Lombok. Matthias Falke
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Er ließ die Blicke zwischen den beiden hin und her gehen, die versuchten, der Befragung standzuhalten. Aber ihre Fassung bröckelte von Minute zu Minute.
»Drauf gekackt«, sagte der General. »Diese Mission schlägt insgesamt mit einer halben Milliarde zu buche. Da ist ein Stallion zu verkraften. Verlust gibt es immer, und letztlich sind es Vorfälle dieser Art, wegen denen wir das Ganze überhaupt machen. Genauer gesagt: Die Frage, wie man mit solchen Zwischenfällen umgeht.«
Er sah Norton direkt ins Gesicht.
»Was ich dagegen nicht hinnehmen kann, ist die Subordination, die meiner Meinung nach in diesem Falle vorliegt.«
»Sir?«
»Nix Sir. Lassen Sie mich ausreden!« Von einem Moment zum Nächsten wurde Rogers dunkelrot. Seine cholerischen Ausbrüche waren im Ausbildungsbataillon gefürchtet. »Ich habe mit den Wachhabenden gesprochen, die Sie während der vergangenen Tage betreut haben. Anscheinend haben Sie wiederholt den Wunsch nach Privatsphäre geäußert, als ob die Lokale zur Bespitzelung da wäre! Tatsächlich ist das eure Lebensversicherung in Einsätzen wie diesen. Kurtz und sein Kumpel wären jetzt tot und verbrannt, wenn der Kontakt zur Zentrale und zu den anderen Außenteams nicht störungsfrei und in Echtzeit gewährleistet gewesen wäre.«
Er atmete einige Male durch, wobei sich seine Gesichtsfarbe allmählich wieder normalisierte. Nur an seiner linken Schläfe pochte eine Ader noch in gefährlich aussehendem Violett.
»Jedenfalls: Wenn ich nun also zwei und zwei zusammenzähle und Sie mir so anschaue. Sie sind jung, sie waren mehrere Tage zu zweit da draußen unterwegs. Rekrutin Zol ist ein hübsches Mädchen, das man ...«
»General Rogers, Sir!« Norton nahm allen Mut zusammen, den die Erosion seines Selbstvertrauens übrig gelassen hatte. »Rekrutin Zol hat mit der ganzen Sache nichts zu tun. Mir als Teamleiter obliegt die alleinige Verantwortung für den – Vorfall. Ich bedauere zutiefst die Gefahr, in die die Kameraden von Team 11 durch unser – Versäumnis geraten sind, und den entstandenen Sachschaden. Aber ...« Plötzlich wusste er nicht weiter.
Rogers hatte seine Eingabe interessiert angehört.
»Wie ritterlich«, sagte er schmunzelnd. Und nach einer Pause setzte er noch hinzu: »So kenne ich dich gar nicht!«
Er zwinkerte Ladana zu, die darauf ebenso wenig einging wie Norton auf die letzte Bemerkung.
»Okay, Schwamm drüber. Es liegt in Niemandes Interesse, dass die Sache hochkocht. Die Flottenleitung braucht es nicht zu erfahren, und unsere Partner in der Industrie, die diese Exkursion mit Sachmitteln in einem Wert von einhundert Millionen unterstützen, auch nicht.«
Der Sieger von Persephone erhob sich zu seiner ganzen imponierenden Gestalt von einem Meter siebzig. Obwohl er alles andere als ein alter Mann war, ging er leicht nach vorne gebeugt.
Ladana und Frank beeilten sich, ebenfalls aufzustehen und Haltung anzunehmen.
»Ihr bleibt für den Rest der Mission an Bord der INSTRUCTOR«, sagte Rogers. »Wir werden etwas finden, wo ihr euch nützlich machen könnt. Am besten wohl in der Zentrale. Dann werdet ihr sehen, wie anstrengend und verantwortungsvoll die Tätigkeit dort ist.«
Er sah sie an. Sie nickten stumm.
»Wegtreten!«
Teil II. Pensacola
Kapitel 5. Die Akademie
»In Ordnung.« Der Vorsitzende sah auf die Uhr. »Lassen wir es damit gut sein.«
Er erhob sich und ging ein paar Schritte in den Raum hinein. Es war ein weder besonders großer, noch besonders wohnlicher Seminarraum. Die anderen Mitglieder der Prüfungskommission behielten ihre Plätze an der Längsseite des Raumes ein.
Sie schaltete das Whiteboard ab, auf dem sie ihre Ausführungen mit interaktiven Grafiken illustriert hatte.
Sie befanden sich in der zwanzigsten Etage des Portalgebäudes der Akademie, das einem Enthymesis-Explorer nachempfunden war. Aus der stattlichen Höhe von fünfzig Metern ging der Blick über den Campus der Akademie der Union in Pensacola. Wohnheime, Bibliotheken, Lesesäle, Institutsgebäude, Sportstätten, Cafés. Dazwischen weite, gepflegte Rasenflächen, alte Bäume, Blumenrabatten. Ab und zu sah man im Hintergrund ein startendes oder landendes Schiff. Die Fenster waren schalldicht. Im Freien hätte man das verzögerte Röhren und Dröhnen gehört, das die Nähe des großen Raumhafens verriet.
»Zum Abschluss noch ein wenig Geschichte«, sagte der Vorsitzende. »Was wissen Sie über die Schlacht von Persephone?«
Auch darauf war sie vorbereitet.
»Die Schlacht von Persephone war das entscheidende Aufeinandertreffen der Flotten der Union und des Sinesischen Kaiserreichs im Ersten Sinesischen Krieg. Sie wurde zugunsten der Union entschieden. Persephone ist der zweite Mond des Gasplaneten Hades im Tartaros-System.«
Jennifer sprach leise und sehr schnell, als lese sie von einer imaginären Tafel ab.
»Wie wurde die Schlacht entschieden«, hakte der Vorsitzende nach.
»Durch den Einsatz von Antimaterie-Torpedos.«
»Wer ordnete diesen an.«
»General Randolph Valerian Rogers.«
»Dann war er der Oberkommandierende vor Persephone?« Die Stimme des Vorsitzenden pendelte suggestiv und behielt sich die Möglichkeit vor, dass es sich um eine Fangfrage handeln könnte.
»Eigentlich nicht«, erklärte sie. »Oberkommandierende war Tseten Zöchren, und Kommandant der MARQUIS DE LAPLACE war ursprünglich Alexander Wiszewsky. General Rogers zog das Kommando mithilfe einer Sondervollmacht der Geheimen Front an sich.«
Ihr entging nicht, dass die drei Beisitzer erstaunt die Köpfe zusammensteckten, aber sie hielt den Blick fest und selbstbewusst auf den Vorsitzenden gerichtet.
»Warum hat er das getan?«, fragte dieser.
»Wiszewsky weigerte sich, die Antimaterie-Sprengköpfe freizugeben.«
»Mit welcher Begründung?«
»Die MARQUIS DE LAPLACE sei ein ziviles Schiff. Zudem handele es sich um Prototypen, deren Einsatz zu militärischen Zwecken nicht mit den Statuten der Union vereinbar sei.«
»Der Rest ist Geschichte.« Der Vorsitzende lächelte zufrieden. »Können Sie uns erzählen, wie es weiterging?«
»Die Union trat mit den Sinesern in Verhandlungen ein. Sie fanden auf der Randwelt Lombok statt. Für die Union saßen unter anderem der Kanzler der Zivilregierung, General Rogers, Andrew Wheeler und Tseten Zöchren am Verhandlungstisch.«