Der bürgerliche Staat. Группа авторов
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e)
Die Entstehung von demokratischen Staaten beruht darauf, dass zwischen Klassen mit gegensätzlichen Interessen eine Gemeinsamkeit existiert hat: ein Staat war für beide nützlich, der die Rücksichtnahme auf die eigenen Notwendigkeiten bei anderen erzwingt. Die Einheit zwischen Bourgeoisie und Proletariat war eine negative – sie richtete sich gegen einen Staat, der sich zum Werkzeug einer unproduktiven Klasse machte; in Amerika direkt Schaffung einer Obrigkeit.
f)
Die Verherrlichung der Demokratie hat mit ihrer Erklärung nichts zu tun, und sie bedient sich gewöhnlich des Verweises auf Vorteile, die nicht all zu vielen Bürgern zuteil werden; bei der Überlegung, wie sie zu verteidigen ist, ist man ohnehin nicht zimperlich. Ein Lob der Demokratie kommt am ehesten noch über einen „Vergleich“ mit zeitlich (alle Phasen der Erdgeschichte!) oder örtlich (Hinterindien!) entrückten Zuständen zustande – wobei jegliche Kritik durch den Hinweis auf Schlimmeres für verfehlt erklärt wird. Meint man es mit dem Vergleich der bürgerlichen Demokratie mit vorherigen Verhältnissen ernst, so wird man im Fortschritt – Anerkennung des (abstrakt) freien Willens, Abschaffung persönlicher Abhängigkeitsverhältnisse etc. – auch den Zwang entdecken, dem insbesondere die große Hälfte der freien Bürger da unterworfen wird: dass alle Freiheiten nur soweit reichen, wie der Staat es zulässt, also ihre Einschränkung institutionalisiert wurde, ja dass mit ihrer Brauchbarkeit ihre Berechtigung steht und fällt. Hierher gehören die beliebten Interpretationen des demokratischen Auftrags, an denen neben Journalisten vor allem die Revisionisten inner- und außerakademisch rege teilnehmen; bei der Bewährung der einschlägigen Deutungskünste spielt das Hin und Her zwischen Anspruch und Wirklichkeit eine gewaltige Rolle – zu viel oder zu wenig Demokratie wagen, erkämpfen, leben ...
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§ 4
Recht – Schutz von Person & Eigentum – Moral
Die legitime Gewalt des Staates unterwirft die Bürger dem Gesetz. Der Staat verschafft dem Recht Geltung und zwingt sie dadurch zur wechselseitigen Anerkennung ihres freien Willens. Die Rechtspflege sorgt für den Schutz von Person und Eigentum sowie für die Souveränität des Staates. Sie erhält die Konkurrenz, indem sie die Freiheit der Privatsubjekte von der Übereinstimmung ihrer Handlungen mit dem Recht abhängig macht. Der Staat beurteilt alles, was die Bürger tun, danach, ob es dem Gesetz entspricht, und verleiht seinem Urteil Gültigkeit, indem er das verletzte Recht wiederherstellt. Durch die Macht des Staates ist den Handlungen der Bürger das Gesetz immanent, so dass die Bürger dessen Gebote als sittlichen Maßstab anerkennen, den sie an sich selbst und an andere anlegen: Moral.
a)
Wenn der Staat den freien Bürger, seine Persönlichkeit und sein Eigentum schützt, indem er ihn beschränkt, dann beruht er nicht nur auf den Kollisionen der Konkurrenz; die Erhaltung der Gesellschaft, in der die Vermehrung von Eigentum, die Erweiterung der Sphäre persönlicher Freiheit, andere von der Teilhabe am gesellschaftlichen Reichtum ausschließt, bildet auch den einzigen Zweck des bürgerlichen Staates. Indem er seine Gewalt dafür einsetzt, dass von keiner Seite Übergriffe auf die Person und das ihr gehörige Eigentum stattfinden, sorgt er für die Bewahrung der Unterschiede, die er im ökonomischen Leben vorfindet, und für eine Austragung der darin enthaltenen Gegensätze, deren Resultat von vornherein feststeht. dass die gleiche Behandlung der mit unterschiedlichen Mitteln ausgestatteten Kontrahenten die beste Gewähr dafür bietet, dass die Ungleichheit fortbesteht und wächst, will den Fanatikern der Gleichheit nicht in den Kopf. In der Gleichheit sehen sie kein Gewaltverhältnis, sondern ein Ideal, an dem sie die gesellschaftlichen Unterschiede messen.
