Udine. Evelyn Rupperti

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Udine - Evelyn Rupperti

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Bürgerstände ihnen zusetzten.

      Steile Karriere mit den Patriarchen Damit kommt Udine erstmals in größerem Stile geschichtlich ins Rennen, denn seit der Patriarch Berthold von Andechs die Vorzüge des zentral gelegenen Ortes für sich entdeckt hatte, pflegten die edlen Herren vorwiegend in Udine zu residieren. 1245 erhielt Udine in der Folge das Stadt- und Marktrecht und mauserte sich langsam zu einer nennenswerten Größe. Der Marktplatz wanderte damals vom Mercato Vecchio zum Mercato Nuovo, der heutigen Piazza Matteotti.

      Jetzt begann Udines Stern richtig zu funkeln: Die Bedeutung, die einst Aquileia und Cividale hatten, ging nun an die Stadt inmitten der Tiefebene über – sie wurde das politische, wirtschaftliche und kirchliche Zentrum des Patriarchenstaates.

      Sie zog im Soge der zahlreichen deutschstämmigen Patriarchen ebenso zahlreiche deutschstämmige Bürger an, die Udine auf Deutsch Weiden nannten, und die Stadt wuchs rasch. Die Besiedelung rund um den neuen Marktplatz wurde dichter und erweiterter Schutz war vonnöten, den ein neu erbauter Mauerring und ein Kanal bieten sollten. Die Mauer ist im Laufe der Zeit verschwunden, doch den Bewässerungskanal, Teil des Rogge-Systems, gibt es immer noch.

      Zu den wichtigsten Verbündeten der Patriarchen gehörte die Feudalherrenfamilie der Savorgnan, die nicht zuletzt aufgrund ihrer guten Beziehungen landesweit eine wichtige Rolle spielte und sich als eigentliche Herrscher über Udine etablierte.

      Eine fruchtbare, wirtschaftlich erfolgreiche Phase für den sogenannten Patriarchenstaat und die Stadt Udine folgte. Eine der Hauptfiguren dieser Zeit war der mächtige Patriarch Bertrand de Saint-Geniès. In seiner 16-jährigen Herrschaft (1334 – 1350) gelang es ihm nicht nur, die Görzer Grafen wieder aus Cividale zu werfen, er schuf auch gute Beziehungen zu Österreich und Venedig und reformierte das Land. So groß muss der Wohlstand gewesen sein, dass man es für nötig hielt, ein eigenes Gesetz zu erlassen, das „übertriebenen Schmuck sowohl bei Männern als auch bei Frauen“ verbot.

      Patriarchenmord und blutige Rache Aber der Teufel schläft nicht, und trotz üppig gedeckter Tische und voller Schatzkammern schwelten Eifersucht und Machtgier: Cividale und Aquileia gönnten Udine den Glanz einer Residenzstadt nicht, und friulanische Adelsfamilien den einflussreichen Savorgnans nicht die Machtfülle, über die sie verfügten. Und so organisierten die Grafen von Görz gemeinsam mit Bürgervertretern von Cividale die Ermordung des damals schon 90-jährigen Patriarchen in einem hinterhältigen Überfall, als dieser von Sacile nach Udine zurückritt. Er muss für sein Alter erstaunlich fit gewesen sein, wenn er in greisem Alter noch eine derart anstrengende Reise zu Pferd unternehmen konnte! Immerhin ist die liebliche Stadt im Westen Friauls an die 60 Kilometer Luftlinie von Udine entfernt. Und von den damaligen Straßenverhältnissen ganz zu schweigen.

      Bertrands Leben fand auf dieser Reise jedenfalls sein Ende, aber auch die Attentäter hatten sich damit keinen Gefallen getan, rächte doch sein Nachfolger Nikolaus von Luxemburg die Untat mit den grausamsten verfügbaren Methoden – dazu gehörten Spezialitäten wie Vierteilen und Aufspießen der Köpfe an Udines Toren.

      Die Venezianer kommen, um zu bleiben Besagter Nikolaus war der letzte Patriarch, unter dem die Beziehungen zu den Habsburgern noch gut waren – bald danach avancierte das österreichische Herrschergeschlecht zu den Hauptgegnern der neuen Patriarchengeneration. Doch da waren auch die Venezianer, die ihr Scherflein an Macht und Land haben wollten, dazu eifersüchtige Städte, gieriger Adel und aufmüpfige Bürger. Als sich die Patriarchen in Udine in einem Konflikt zwischen Venedig und Ungarn auf die Seite des ungarischen Königs Sigismund schlugen, war es vorbei mit der patriarchalischen Herrlichkeit, denn die Serenissima ließ sich diesen willkommenen Anlass nicht entgehen: Die venezianischen Truppen marschierten in Friaul ein. Udine ergab sich 1420 als letzte Bastion. Von nun an herrschte der Luogotenente, der Statthalter Venedigs, über Udine und Friaul, und die Macht der Patriarchen war zumindest empfindlich eingeschränkt.

