Der Geschichten-Adventskalender. Angelika Röbel

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Der Geschichten-Adventskalender - Angelika Röbel страница 5

Der Geschichten-Adventskalender - Angelika Röbel

Скачать книгу

Ich fühle genau, dass er mit dir etwas Besonders vorhat.“

      Oh, wie hat dieses Gespräch unserem kleinen Tannenbaum gefallen! Richtig stolz war er, ja, glücklich und stolz. Er hatte wieder neuen Mut und Hoffnung von seinem Freund, dem alten Tannenbaum, geschöpft. Glücklich und zufrieden wuchs das Bäumchen weiter.

      Die Jahreszeiten wechselten sich im gewohnten Rhythmus ab. Als der Herbst – der Malermann – mit seinen Farbtöpfen im Wald spazieren ging, um die Blätter bunt zu färben, kam auch wieder der Förster den kleinen Tannenbaum besuchen. Eine Hand hatte er auf dem Rücken liegen und mit der anderen fuhr er sich nachdenklich durch den dichten, grauen Bart. Er lief um den Tannenbaum herum, betrachtete ihn und machte sich Notizen.

      Es vergingen wieder einige Wochen. Der Winter hatte mit einem gewaltigen Sturm alles unter einer dichten, weißen Schneedecke versteckt und unser Tannenbaum wurde immer trauriger.

      „Hast du Kummer?“, fragte die große alte Tanne.

      „Ja. Mich holt wieder keiner. Morgen ist Heiligabend und ich stehe immer noch hier. Dort drüben in der alten Schonung haben die Menschen bereits so viele Bäume geholt, aber mich hier am Rand sieht keiner.“

      Wie nur konnte er seinen kleinen Freund trösten, gingen ihm doch ähnliche Gedanken durch die Baumkrone? Er verstand es selbst nicht.

      Am nächsten Mittag jedoch hörte der große alte Tannenbaum schwere Schritte durch den hohen Schnee stapfen. Er sah den Förster kommen und in seinen Händen trug er ein Beil und eine Säge. „He, Kleiner, ich glaube, dein großer Traum geht endlich in Erfüllung! Schau mal, wer dort geradewegs auf dich zukommt!“

      Im dichten Flockenwirbel blieb der Förster tatsächlich vor dem kleinen Tannenbaum stehen. Er fasste ihn am Stamm und schüttelte die Schneelast von den Zweigen. „Du bist der allerschönste Tannenbaum im ganzen Wald!“, sagte er liebevoll. „Hab keine Angst, was ich jetzt mit dir mache, wird nicht wehtun.“ Sicher hätte er das nicht gesagt, wenn er gewusst hätte, wie lange sich der kleine Tannenbaum schon darauf freute.

      Mit den Händen machte der Förster den hohen Schnee am unteren Ende des Stammes weg und setzte zielgenau die Säge an. Durch das Quietschen der Säge erschraken zwei neugierige Eichhörnchen, die blitzschnell den Stamm der großen alten Tanne hinaufkletterten, um dort Schutz zu suchen.

      „Mach’s gut, mein kleiner Freund, wir sind alle stolz auf dich! Von klein auf hattest du deinen Traum und nun endlich geht er in Erfüllung. Wenn der Förster dich selbst nimmt, dann können wir uns sehen, denn er lässt in der Weihnachtszeit immer seine Fensterläden offen.“

      Ein bisschen schmerzte der Abschied schon. Aber als der Förster den Tannenbaum auf seine Schultern legte und sich auf den Heimweg machte, war der kleine Tannenbaum nur noch glücklich.

      Im Haus des Försters angekommen, wurde das Bäumchen in eine Halterung gesteckt und mit zwei Schrauben befestigt. Diese Halterung war in diesem Jahr etwas ganz Besonderes. Es war nicht nur eine gewöhnliche Christbaumhalterung, sondern ein Ständer mit einer integrierten Spieluhr. Der Förster hatte sie erst vor wenigen Wochen auf dem Trödelmarkt erworben. Nun stand das Bäumchen kerzengerade im Wohnzimmer und wurde liebevoll mit allerlei Figuren aus Holz, Glas und Süßigkeiten geschmückt. Die Frau des Försters gab sich auch in diesem Jahr wieder viel Mühe. Sogar die kleinen Engel hängte sie an die Zweige. Auf die Spitze steckte sie einen Stern aus Stroh. Und zum Schluss kamen auf die kräftigsten Zweige rote Kerzen, die dann angezündet wurden. Der Förster zog die Spieluhr im Baumständer auf und der Christbaum begann sich ganz langsam zu drehen. „Stille Nacht, heilige Nacht“ ertönte es mit lieblichem Klang. Die Tür wurde geöffnet und gleich darauf erschienen Kinder, die den wunderschönen Christbaum bestaunten. Als das Lied zu Ende war, erklang die Melodie von „O du fröhliche“. Alle sangen mit. Und genau so, wie es der große alte Tannenbaum erzählt hatte, ließ der Förster die Fensterläden auf und er konnte hinüber zum Waldrand sehen, wo die alten Tannen standen und sehnsüchtig zu ihm durch das Fenster blickten.

