbar.
Nach einem kurzen Zwischenstopp in unserer Unterkunft zum Mittagessen unternehmen wir dann einen ausgedehnten Spaziergang einmal rund um die wunderschöne Altstadt und erkunden die Straßenzüge und Viertel. Wir fühlen uns sehr wohl und sind fast ein bisschen wehmütig, dass wir morgen schon weiterziehen (müssen). Wie schön es wäre, hier etwas länger zu verweilen, vielleicht sogar im Winter. Ich schmeiße sofort den Planungsapparat an, aber der Winter ist noch so weit weg. Erst einmal wollen wir jetzt im Sommer so viel wie möglich vom Land sehen und dann können wir immer noch mal schauen, wohin wir zurück möchten. Der Abschied von Sandrine und Enrique fällt sehr herzlich aus. Superwohl haben wir uns gefühlt, in dieser kleinen und gemütlichen Wohnung.
Altstadt von Québec
Am nächsten Morgen geht es zu unserer nächsten Station in Québec: nach Montréal. Die Autofahrt ist heute entspannend kurz, 250 Kilometer, und unser Navi lenkt uns zuverlässig zu unserer gebuchten Unterkunft. Abermals versuchen wir über AirBnB unser Glück. Unsere Gastgeberin in Montréal hört auf den Namen Myokyo, getauft wurde sie ursprünglich allerdings auf den Namen Judith. Myokyo ist eine große schlanke Frau mit raspelkurzen Haaren, die in Montréal ein Zen Center leitet, in dem u. a. Meditationskurse gegeben werden. Im Zen Center, welches im hippen Stadtteil Plateau liegt, gibt es auch zwei Gästezimmer, die sich ein Bad teilen, und eben diese Zimmer werden via AirBnB vermietet. Das Plateau wird charakterisiert durch viele junge Familien, eine bunte Gastro-Szene, ein Potpourri der verschiedenen Kulturen und sozialen Milieus, und nicht zuletzt Montréals Hausberg, den Mont Royal. Die Meditationen finden morgens und abends statt und in dieser Zeit dürfen wir das Zentrum weder verlassen noch betreten, da man dafür direkt durch den Meditationsraum müsste. Außerdem ist recht strikt jeglicher Verzehr von Fleisch im Gebäude untersagt, verursacht wahrscheinlich schlechte Schwingungen. Da uns all dies im Vorhinein bekannt war, macht es uns aber gar nichts aus. Morgens um 6 Uhr, wenn der erste Kurs stattfindet, schlafen wir in der Regel sowieso noch und abends sind wir dann einfach essen. Wir erhalten von Myokyo bei Ankunft erst einmal einen kleinen Vortrag über die vor Ort zu empfehlenden Speiselokale sowie über die angeblich allerbesten Croissants Montréals, die in der Bäckerei gleich um die Ecke verkauft werden. Sehr gut, die Frau weiß genau, was wir brauchen.
Am ersten Abend probieren wir sofort einen Vorschlag Myokyos aus und kehren, quasi als Hommage an unsere Unterkunft, im veganen Restaurant „Aux Vivre“ ein, essen verrückte und total gesunde Sachen und flanieren anschließend noch etwas durch das Viertel. Wir lassen uns treiben und gelangen in den Park am Fuße des Mont Royal, wo wir zum ersten, und nicht zum letzten Mal, feststellen, wie sportlich die Montréaler sind und wie sehr sie anscheinend die Aktivitäten im Freien genießen nach dem langen und eiskalten Winter. Hier tummeln sich zahlreiche Menschengrüppchen, um sich beim gemeinsamen Baseball-, Tennis-, Football- oder Fußballspiel den Feierabend zu vertreiben. Andere wiederum gehen einfach nur laufen, haben sich zu einem lockeren Zirkeltraining verabredet oder nehmen an einem Open-Air-Salsa-Aerobic-Kurs teil. Uns gefällt das sehr, die Stadt ist auch abends noch lebendig, und was uns vor allem auch noch in den nächsten Tagen positiv auffällt: Französisch und Englisch wird wie selbstverständlich von jedem beinahe stereo und ohne jeglichen Akzent gesprochen. Beide Sprachen sind hier tatsächlich nahezu gleichberechtigt.
Am nächsten Morgen testen wir die empfohlenen „besten Croissants