Kampf mit den Tloxi. Matthias Falke

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Kampf mit den Tloxi - Matthias Falke

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stöhnte ich. »Es dauert Jahre, das alles zu erkunden.«

      »Ich denke, dass sich die strategisch interessanten Anlagen auf den Äquator und die Umgebung der Hauptstadt konzentrieren«, sagte Jennifer. »Im Übrigen kontrollieren wir den Orbit.«

      Ich nickte. Aber schon damals war es uns äußerst schwergefallen, die Anlagen aufzuspüren, selbst mit Satellitenunterstützung. Alles, was tiefer als dreißig oder vierzig Meter im Wasser lag, war auch aus dem Orbit nur schwer zu orten.

      »Ein seismisches Profil des Planeten wäre hilfreich«, dachte ich laut nach.

      »Dazu müsste man ihn bombardieren«, sagte Jennifer.

      »Wir sind sowieso gerade dabei.« Ich sah sie an. »Aber wenn wir nun wissen, wonach wir suchen, genügt auch ein kleines Kaliber, irgendwo weit draußen im Ozean.«

      »Hier sind wir jedenfalls nicht sicher.«

      Mit gemischten Gefühlen sahen wir zu, wie die Sanitäter mit den beiden Verletzten aus der Elevatorkanzel kamen. Die Männer hatten Verbrennungen an den Armen erlitten, als der Spannungsrückschlag ihren Feldgenerator krepieren ließ. Außerdem standen sie unter Schock.

      »Wohin mit Ihnen?« Der Chef der San-Staffel sah mich fragend an.

      »Ins Basement«, sagte ich nach kurzem Überlegen.

      Ich hatte gesehen, dass Rogers seine Siebensachen zusammenpackte und auf den Tower der Nationalbank zumarschierte. Seinen Gefechtsstand in den Fundamenten eines Gebäudes zu errichten, wo zweihundert Stockwerke über seinem Kopf noch gekämpft wurde, das war eine Sache nach seinem Geschmack. Und warum nicht?

      »Die Vorhalle und die Basis sind gesichert«, sagte ich. »Auch die ersten einhundert Etagen, soweit ich das von hier aus beurteilen kann. Richten wir dort einen Verbandsplatz und eine neue Zentrale ein.«

      Wir betraten die Nationalbank von Sin Pur über den Haupteingang. Von dem fünf Stockwerke hohen Portal aus musanischem Marmor waren mächtige Brocken heruntergebrochen. Die Glastüren, die einst in den steinernen Bogen eingelassen waren, existierten nicht mehr. Die Aufhängung einer Drehtür baumelte noch lose in ihrem Lager, ein flügellahmer Ventilator. Überall ragten Kabel der ehemaligen Sicherheitselektronik ins Leere. Wir schritten über das Chaos aus Splittern und Fetzen hinweg und passierten das Kraftfeld, das anstelle der alten Eingangsüberwachung installiert worden war. Es registrierte automatisch unsere IDs und ließ uns durch. Wären wir nicht Offiziere der Union gewesen, hätte es uns ohne Vorwarnung zu Asche verbrannt.

      In der Vorhalle erwartete uns ein breughelsches Höllengemälde. Überall lagen Verwundete herum. Die beiden Aerosolbomben und der mit Überschallgeschwindigkeit über den Platz peitschende Hagel aus Glasscherben hatten ganze Arbeit geleistet. Die Soldaten waren verbrannt, durchsiebt, ihrer Gliedmaßen beraubt, zur Unkenntlichkeit verstümmelt. Die wenigen Sanitäter taten, was sie konnten. In Lachen aus Blut und Erbrochenem watend, setzen sie in fast fließbandartiger Routine Betäubungsinjektionen, um wenigstens das ohrenzerfetzende Gebrüll der Verletzten zu dämpfen. Doch ständig schleppten sich neue Opfer herein oder wurden von ihren traumatisierten Kameraden in die Halle geschleift. Die Handvoll Ärzte und Pfleger waren hoffnungslos überfordert. Jennifer griff sich aufs Geratewohl eine Injektionspistole, lud sie mit dem Anästhetikum, das sich auf vielen Kriegsschauplätzen bewährt hatte, und ging dann mit leerer Miene von einem Verwundeten zum anderen. Im Sekundentakt war das charakteristische Zischen zu hören, mit dem die Morphine wieder einen, der sich die Seele aus dem Leib schrie, von seinen Qualen erlöste. Vorläufig. Denn was mit all den Leuten passieren sollte, wenn sie in ein paar Stunden wieder zu sich kamen, war im Augenblick nicht zu sagen.

