Ponton-Kids. Siegrid Graunke Gruel

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Ponton-Kids - Siegrid Graunke Gruel

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Kalle sagen und mit einem Klick ist der Herd aus. Tür auf, geht’s los?

      Ja, es geht los! Alle gehen eilig hintereinander hinaus, aber man muss herunterspringen, denn die Stufenleiter ist abmontiert. Es geht hetzend voran, über die Wiese, durch Sträucher und holprige Mulden.

      „Lass – uns – hier abwarten“, prustet Kalle völlig außer Atem und bleibt stehen. „Man kann – von – hier aus alles sehen, aber die – uns nich!“

      „Hm, wo du recht hast, Kalle“, sagt Jonas.

      Nach ein paar Minuten des Schweigens fragt Julia schließlich: „Warum laufen wir denn überhaupt weg? Seid ihr kriminell oder so?“

      Aber ganz entgegen Julias Erwartung bleibt Kalle diesmal cool: „Wir nicht“, sagt er, „höchstens die!“ Im selben Moment klingelt Kalles Handy. „Ja, Kalle hier! – Wo seid ihr? – Aah … Brunsbüttel. – Nee, so weit kann’s noch nich sein! – Weiß noch nich. – Ja, kann sein. – Keine Ahnung! – In ein, zwei Wochen auf jeden Fall. – Alles klar. – Ja, ich melde mich dann, tschau!“

      Aus der Ferne hört man jetzt ein lautes Motorengeräusch und kann erkennen, dass der Polizeiwagen wieder abfährt.

      „Mensch, Alter! Wir haben Glück!“, kommt es jetzt erleichtert aus Kalles Großmaul.

      „Na dann“, sagt Jonas und fummelt an seiner Jacke herum, „können wir ja wieder ins Bett gehen.“ Er geht auch gleich los in die Richtung, aus der sie gekommen sind.

      „Super Idee!“, ruft Kalle aus und setzt sich ebenfalls in Bewegung, immer hinter Jonas her.

      Weil das Ganze jetzt doch irgendwie merkwürdig war und Jonas sie so allein lässt, bleibt Julia einfach stehen, wo sie ist. Ich geh jetzt am besten zu Papa zurück, überlegt sie. Was will ich denn hier überhaupt?

      „Juliaa!“ Jonas’ Stimme tönt laut in ihre Richtung, als er sich nach ihr umdreht. Aber Julia bleibt immer noch wie angewurzelt an ihrem Platz und hebt eine kleine Blüte auf, die da auf dem Boden liegt. „Komm doch jetzt!“, ruft er noch einmal.

      Ja … oh, Joni … Wie weit ist der Weg zurück in deine Arme?, denkt Julia, winkt ihm dann zu und lehnt sich an einen starken Baum. Sofort muss sie Dorothea anrufen! Schnell, damit ihr Vater nichts merkt. Hoffentlich hat er noch nicht.

      „Bewaldt?“, fragt eine Frauenstimme.

      „Hallo, Doro … Ich bin’s, Julia.“

      „Na, mein Mädel, was gibt es denn?“, fragt Dorothea etwas heiser.

      „Ähm“, sagt Julia verlegen, „hat mein Vater bei dir angerufen?“

      Dorothea muss plötzlich stark husten. „Nee, Kind, hier hat niemand angerufen. Wo bist du denn?“

      „Also, ich bin mit meinem Vater gestern Nachmittag zum Campingplatz gefahren. Es ist ein Baum auf unser Wohnmobil gefallen. Na, jedenfalls hab ich dann bei meinem Freund übernachtet …“

      „Bei deinem Freund?“, fragt Dorothea noch mal nach und rollt dabei ordentlich das „r“.

      „Ja, leider.“

      „Ich bin zu Hause“, sagt Dorothea und hustet wieder. „Wenn du Probleme hast, mein Kind, dann komm ruhig her. Nee, angerufen hat hier niemand.“ Dorothea ist schon eine alte Frau, aber herzensgut.

