Verfallen & Vergessen. Georg Lux

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Verfallen & Vergessen - Georg Lux

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Leonhard befindet sich im unteren Drittel der alten Loiblstraße auf Kärntner Seite und ist beschildert.

       AM RANDE

      Szenenfotos aus „Der gelbe Rolls-Royce“ und zahlreichen anderen in Kärnten gedrehten Streifen sind im Klagenfurter Kinomuseum zu sehen. Es hat im Juli und August samstags und sonntags von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Kinomuseum Klagenfurt, Wilsonstraße 37, 9020 Klagenfurt, www.kinogeschichte.at

      Der Loibltunnel wurde im Zweiten Weltkrieg von Kriegsgefangenen und KZ-Häftlingen gebaut. 40 Menschen starben unmittelbar an den Folgen der harten Arbeit oder durch Steinschläge. An die Opfer der NS-Zeit erinnern auf österreichischer Seite zwei Steintafeln am Tunnelportal. In Slowenien steht ein Denkmal. Es befindet sich zirka einen Kilometer hinter der Staatsgrenze neben der Straße.

      Dem Verkehr anno dazumal ist das Technikmuseum Historama am Fuß des Loiblpasses in Ferlach gewidmet. Auf 2 200 Quadratmetern Ausstellungsfläche sind historische Fahrzeuge aller Größen zu bewundern – bis hin zu Straßenbahngarnituren und Graf Khevenhüllers ausschließlich mit Muskelkraft betriebener Flugmaschine aus dem Jahr 1913. Geöffnet hat das Museum nur in den Sommerferien (Anf. Juli – Anf. September): Di – Fr 13–17 Uhr, Sa und So 11–17.15 Uhr.

       EINZIEDLARCA, TURŠKA JAMA, TÜRKENSCHANZE

       TÖDLICHES VERSTECKSPIEL

      Dies- und jenseits der heutigen Grenze zu Slowenien zogen im 15. Jahrhundert plündernde türkische Reiterhorden von Dorf zu Dorf. Die Bevölkerung versteckte sich vor ihnen – nicht immer erfolgreich – in zugemauerten Höhlen.

      Von den unzähligen grausigen Geschichten, die sich um die sogenannten Türkeneinfälle Ende des 15. Jahrhunderts ranken, ist jene über die Entstehung des Kufenstechens im Kärntner Gailtal wohl eine der blutrünstigsten. Der Sage zufolge soll es beherzten Einheimischen gelungen sein, einen Anführer der plündernden Osmanen gefangen zu nehmen. Sie brachten ihn nach Feistritz, wo sie den Fremden auf dem Dorfplatz an einen Pfahl banden. Dann ritten die Bauern einer nach dem anderen auf ihren Pferden im wilden Galopp auf den Mann zu, jeder mit einer Keule in der Hand. So erschlugen sie ihn am Ende gemeinsam und die Türken, die davon hörten, verließen fluchtartig die Gegend, um nicht ein ähnliches Schicksal zu erleiden.

      Mittlerweile weiß man, dass das Kufenstechen einen ganz anderen Ursprung hat. Der Brauch im unteren Gailtal, bei dem bis heute Männer aus dem Ort an einem Pfahl vorbeireiten und mit Eisenkeulen auf ein verkehrt aufgehängtes Holzfass eindreschen, geht laut Forschungen des Historikers Peter Wiesflecker auf mittelalterliche Ritterspiele zurück. Die über Jahrhunderte weitererzählte und wahrscheinlich zusätzlich dramatisierte Geschichte vom erschlagenen Gefangenen hat dennoch einen kleinen wahren Kern. Sie ist ein Beispiel dafür, wie groß die Angst vor den Türken war. Um das Trauma zu bekämpfen, musste eine Heldensage her.

       „Schutzraum“ zur Zeit der Türkeneinfälle: die Turška jama bei Jesenice

      Solche Märchen finden sich auch in der offiziellen Geschichtsschreibung des ausgehenden Mittelalters. Meist wurden sie von Adeligen in Auftrag gegeben, um die Biografie des eigenen Stammbaums zu „pimpen“. Erst im 20. Jahrhundert haben Historiker durch mühsame Faktenchecks herausgefiltert, was tatsächlich passiert ist. Übrig bleiben – bei der Bedrohung wurde ebenfalls gerne übertrieben – immerhin noch fünf Türkeneinfälle in Kärnten und in der heute slowenischen Region Krain zwischen 1473 und 1483. Es handelte sich dabei um keine Eroberungsfeldzüge im klassischen Sinn, sondern um Überfälle mit einem, wie man es im 21. Jahrhundert nennen würde, terroristischen Hintergrund. Das Osmanische Reich hatte sich damals gerade Teile des Balkans einverleibt und verbreitete, um seine Position langfristig zu festigen, mit kleineren Raubzügen über die Grenzen hinaus bewusst Furcht und Schrecken.

