Die gesellige Hausfrau 1892. Isa von der Lütt

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Die gesellige Hausfrau 1892 - Isa von der Lütt

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welche in den Heimatfluren der gottgeborenen Menschenseele des Guten, Wahren, Schönen rinnen und willig sich schöpfen lassen in die kleinsten Becherchen, in die mächtigsten Krüge.

      Wohl der Hausfrau, die in diesem Geiste zu sich lädt, die aus diesen Quellen ihre Gäste labt!

      Der lebendige Zauber der Gemeinsamkeit, des sich Aneinandererfreuens, Aneinandererhebens webt und schafft allzeit in ihrem Kreise. Sie adelt, beseelt, schmückt, füllt jedes ihrer Feste, um das sie sich ernstlich müht, das allen, aber auch jedem Freude bieten, jedem etwas geben will.

      Und auch die Stunde flüchtigen, ausruhenden Geplauders an ihrem alltäglichen, stillen Teetisch ist niemals verloren. Nie wird man aus ihrem Hause gehen mit dem Gefühl einer vergeudeten Stunde oder schlimmer noch mit der halbbewußten, halb unbewußten, bitter nachschmeckenden Empfindung, Genosse, wenn auch vielleicht nur ein mitfortgerissener, neutraler Genosse gewesen zu sein bei etwas Ungutem, Unedlem, Unrechtem, sei’s auch noch so salonfähig verkappt in Erscheinung getreten.

      Immer scheucht sie, die heitere, aber sichere Hüterin ihrer reinen, stolzen Herdesflamme – zwar nicht den willkommenen, lachenden Scherz, den schalkhaften Humor, die scharf sich kreuzenden Redeklingen, das übermütige Genecke, den pfeilsicheren Witz – nein, nie verbannt sie das Salz des Geistes und des Lebens aus ihrem Kreise, aber immer scheucht sie die häßlichen, harten, lieblosen, neidischen Nachtvögel der Menschenseele, die so oft in geselliger Unterhaltung emporflattern, davon.

      Mit leiser Wendung erstickt sie die Reden, die erröten machen, lenkt sie ab den Pfeil, der verwunden, verschüttet sie den Tropfen, der vergiften sollte.

      Sind aber doch einmal etwa gar zu viele andersgeistige Elemente in ihren Kreis geraten, und drohen diese den goldenen, appollinischen Wagen ihrer Geselligkeit in die allgemeinen, besser, gemeinen Geleise des Klatsches und Tratsches zu verfahren, dann suchen ihre Gedanken rasch nach einem gewandten Wagenführer – er heiße nun Witz, Phantasie, Laune oder Mode –, der ihn ihr zurücklenke.

      Oft ist’s dann ein munteres Spiel, das unter ihrem Winke nur noch lustige Vögel, keine häßlichen mehr entkerkert.

      Aus diesem Geiste heraus – – – – aber ich fürchte, ich schwärme meinen ungeduldigen Leserinnen zu lange nur von dem „rechten Geiste“ vor. Mir ist es, als hörte ich sie zürnend sagen: „Der Worte sind genug gewechselt, laßt uns nun endlich Taten sehn!“ Wir hofften etwas Tatsächliches, Greifbares, etwas bequem Verwendbares zur Verschönerung und Belebung unserer Gesellschaften zu bekommen und hören nichts, als schwärmerische, allgemeine Betrachtungen.“

      Verzeihung, aber ich konnte es nicht unterdrücken! Zu oft, zu betrübend legte sich mir dies alles schon auf die Seele – ich mußte es einmal sagen!

      Und nun rasch zum „Tatsächlichen“. Bevor ich Ihnen, meine lieben Freundinnen, aber diese, in der Vorrede versprochene Lese geselliger Hilfsmittel vorlege, möchte ich doch noch etwas Allgemeines vorausschicken: Nicht nur meine Empfindung, auch meine nun schon alte Erfahrung hat mir gezeigt: Ein Hauptmittel, um Gesellschaften einen besonderen Reiz zu verleihen, ist, ihnen Stimmung zu geben, sie sinnvoll, stilvoll zu gestalten.

      Am leichtesten und zugleich schönsten wird der Reiz der Stimmung, des Sinn- und Stilvollen erreicht durch Betonen des gegenwärtigen Jahresmomentes, durch das Hereinziehen des Naturlebens.

      Solche festliche Betonung findet sich von Beginn der Kulturgeschichte an in Volksbräuchen und Volksspielen ausgedrückt. Diejenige Hausfrau, welche den Lauf des Jahres auch im Hinblick auf ihre Geselligkeit, denkend mitlebt und nötigen Falles sich an richtigen Stellen Rat und Hilfe holt, wird darin stets eine sichere Belebungsquelle ihrer Feste finden.

