für immer 8 Bit. Uwe Post
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Time … is floating like a river ... (vii)
»Das ging schnell«, sagte Anna, als wir fertig waren. »Dann hätten wir jetzt noch Zeit für die versprochene Lektion Bruchrechnen.«
»Sind alle Frauen so grausam wie du? Dann werde ich besser schwul.«
Anna verzog das Gesicht. »Du kennst mich doch gar nicht richtig. Ein paar Tage im Monat bin ich wirklich unerträglich.«
Ich wurde rot. Ich kannte diese Problematik aus Exemplaren der Bravo, die ich mir manchmal heimlich von meiner Cousine auslieh. »Können wir nochmal über deine außerirdische Idee reden?«
»Warum?« Anna zuckte mit den Schultern. »Hast du denn einen Weg gefunden, ein Model in den Computer zu bekommen?«
»Mir ist der Gedanke unangenehm«, gab ich zu.
»Sind alle Jungs so verklemmt? Dann werde ich besser lesbisch.«
»Bitte nicht«, entfuhr es mir. »Aber vielleicht hilft es, wenn du mir deine Idee nochmal genauer erklärst. Du schlägst nicht im Ernst vor, ein Spiel zu schreiben, in dem es um das Wort mit drei Buchstaben mit S am Anfang und x am Ende geht, oder?«
»Das wäre zu direkt. Das Ziel des Spiels sollte es sein, eine Frau auszuziehen. Daher meine Frage nach den Bildern. Natürlich darf es nicht zu einfach sein. Die Spieler müssen sich anstrengen und irgendwelche Aufgaben lösen, um das nächste Bild sehen zu dürfen. Das letzte Bild ist natürlich am schwierigsten zu erreichen.«
»Das totale Nacktbild«, sagte ich. »Ein Klasse Plan. Außer ...« Ich zählte an meinen Fingern ab. »Erstens: Es ist wirklich nicht sehr einfach, Fotos in so einen Rechner zu transferieren. Zweitens: Man muss ein Spiel drumherum erfinden, damit die Sache nicht langweilig ist. Drittens: So viele Bilder passen kaum auf eine Diskette oder eine Datasette. Viertens: Selbst wenn sich das alles machen ließe: Falls meine Eltern, Lehrer oder Freunde mitkriegen, dass ich ein, äh … Nacktspiel schreibe, kann ich nie mehr das Haus verlassen. Oder ich darf es nicht mehr betreten. Alternativ lasse ich mich gleich begraben.«
»Das«, sagte Anna, »oder wir werden stinkreich. Kennst du Onkel Dagobert?«
»Vom Hörensagen«, behauptete ich, weil mir meine Sammlung Lustiger Taschenbücher ein bisschen peinlich war. Mein Deutschlehrer hatte sie als Hauptursache für meine schlechten Noten ausgemacht, und zumindest Tommy neigte gelegentlich dazu, ihm zuzustimmen. »Letztlich brauchen wir also ein Model, das sich gegen Geld auszieht? Das würde doch kein normales Mädchen freiwillig tun.«
»Ich betrachte normal als Schimpfwort. Ich will später mal Pilotin werden.«
»Das erklärt natürlich alles«, brummte ich. »Ich dachte bisher, unnormale Mädchen oder Jungs würde man an den bunten Haaren erkennen.«
Anna lachte. »Ich bin subtiler. Ist doch langweilig, wenn es direkt jeder sehen kann. Und langweilig ...«
» … kommt auf der Liste der Schimpfwörter direkt hinter normal«, schlussfolgerte ich.
»Wir finden schon ein Model.« Anna griff nach einer der herumliegenden Disketten und warf sie mir zu. »Hier«, sagte sie. »Hau rein.«
Es war die Forth-Disk.
Anfang Juni 1983
In den Pfingstferien schaute ich in unserer Stadtbücherei vorbei, aber informative Unterlagen zu aktuellen Heimcomputern waren dort Mangelware. Dafür lieh ich mir ein Buch von einem gewissen Erich von Däniken aus, das mich während der Ferien mehrere Tage beschäftigte. Ich zeichnete Skizzen für ein Computerspiel, bei dem es darum ging, auf einem fremden Planeten zu landen und die dortigen Ureinwohner nach allen Regeln der Kunst zu knechten.