      „Oh, Gott sei Dank! Danke, Doro! Dann ist alles okay. Sag mal, bist du krank?“

      „Nein, Kind, den Husten hab ich doch immer. Gibt es denn was Neues?“

      Ja, natürlich gibt es etwas Neues, aber das kann Julia nicht einfach am Telefon erzählen. Und da vorn wartet Jonas immer noch und blickt zu ihr herüber. Komm doch endlich, Shuli, scheint er zu sagen.

      „Ja, nein, Doro, nichts Neues, aber sagst du bitte zu Papa, falls er noch bei dir anruft, dass ich gestern bei dir übernachtet habe, ja? Bitte, bitte.“

      „Ist gut, Julia. Willst du denn noch herkommen?“

      „Heut nicht, Doro, ein andermal. Aber tausend Dank! Ich meld mich wieder bei dir. Bis bald!“ Dann legt sie auf und geht langsam auf Jonas zu. Als sie bei ihm ankommt, umarmt sie ihn einfach wieder.

      „Du brauchst aber lange …“, sagt Jonas und legt seinen Arm um ihre Schultern. „Ich hab längst Wurzeln geschlagen.“

      Wie männlich er schon ist, denkt Julia sich, obwohl er bestimmt ein bis zwei Jahre jünger ist als ich. Und wie schön es sich an seiner Seite geht.

      Bald sitzen sie wieder zusammen auf den Bänken am Tisch im Wohnmobil und trinken schönen heißen Kaffee, den Kalle gekocht hat. Und Kalle ist jetzt richtig gut gelaunt. Er redet pausenlos, so erleichtert ist er. Auch Jonas ist froh darüber, dass sie bleiben können.

      „Die haben überhaupt nich gemerkt, dass wir da war’n! Gut, dass ich die ganzen Flaschen vorhin noch weggebracht hab. Mensch, Alter! Mensch, Julia! Wir sind gerettet!“

      Ja, so ist’s wohl, und es tut gut, diese Worte von Kalle zu hören, denn jetzt fühlt sich Julia von ihm angenommen. Ja, sie gehört eben dazu!

      Julia erfährt, dass die beiden Jungs aus einer Art Heim abgehauen sind, wo sie die letzten zwei Jahre zusammen verbracht haben. Seit dem letzten Frühjahr sind beide praktisch heimatlos und fanden dann dieses abgestellte, besitzerlose Wohnmobil. Sie waren sozusagen frei.

      „Und was macht ihr sonst so, außer vor der Polizei wegzurennen?“, bemerkt Julia irgendwann und sieht Kalle dabei mutig mit offenen Augen an. „Ich meine, das kann’s doch nicht sein auf Dauer.“

      „Nee, nee, wir machen schon was, Julia“, unterbricht Jonas sie schnell und zwinkert ihr zu. „Oder glaubst du etwa, wir sind bloß Penner?“

      „Wir machen viel“, ergänzt Kalle, „mehr, als sich eine wie du überhaupt vorstellen kann!“

      „Ja? Und was macht ihr?“, will Julia wissen.

      Kalles Gesichtszüge bekommen wieder dunkle Wolken. „Sach am besten gar nichts!“, wettert er los und sieht zu Jonas hinüber, der neben Julia auf der anderen Bank sitzt. „Das is das Beste. Mädels wie die müssen gar nichts wissen!“

      Doch Jonas ergreift für Julia Partei und legt sofort sanft seinen Arm um sie. „Wieso ‚Mädels wie die‘?“

      „Dann eben Campingplatz-Teeny! Sie is n Campingplatz-Teeny, sonst nichts. Vergiss das mal nich, auch wenn du verliebt bist, Alter. Also muss sie nichts wissen.“

      „Gut“, sagt Jonas nach einem Moment und lässt seinen Arm plötzlich schwer auf Julias Schultern fallen, während er sie mit einem warnenden, verschwiegenen Blick aus den Augenwinkeln ansieht.

      „Alles klar, Kalle. Sie möchte auch gar nichts mehr von uns wissen, richtig, Julia?“

      „Nö … nicht unbedingt“, sagt sie leise, denn sie versteht sein Zeichen, mit der Fragerei aufzuhören.

      „Dann is gut“, sagt Kalle, wieder friedlicher gestimmt, und zu Julia gewandt: „Du musst doch sowieso wieder los, oder wie sieht’s aus? Deine Alten vermissen dich

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