      Am reizendsten wirkt dies Betonen des Naturlebens in großen Städten. Hier wird man doppelt gerne an das Blühen, Leben und Weben der freien Schöpfung, an den Wechsel, das Eigenwesen der Jahreszeiten gemahnt. Selbst ein

      läßt sich durch solches schon anregend schmücken. Ja, sogar die verpönten Damentees – welche Offiziersfrau hätte nicht schon darüber geseufzt – können hierdurch etwas gehoben werden. Beiläufig gesagt, ohne mich zum Verdruß meiner tatendurstigen Leserin wieder zu sehr ins Allgemeine zu verirren, wäre es eigentlich ohnedies eine echte, moderne Frauenpflicht und sollte der modernen Hausfrau Müh’ und Stolz sein, diese verrufenen „Damen-Schlachten“ in besseres Licht zu setzen, dadurch, daß man sie in ein besseres Licht erhebt.

      Selbst durch die einfache Hilfe von Blumen kann oft schon dieser Stimmungsreiz erzielt werden. Im Frühjahr Schneeglocken, Schlüsselblumen, Veilchen in reicher Fülle die Zimmer schmückend, davon auch am Teetisch ein reichgefüllter Korb, aus dem sich auf jede Teetasse ein Sträußchen verliert, wenn nicht liebliche Kinderchen des Hauses solche anbieten, später Maiblumen, im Sommer Rosen, jugendmoderne Riesensträuße prangender Sonnenblumen und bleichschlanker Iris, Nelken, Jasmin (denn wenigstens eine starkduftende Blume muß immer dabei sein); im Herbst Astern, Herbstlaub, Spätrosen, im Winter Tannengrün, Weihnachtsrosen, Vogelbeere, Treibhausblumen. – Das alles gibt ein leises, lebendiges Gedanken- und Empfindungs-Hin und Herströmen zu und von dem starken Naturleben draußen und dem ewigen Feste, das uns in der wonnigen Schöpfung bereitet ist, zum engen Zimmer hinein und hinaus.

      Auch politische, patriotische, schöngeistige Festtage sind geeignet, das gleiche Gedankenzuströmen eines stärkeren Lebens draußen hereinzuleiten und jeglichem Tee „Stimmung“ zu geben.

      Es ist ja gewiß richtig: die Frau ist vor allem zur Priesterin des häuslichen Lebens geschaffen, ihr kommt es zu, den gesegneten Heimatboden der Familie, des Privaten, Persönlichen liebend zu bebauen. Aber darüber darf sie nicht verlernen auch die Allgemeinheit mit dem Herzen zu erfassen, das Unpersönliche persönlich zu beleben, nimmer darf sie – insonderheit die moderne Frau – der großen Allgemeinheit kalt und fern gegenüberstehen, will sie nicht nur die Haushälterin, sondern die ebenbürtige Gefährtin ihres Mannes sein.

      Ich kenne eine sehr liebenswürdige Kommandeuse, welche stets an Kaisers Geburtstag, während die Herren im Kasino tafeln, die Regimentsdamen zum Nachtisch-Café zu sich bittet. Ihr Tisch, ihre festlich gefüllten Vasen sind dann mit deutschen Schleifen geziert, Kaisers Bild ist bekränzt und in ganz einzig hübschen, originellen Miniatur-Champagnergläschen wird ein Hoch auf die Majestät getrunken.

      Die Mutter dieser geistvollen, liebenswürdigen Frau, eine zwar den Haaren nach sehr bereifte, im Herzen aber jugendfrische Exzellenz, tut das gleiche an ihres „alten Kaisers“ Geburtstag, da schmücken dann erinnerungsvoll Kornblumen Bildnis und Tisch und wandern in kleinen Sträußchen in die Hände der Damen.

      Kürzlich hatte ich die Freude, meiner Freundin A … bei dem Ausbau eines

      helfen zu können. Wahrlich für unser nach Osten blickendes Jahrhundert eine sehr zeitgemäße Idee!

      Zahlreiche Geschenke, meiner Freundin von ihrem aus Japan heimgekehrten Schwager mitgebracht, welche sie ihren Bekannten zeigen sollte und wollte, gaben hierzu den Anlaß.

      Die nötigste Belehrung entnahmen wir Büchern, insonderheit dem prächtigen, illustrierten Werke: „Japanischer Humor“ von Cetto und Wagner.

      Dessen Ausführungen nach sind die Chanoyou (=Teegesellschaften) in Japan im 15. und 16. Jahrhundert eingeführt worden: „Zur Milderung der Kriegssitten und zum Geschmackerregen nach geistiger Beschäftigung“. Daß dabei bedeutsame, wohl politische Gespräche wesentlich gewesen seien, läßt sich aus dem „eigenhändigen

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