Die kulturelle Unterscheidung. Wolfgang Fritz Haug

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Die kulturelle Unterscheidung - Wolfgang Fritz Haug

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die bürgerlich-kapitalistische Moderne nicht von der Kultur. Gerade weil sie aus ihrem Kerngeschäft das Kulturelle als Autonomes verbannt, wies sie ihm eine eigene Sphäre zu, in der sie ihre Ideale hegte und sich geschichtlich legitimierte. Das macht verständlich, wieso diese illusionäre Form, in welcher der Kommerz sein idealisches Gegenteil unter dem Namen Kultur als sein Wesen vorschiebt, dessen kritischen Anspruch nicht völlig ersticken könnte, ohne es um seine Wirkung zu bringen. Es wirkt nur, solange der Anspruch aufrechterhalten bleibt, dass es um seiner selbst willen an die höchste Stelle gerückt und ein Kult darum betrieben werde.

      Die bürgerliche Gesellschaft bringt es nicht zu dem Gedanken, dass sie selbst das Problem ist, sondern stellt sich Kultur vor als »Gegensatz zu all dem, was der Reproduktion des materiellen Lebens, überhaupt der buchstäblichen Selbsterhaltung der Menschen dient, der Erhaltung ihres bloßen Daseins«. Adorno, von dem diese noch in der Negation des Bürgerlichen von eben diesem geprägte überallgemeine Formel stammt (Kultur und Verwaltung, 123), kommt daher zu dem Schluss, Kultur sei »überhaupt misslungen« (141). Doch das meint ›Kultur‹ als von den nicht-kulturellen Mächten kolonisierte Illusion. Im Untergrund bleiben Widerstand und Genuss, Kritik und Utopie ihre komplementären Seelen.

      Von der Illusion zur Utopie und von dieser über den praktisch-geschichtlichen Entwurf zum Verwirklichungsversuch mag es je ein großer Schritt sein, aber eben doch nur ein Schritt. Dann ist die Illusion, in der eine herrschende Klasse sich über sich selbst täuscht, mit Wahrheit und möglicher Wirklichkeit geladen. Das macht das wie immer verschwommen unter ›Kultur‹ Intendierte zu etwas unabschließbar Umkämpften.

      II.

      Wer das Andere will, muss

       von der Immanenz der Kultur ausgehen,

       um sie zu durchschlagen.

      Die schlichte Frage, was das ist, was Kultur genannt wird, ist im Zuge der Verabschiedung der Metaphysik und ihres unhistorischen Wesensdenkens in Verruf gekommen. Man hat sie durch die Frage ersetzt: »Was meinen wir, wenn wir ›Kultur‹ sagen?« Doch wenn der Gedanke nicht vom Meinen zu den tatsächlichen Verhältnissen und zum konkreten Verhalten in diesen vordringt, liefert er sich den Mächten aus, die das kulturelle Feld kolonisiert haben, und bietet der Welt das Schauspiel einer Kulturwissenschaft ohne Kulturbegriff.

      Wenn nun aber die ›Kultur‹ ein Feld der Interferenz und des Ringens heterogener Mächte ist, dann zieht sich das »Interesse der Freiheit« (Hegel) in die Frage zusammen, was denn nun das originär Kulturelle an der Kultur ist. Unser Standpunkt kann mithin nicht der »Standpunkt der fertigen Phänomene« (Marx) sein. Das bringt uns in Konflikt mit Positionen, die ihre Kategorien unkritisch den herrschenden Verhältnissen entnehmen und das Überdeterminierte en bloc für die kulturelle Sache selbst halten.

      Es bleibt

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