      Wenn der alte Tannenbaum genau lauschte, konnte er die Weihnachtslieder hören. Und ganz leise, aber dennoch hörbar, vernahm er auch die Melodie aus der Spieluhr. Der alte Tannenbaum seufzte und sagte ein wenig wehmütig zu den anderen: „Ja, der Kleine konnte seinen Traum verwirklichen! Aus ihm ist etwas geworden. Wir können wirklich stolz auf ihn sein!“

      So träumten jedes Jahr aufs Neue alle Tannenbäume im Wald davon, einmal ein Christbaum zu sein, liebevoll geschmückt und bewundert zu werden. Keiner fragte sich je, was wohl nach den Festtagen mit den Bäumen geschieht. Nur gut so! Denn dann würden ihre Träume sicherlich wie Seifenblasen zerplatzen.

      4. Dezember

      Zwergenhelfer beim Weihnachtsmann

       Ein schönes Erlebnis während meiner Lehrzeit

      Im Jahre 1971 war ich im achtzehnten Lebensjahr und lernte in der Kaufhalle West in Weißenfels. Mein kleiner Bruder, Peter, gerade mal viereinhalb Jahre alt, war damals schon ein pfiffiges Kerlchen. Er hatte nämlich so seine Zweifel an der Existenz des Weihnachtsmannes.

      Jedes Jahr organisierte der Kaufhallenleiter, Herr Kaltenborn, vor der Kaufhalle ein Weihnachtsfest für die Kinder. In der ersten Adventswoche konnten die Eltern in der Kaufhalle Weihnachtsbeutel für ihre Kinder bestellen oder kleines Spielzeug abgeben. Die Weihnachtsbeutel wurden in unterschiedlichen Preisklassen angeboten, je nachdem, wie viel sich die Eltern leisten konnten. An den Beuteln war der jeweilige Name des Kindes befestigt.

      Wie es sich für einen richtigen Weihnachtsmann gehört, brauchte er natürlich auch Helfer. Herr Kaltenborn suchte sich dafür Lehrlinge aus, die nicht allzu groß von Wuchs waren. Wenn ich mich recht erinnere, waren wir drei „Zwerge“, die dem Weihnachtsmann zur Hand gehen sollten. Gisela, Gabi und ich waren für dieses Amt auserkoren.

      Als ich zu Hause erzählte, dass der Weihnachtsmann mich als Zwerg ausgewählt hatte, wollte mein kleiner Bruder das natürlich nicht glauben. Trotz allem wuchs sein Respekt mir gegenüber aber mächtig an.

      Auch meine Eltern hatten für Peter einen Weihnachtsbeutel bestellt und kamen zu dem Fest vor der Kaufhalle. Mit roten Mänteln wurden wir von Frau Kaltenborn für diesen Abend herausgeputzt. Endlich wurde es dunkel! Eine große Spannung lag auf den Gesichtern der wartenden Kinder.

      Da es geschneit hatte, konnte der Weihnachtsmann wie geplant mit dem Schlitten kommen. Wir drei Zwerge saßen hinten drauf. In großen Säcken waren die Geschenke für die wartenden Kinder verstaut. Es war viel los auf dem Vorplatz der Kaufhalle. Als wir um die Ecke gefahren kamen, leuchteten die Augen der Kinder voller Erwartung.

      Plötzlich wurde es ganz still.

      Ich suchte unter den vielen Menschen meine Eltern mit meinem kleinen Bruder, aber ich fand sie nicht. Schon im nächsten Moment waren die drei vergessen, denn ich hatte alle Hände voll zu tun. Wir Zwerge nahmen abwechselnd einen Weihnachtsbeutel oder ein Spielzeug aus den Säcken heraus und reichten sie dem Weihnachtsmann. Dieser rief laut den Namen eines jeden Kindes auf. Manche Kinder gingen selbstbewusst nach vorne, andere wieder waren schüchtern und manche weinten sogar, als sie aufgerufen wurden. Wahrscheinlich, so dachte ich mir damals, wird das eine oder andere Kind eingeschüchtert sein, weil es unmittelbar vor diesem Ereignis irgendetwas angestellt hat. Natürlich wurden die älteren Kinder vom Weihnachtsmann aufgefordert, etwas zu singen oder ein Gedicht vorzutragen.

      Plötzlich wurde mein kleiner Bruder Peter aufgerufen.

      Er konnte es einfach nicht fassen. Seine große Schwester half dem Weihnachtsmann.

Скачать книгу