b)
Die Praktizierung dieses Ideals, die sich der Staat angelegen sein lässt, ist im Gegensatz zu solchen Auffassungen kein Unrecht, sondern der Rechtszustand. Durch den Vergleich der Handlungen von Privatpersonen mit dem Inhalt des Gesetzes erreicht der Staat, dass die Freiheit des einzelnen am Eigentum des anderen aufhört. So unterscheidet sich das Urteil im Recht wesentlich von dem in der Wissenschaft. Während das Urteil der Wissenschaft die Theorie über einen Gegenstand, seine Erklärung, darstellt, als Gedanken festhält, was er ist , hat das juristische Urteil mit der Erklärung der Handlungen, die es betrifft, nichts gemein. Was Recht ist, beschäftigt den Juristen überhaupt nicht – er weiß, dass es das Recht gibt in Form von Gesetzen, die sich nicht wissenschaftlichen Anstrengungen, sondern Gesetzgebungsakten der Staatsgewalt verdanken; und er hat nur ein Anliegen: die Handlungen der Staatsbürger daraufhin zu untersuchen, ob sie dem geltenden Gesetz ent- oder widersprechen, und durch seine theoretische Subsumtion von „Fällen“ unter das Gesetz deren praktische Subsumtion vorzubereiten. Seine Urteile sind kein Wissen, sondern Vergleiche, Abstraktionen vom konkreten Inhalt der Handlungen durch ihre Beziehung aufs Recht, denen durch gewaltsames Vorgehen gegen die Individualität objektive Geltung verschafft wird: Polizei und Justiz.
c)
Mit dem Schutz von Person und Eigentum sichert der Staat dem einzelnen eine Sphäre der Freiheit, die ihm bei der Verfolgung seiner besonderen Anliegen Grenzen setzt. Die Betätigung des freien Willens ist abhängig vom freien Willen anderer; sie wird daher rechtlich geregelt, der Staat schreibt den Bürgern die Form vor, in der sie miteinander zu verkehren haben. Die Realisierung ihrer privaten Interessen ist ihr Recht, d.h. unter der Bedingung gestattet, dass sie dem Gesetz nicht widerspricht. Der Staat setzt sein Gewaltmonopol dafür ein, dass die Kollisionen zwischen den Interessen in der Gesellschaft ohne Gewalt ausgetragen werden: die Unterwerfung aller Handlungen unter das Gesetz ist die Grundlage für die bürgerliche Definition der Gewalt als unrechtmäßiger Handlung, die manch staatstreuem Zeitgenossen die kapitalistische Gesellschaft als Idylle erscheinen lässt. Vor lauter Freude über das Gewaltmonopol des Staates vergisst der bourgeoise Verstand leicht, dass in der Geltung des Gesetzes die Abwicklung aller Geschäfte die Unterwerfung unter die Staatsgewalt einschließt, das Interesse an Freiheit auch eines an Gewalt ist.
1 Im Zivilrecht bestimmt der Staat die Beziehungen der voneinander abhängigen Privatpersonen aufeinander. Er setzt Normen für die Handlungen fest, die aus der Betätigung der Freiheit der Person und der Nutzung des Eigentums erwachsen. Er bestimmt – die Bedingungen, unter welchen jemand als Rechtssubjekt gilt und als solches Rechtsgeschäfte abschließen kann, d.h. wann und wieweit der Wille eines Menschen von anderen respektiert werden muss, was also in der bürgerlichen Gesellschaft nicht zu den Selbstverständlichkeiten zählt: Personenrecht;die Abwicklung von Rechtsgeschäften, ihre verschiedenen Arten, den Modus ihrer Durchführung sowie ihre Konsequenzen: weil die Privatsubjekte bei ihren Geschäften mit anderen nur ihren Nutzen im Auge haben, muss der Staat ihnen die Grundform rechtlichen Verkehrs, den Vertrag aufherrschen, und zwar durch penibelste Vorschriften bezüglich aller zum Vertrag gehörigen Momente. Das Gesetz definiert, was als Willensäußerung gilt, wann eine Willensäußerung gültig ist, was diese Gültigkeit impliziert (Schuldleistung) und wie das Leistungsversprechen einzulösen ist – und weil jeder Kontrahent dem anderen nur Mittel für den eigenen Vorteil ist, muss der Staat auch dafür sorgen, dass seine Bürger nicht über Gegenstände und Leistungen kontrahieren,