      Die Taktik ging auf. Ihr brutales Vorgehen und ihre Geländegängigkeit brachten den türkischen Reiterscharen rasch den Beinamen „Renner und Brenner“ ein. Was ihnen an Vorräten oder Wertgegenständen in die Hände „fiel“, wurde geplündert. Wer sich ihnen in den Weg stellte, wurde niedergemetzelt oder versklavt. Die Mehrheit der Bevölkerung war den Osmanen – und da lügen die Sagen nicht – hilflos ausgeliefert. Der Adel hatte sich hinter den Mauern seiner mächtigen Burgen verschanzt, die von den mit Speeren, Säbeln und Bogen bewaffneten Räubern nicht angegriffen wurden. Befestigte Gotteshäuser, sogenannte Wehrkirchen, boten nur zum Teil Schutz. Manchmal gingen sie ebenfalls in Flammen auf.

      Weil Not erfinderisch macht, begannen die Bauern mit dem Bau eigener „Schutzräume“. Man wählte dafür Höhlen, die in der Nähe der Dörfer, jedoch immer abseits bekannter Wege lagen. Ihre Spur hat sich im Lauf der Jahrhunderte verloren – mit ein paar Ausnahmen wie dem „Schutzraum“ im 725 Meter hohen Tabor, einer Anhöhe östlich des Faaker Sees. Grundbesitzer Hansi Mikl führt uns zu dem Versteck. Der Landwirt und Touristiker hat sich intensiv mit der Geschichte der Gegend auseinandergesetzt. Lange vor den Türkeneinfällen sollen in der Höhle der Überlieferung nach „weiße weise Frauen“ gelebt haben, denen Mikl attestiert, dass sie zu Recht einen guten Ruf hatten: „Sie waren heidnische Priesterinnen, die für die einfachen Menschen sorgten, indem sie zum Beispiel den Lauf der Gestirne deuteten oder Kranken mit ihrem Wissen um die heilende Kraft der Kräuter halfen. In der slowenischen Mundart wird der Ort deshalb bis heute Einziedlarca genannt: die Einsiedlerin.“

       Die Turška jama von außen. Zu ihr führt ein Wanderweg.

      Die nach Süden ausgerichtete Höhle beziehungsweise Halbhöhle (so werden Löcher dieser Art bezeichnet, die schon nach wenigen Metern enden) ist tatsächlich ein perfekter Platz – für die „Ordination“ einer Druidin ebenso wie für eine kleine Fluchtburg. Sogar eine Quelle sprudelt hier. Als die Türken im Sommer 1478 plündernd durch die Gegend zogen, flüchteten die Bewohner des nahen Dorfes Petschnitzen „mit ihrer besten Habe und dem Vieh“, wie es in verschiedenen Chroniken heißt, in den Unterschlupf. Die Höhle war damals zugemauert und mit einer Eisentür versehen. Den armen Menschen, die sich darin verschanzt hatten, half das leider wenig. Sie wurden von den Osmanen entdeckt und im wahrsten Sinn des Wortes „ausgeräuchert“.

       In der Türkenhöhle im Tabor sprudelt eine Quelle. Die Mauer wurde abgetragen, man benutzte die Steine als Baumaterial.

      Vom „Schutzraum“ sind nur bescheidene Reste erhalten geblieben. „Neben der natürlichen Erosion hat vor allem die Bautätigkeit meines Großvaters an den Felsen genagt“, gibt Mikl zu. Große Mengen des Konglomeratgesteins wurden in den 1920er-Jahren aus der Wand gesprengt, weil die Bauern der Umgebung preiswertes Baumaterial brauchten. Um zu erfahren, wie die Einziedlarca zur Zeit der Türkeneinfälle ausgesehen haben könnte, muss man von Petschnitzen zirka 30 Minuten mit dem Auto Richtung Süden fahren – durch den Karawankentunnel

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