      General Rogers hatte keinen Blick an das Desaster verschwendet. In Begleitung seines zusammengeschmolzenen Stabes stiefelte er nach hinten in die einstige Lobby des Instituts. Im Schatten des mächtigen Nordpfeilers, der die gewaltige Fassade des Turmes trug und der Schutz gegen Beschuss von außen bot, schlug er einen neuen Befehlsstand auf. Ein hochgewachsener Offizier baute sich vor ihm auf und machte Meldung. Ich war zu weit entfernt, um sein Namensschild zu sehen oder seine Worte zu verstehen, aber es konnte nur Colonel Tariq sein, der Oberkommandierende der Bodentruppen. Er und Rogers begannen, aufeinander einzubrüllen. Der Colonel war einen Kopf größer als der untersetzte General, aber an Stimmgewalt waren sie einander ebenbürtig.

      Ich beschloss, mich vorerst um den Aufbau des Verbandsplatzes zu kümmern. Der leitende Arzt des Sanitätsteams hatte mich schon entdeckt. Sein weißer Kittel sah wie die Schürze eines Metzgers aus. Auch er hatte eine Injektionspistole in der Hand, mit der er unkontrolliert herumfuchtelte.

      »Nehmen Sie Haltung an und machen Sie Meldung!«, sagte ich. Alles konnten wir jetzt brauchen, aber keine Führungsoffiziere, die den Kopf verloren.

      Er holte tief Luft und riss sich zusammen.

      »Conrad Draeger«, sagte er dann, den Blick fest auf meine Brusttasche geheftet, die ihn darüber informierte, wer vor ihm stand. »Stabsarzt.« Er knirschte mit den Zähnen. »Bei allem Respekt, Sir, aber so eine Sauerei habe ich noch nicht erlebt!«

      Ich verkniff mir die Frage, was er überhaupt schon erlebt hatte. Aber er las mir anscheinend von der Stirn ab, was ich hatte entgegnen wollen.

      »Ich habe den Vormarsch in Sina City begleitet. Ich bin wahrlich kein Greenhorn und ich verliere auch nicht gleich die Nerven. Aber das hier …« Er ließ eine Geste der Ohnmacht über die Ansammlung von Schwerverletzten gleiten, die allmählich zur Ruhe kamen.

      Jennifer drückte einem der Sanitäter die Injektionspistole in die Hand und kam zu uns herüber. Ihre Miene war leer, traurig und unvorstellbar müde. Draeger nickte ihr respektvoll zu. Sie bedachte ihn mit einem abwesenden Blick. Dann sah sie mich mit einer Skepsis an, die mich frösteln ließ.

      »Wir sind hier, um Ihnen zu helfen«, sagte ich rasch. »Machen Sie eine Aufstellung, was Sie brauchen. Dann werden wir es umgehend anfordern und unverzüglich nach unten bringen. Das Mutterschiff …«

      Ich kam nicht dazu, den Satz zu beenden. Draußen wurde wieder Alarm gegeben.

      »Was wir brauchen«, äffte der Stabsarzt. Sein Ton lavierte hart am Rand zur Insubordination. »Alles brauchen wir. Alles! Es ist von allem zu wenig da.«

      Er verstummte und lauschte auf die Sirenen. Irgendwo schien wieder ein feindlicher Flieger im Anflug zu sein.

      »Vor allem würde mich interessieren, wer dieses Himmelfahrtskommando angeordnet hat.«

      »Das ist nun nicht Ihr Problem«, sagte ich.

      »Und ob es mein Problem ist!« Er wischte sich mit der blutbefleckten Hand über das Gesicht. »Ich muss die Schweinerei schließlich zusammenkehren, die dabei entsteht.«

      »Reißen Sie sich zusammen, Mann!« Ich sah ihm fest in die Augen. »Eine Aufstellung, was Sie benötigen, nach Prioritäten gestaffelt, und wir werden sehen, was wir für Sie tun können.«

      Er zwang sich, meinem Blick standzuhalten, auch wenn seine Lider flatterten und seine Augen immer wieder seitlich ausbrechen wollten.

      »Wir sollten hier lieber weggehen«, sagte Jennifer leise.

      Sie zog uns ein paar Meter tiefer in die Halle hinein.

      Soldaten brüllten Kommandos. Die Kraftfelder, die die zerstörte Glasfront ersetzten, knisterten, als ihre Leistung bis zum Anschlag hochgefahren wurde. Dann war wieder das nervenzermahlende Röhren einer Turbine zu hören. Die Abwehrgeschütze

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