Mein aktuelles Lieblingslied war Total Eclipse Of The Heart, weil ich gar nicht anders konnte, als für eine Person wie Anna zu schwärmen. »Das ist dein Untergang«, predigte Tommy in ätzender Regelmäßigkeit. »Und blöderweise damit auch meiner.«
Ich verdonnerte ihn, mit der Modelleisenbahn zu spielen, damit ich in Ruhe nachdenken konnte.
Sollte ich Anna bei nächster Gelegenheit fragen, ob sie sich vorstellen könnte, mit mir nicht nur Computerspiele zu erfinden, sondern auch … na ja, was auch immer Jungs und Mädchen noch Interessantes miteinander tun konnten? Nicht, dass ich irgendeine Ahnung davon gehabt hätte.
Tommy meinte, die meisten Menschen würden es wohl früher oder später irgendwie rausfinden, bloß bei mir hätte er so seine Zweifel.
»Sehr hilfreich, vielen Dank«, brummte ich und drehte die Musik lauter.
Turn around, bright eyes (viii)
Anna hatte wirklich ziemlich helle Augen. Ihre Iris war so hellgrau, dass man zweimal hinschauen musste, um es zu glauben. Im Moment war sie mit ihren Eltern auf Kurzurlaub in Amsterdam. Eine Art Schlaraffenland, wie ich gehört hatte, denn dort durften auch Jugendliche in die Kaschemmen mit den Münzen schluckenden Computerspielen, hierzulande musste man dazu 18 Jahre alt sein. Als wären Spiele was Versautes!
Am Dienstag nach Pfingsten drückte ich mich mittels simulierter Kopfschmerzen vor einem schnarchlangweiligen Verwandtenbesuch und hörte den ganzen Nachmittag Tangerine Dream. Ich blätterte in zwei ausgeliehenen Elektronik-Lehrbüchern und verstand hauptsächlich Bahnhof und Transistor. Sicher war es nicht die schlechteste Idee, sich mit Widerständen, Kondensatoren und Co besser auszukennen. Schließlich kramte ich den Elektronik-Baukasten hervor, den mir meine Eltern im vergangenen Jahr zu Weihnachten geschenkt hatten in der Hoffnung, dass ich damit nicht so eine Sauerei anstellen würde wie mit dem Chemiekasten im Vorjahr.
Ich sortierte die durcheinander geratenen Bauteile. Eines ließ mich inne halten: Ich war offenbar ohne es zu wissen stolzer Besitzer eines lichtempfindlichen Widerstandes. Es handelte sich um eine linsengroße Scheibe mit zwei Anschlussdrähten. Auf der Scheibe konnte ich mit der Lupe winzig kleine Leiterbahnen erkennen.
Ich verkabelte den Widerstand provisorisch mit meinem einfachen Zeiger-Messgerät und hielt ihn zuerst unter die Lampe, dann deckte ich die lichtempfindliche Fläche mit den Fingern ab. Das Messinstrument zeigte tatsächlich verschiedene Widerstandswerte an.
Bestand ein Bild nicht prinzipiell aus einer ziemlich großen Anzahl Bildpunkte unterschiedlicher Helligkeit?
Ich stand auf, schaltete den Fernseher an und wartete ungeduldig, bis sich die Röhre erwärmt hatte. Auf dem dritten Programm lief gerade ein Telekolleg Chemie. Ich schaltete den Ton ab und hielt meinen Lichtmesser in die obere Ecke des Bildschirms. Dort befand sich gerade die schwarze Tafel, auf die der Telekolleg-Lehrer seine Strukturformeln malte, also gab es wenig Licht und der Widerstandswert lag bei etwa 1 Megaohm. Ich verschob den Fotowiderstand ins Gesicht des Sprechers und las 100 Ohm ab. Also deutlich weniger.
»Das könnte funktionieren«, sagte ich zu dem steifen Chemiker auf dem Bildschirm.
»Niemals«, rief Tommy herüber, ohne den Blick von der Dampflok zu wenden, die gerade auf der Anlage ihre Kreise zog.
Wenn ich mich richtig erinnerte, verfügte der Atari über eine ganze Reihe verschiedener Grafikmodi. Der mit der höchsten Auflösung