Verfallen & Vergessen. Georg Lux
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Womit wir wieder beim Teufel sind, der unten im alten Krankenhaus hängt. Er gehört zur Dekoration der seit Jahren geschlossenen Jausenstation, die das Gebäude zuletzt beherbergt hat. Zuvor waren in der „Bude“ mehrere Wohneinheiten untergebracht, auch Hausbesitzer Knes ist hier aufgewachsen. Er zeigt uns, wo er sich als Kind mit bunt bemalten Händen auf der Außenmauer verewigt hat. Um das leer stehende Haus kümmert er sich, so gut er kann. Käufer war und ist keiner in Sicht. Es liegt nicht nur am Alter des Gebäudes, meint Knes und fasst dann die Geschichte von Tunnel, Krankenhaus und Friedhof mit einem Satz zusammen: „Mir persönlich ist es da zu kalt.“
LOST PLACE
➜ Die Kapellenruine ist frei zugänglich. Man erreicht sie, wenn man von der Rosenbacher Straße (L56) beim Schloss unterhalb des Bahnhofs Richtung Bahntunnel abbiegt. Nach etwas mehr als einem Kilometer zweigt auf Höhe des Hauses Rosenbach 73 ein Forstweg links von der Straße ab. Wenn man ihm zu Fuß folgt (Fahrverbot) und sich bei der Weggabelung rechts hält, ist man in zirka 15 Minuten bei der Kapelle. Wer das Tunnelportal sehen will, fährt auf der Straße einfach bis zum Ende weiter.
ALTE LOIBLSTRASSE
FILMREIFER ABGANG
Stille statt Stau, Atemholen statt Autokolonne: Die alte Loiblstraße darf seit 1964 nur mehr von Wanderern und Mountainbikern genutzt werden.
Ausgerechnet der wahrscheinlich schönste Kärntner Grenzübergang ist gleichzeitig einer der einsamsten, weil er nur mehr zu Fuß oder mit dem Mountainbike passiert werden kann. Autos um- und unterfahren den alten Loiblpass seit 1964 durch den Tunnel. Vom aktiven Dienst verabschiedet hat sich die historische Straße medienwirksam: mit einem großen Auftritt im britischen Kinofilm „Der gelbe Rolls-Royce“.
In dem Episodenfilm geht es – wenig überraschend – um einen gelben Rolls-Royce und die Menschen, die ihn gerade fahren. Auf der alten Loiblstraße ist das Weltstar Ingrid Bergman. Die schwedische Oscar-Preisträgerin verkörpert eine reiche amerikanische Witwe, die einen jugoslawischen Partisanen, der von Omar Sharif gespielt wird, im Kofferraum des Autos in dessen Heimatland schmuggelt. Bei der Grenzkontrolle droht alles aufzufliegen, schließlich geht die Aktion doch noch gut aus. Die weitere Handlung des Films (und da zitieren wir jetzt Klaus Pertl, den Leiter des Klagenfurter Kinomuseums): schwere Kost.
Zu Kulissen-Ehren kam die alte Loiblstraße 1964 wegen des beeindruckenden Bergpanoramas und der Obelisken. Die monumentalen Grenzsteine auf der Passhöhe wurden 1728 von den Krainer Landständen als Erinnerung an die Durchreise von Kaiser Karl VI. errichtet. Von ihm wird erzählt, dass er sich in der Gegend damals mit den Einheimischen unterhalten wollte. Sie sprachen jedoch nur Windisch, ihren slowenischen Dialekt. Man schickte den Kaiser und sein Gefolge deshalb zum damals kleinen Gasthof Katruschnig auf der Kärntner Seite des Loibls, dessen Wirt Peter Tschauggo als Einziger fließend Deutsch sprach. Karl VI. unterhielt sich erfreut mit ihm, nannte Tschauggo am Ende „Deutscher Peter“ und erlaubte ihm, diesen Beinamen an seine Nachfahren weiterzugeben. Seither heißt das Gasthaus „Deutscher Peter“.
Ein Bunker auf der slowenischen Seite der alten Loiblstraße
Auch die „Leitschienen“ sind in die Jahre gekommen.
Hüttenwirte mit Humor: Ljubelj - Loibl.
Nicht nur Sprachbarrieren wollen die Betreiber der Hütte überwinden, die sich im alten Zollhaus auf der slowenischen Seite der Passhöhe in 1369 Meter Seehöhe befindet. Sie nennen sie deshalb „Haus der Begegnung“. Wir haben leider einen Ruhetag erwischt, stellen aber fest, dass die Wirtsleute Humor haben dürften. Ihr Auto (das einzige, das herauffahren darf) hat ein Fantasiekennzeichen: „LJ“ für Ljubljana, danach die Buchstabenkombination „UBELJ“, was zusammen Ljubelj ergibt, das slowenische Wort für Loibl. Dass sie regelmäßig mit dem Wagen heraufkurven müssen, dürfte übrigens der Grund sein, warum die alte Straße auf slowenischer Seite in einem so viel besseren Zustand als auf der österreichischen ist.
„Da hat sich seit den Römern nicht viel getan“, knurrt der Fotograf und übertreibt damit natürlich. Was den ungefähren Streckenverlauf betrifft, hat er allerdings recht: Die Römer haben sich, wie archäologische Funde belegen, tatsächlich in diesem Bereich über die Karawanken geschleppt. Mit dem Untergang ihres Reichs verlor die Strecke an Bedeutung, wurde aber auf alten Saumpfaden weiter genutzt. Einen ersten Ausbau gab es ab 1560 durch die Kärntner Landstände, die wirtschaftlich großes Interesse an einer günstigen Verbindung zum Hafen in Triest hatten.
Die Loibl-Szenen in „Der gelbe Rolls-Royce“. Der Film mit Ingrid Bergman und Omar Sharif wurde 1964 gedreht.
Seit dem 18. Jahrhundert ist das Hospiz Alt St. Leonhard dem Verfall preisgegeben.
Zurück geht’s für uns auf der Kärntner Seite, wo der Weg an einer ebenso schönen wie beeindruckenden Ruine vorbeiführt: Alt St. Leonhard. Unmittelbar neben der Straße befand sich hier schon um 1200 eine Kirche. Sie wurde vom Zisterzienserstift Viktring um ein Hospiz erweitert, in dem Reisende Schutz suchen konnten. Von der Anlage sind noch einige Grundmauern und sogar ein eingestürztes Gewölbe zu sehen. Das Hospiz bestand bis ins 18. Jahrhundert, das später durch die Kirche Neu St. Leonhard im Tal ersetzte alte Gotteshaus bis Mitte des 19. Jahrhunderts.
Dass „Reisende“ in dieser Gegend mittlerweile Selbstversorger sind, beweisen einige leere Bierdosen. Dem Verrostungsgrad nach könnten sie Ingrid Bergman und Omar Sharif 1964 aus dem gelben Rolls-Royce geworfen haben. Aber das schließen wir aus, denn die hatten noch Stil.
LOST PLACE
➜ Die alte Loiblstraße kann man sowohl von Kärnten als auch von Slowenien hinaufmarschieren, auf slowenischer Seite gibt es direkt an der neuen Straße aber mehr Parkplätze (gleich nach dem Tunnel links). Die Wanderung auf die Passhöhe und zurück dauert in beiden Fällen zirka 3 Stunden. Im Winter wird die alte Straße auf slowenischer Seite als Rodelbahn genutzt. Die Hütte „Haus der Begegnung“ ist ganzjährig von Mittwoch bis Sonntag und auch an Feiertagen geöffnet.