      Friede gab’s deswegen aber noch lange nicht – dafür sorgten die Türken, die im 15. Jh. mit ihren Reiterhorden durch Friaul fegten, wie einst der grausame Attila. Sie hinterließen verwüstete Landschaften und zerstörte Dörfer, die Bewohner wurden getötet oder verschleppt, das Vieh geraubt, die Häuser niedergebrannt.

      In Zeiten wie diesen war starke Befestigung oberstes Gebot, und nachdem Udine weiter wuchs und die Grenzen seines Verteidigungsringes schon wieder sprengte, war 1492 wiederum ein neuer, erweiterter Mauerring angesagt, der nun auch den Dombezirk und die Vorstädte Poscolle, Grazzano und San Cristoforo mitsamt ihren Äckern einschloss.

      Erst im 19. Jh. wurde die letzte Stadtmauer mit ihren insgesamt dreizehn Toren endgültig abgerissen – nur die Porta Aquileia (am Ende der Via Aquileia, heute standesgemäßer Sitz des Konsortiums der historischen Burgen Friauls) und die Porta Villalta im Westen, am Piazzale Cavedalis, geben noch Zeugnis von diesem äußersten Ring.

      Den Habsburgern waren die Expansionsgelüste der Venezianer schon lange ein Dorn im Auge. Mithilfe einer starken Allianz mit Franzosen, Engländern, Spaniern und sogar dem Papst gelang es ihnen, den machthungrigen Vertretern der Serenissima einen Schuss vor den Bug zu versetzen. Immerhin verhandelten die unterlegenen Venezianer geschickt genug, um nach Ende des Krieges 1514 die alten Patriarchengebiete westlich des Flusses Iudrio (in der Nähe von Cormòns) zu behalten. Udine blieb also venezianisch.

      1511: Grausamer Karneval und großes Erdbeben Ein blutiger Bürgerkrieg im Jahr 1511 ging als sogenannter Crudel Zobia Grassa (ital. Crudele Giovedì Grasso, „Grausamer Fetter Donnerstag") in die Geschichte ein, er wälzte sich von Udine aus über ganz Friaul. Darauf folgte später im Jahr das große Erdbeben, dazu Feuer und schließlich die Pest, was die Situation der ohnehin armen Bevölkerung weiter verschlimmerte.

      Ungewöhnliche 100 Jahre bleiben danach friedlich, ehe die Venezianer 1615 von den Habsburgern vorsorglich nochmals eine militärische Schlappe verpasst bekamen. Damit festigten die Habsburger zwar ihre Herrschaft über den östlichen Teil des Friaul, viel änderte sich damit aber nicht. Für Udine waren also eine lange Zeit, nämlich 380 Jahre hindurch, die Venezianer zuständig. Die Stadt gewann sogar noch an Bedeutung, als die einflussreiche Diözese Aquileia aufgeteilt wurde, um die es ständig Reibereien gab. Der Papst schuf auf Betreiben der Habsburger 1751 stattdessen zwei neue Erzbistümer, nämlich Görz für den habsburgischen Teil und Udine für den venezianischen, was dem Status der beiden Städte nicht gerade abträglich war.

      Chaos im Lande und Turbulenzen im Parlament Die Machtverhältnisse im Friaul waren unter venezianischer Herrschaft kompliziert wie eh und je, das Land war zersplittert in kleine und kleinste Territorien mit unterschiedlichen Rechtsprechungen und Gerichtsbarkeiten. Die Lage war chaotisch und unübersichtlich – allein: Venedig machte keine Anstalten, durchzugreifen. Sechzig oder siebzig Familien, die großteils aus dem Norden stammten, hatten damals im Friaul das Sagen. Wie es im Parlamentssaal des Castellos bei den alljährlichen Zusammentreffen zugegangen sein muss, lässt uns die Schilderung des Schriftstellers Ippolito Nievo erahnen, der in „Bekenntnisse eines Italieners“ aus 1867 ein turbulentes Bild davon zeichnete. Zahlreiche Geschlechter übten auf den ihnen unterstellten Gebieten uneingeschränkte Gerichtsbarkeit nach dem eigenen Rechtsverständnis aus, dazu kamen die Abgeordneten der freien Gemeinden und schließlich die Vertreter des Bauernstandes, die sich allesamt einmal im Jahr unter dem Luogotenente, dem venezianischen Statthalter, hier trafen. Es war dies nicht zufällig der 11. August, an dem der Markt des heiligen Laurentius abgehalten wurde, der einen willkommen Anlass für Handel und Kurzweil aller Art bot. Schließlich wollten die hohen Herren nicht nur beraten, sondern sich wohl auch vergnügen. Die Beratungen selbst kann man getrost als Farce bezeichnen – war doch alles von Wichtigkeit schon im Vorfeld entschieden und Privat- und Feudalrechte der Herren selbst wurden ohnehin

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