Die gesellige Hausfrau 1892. Isa von der Lütt

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Die gesellige Hausfrau 1892 - Isa von der Lütt

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einen alten Sinnspruch von einem berühmten Weisen in Riesen-Tuschzeichnung. Ferner überreichte der Hausherr jedem der Gäste ein „Surimono“, ein ebenfalls von ihm selbst verfaßtes und von einem Maler illustriertes Gedicht in sauberer Reproduktion. Außerdem bringt einer der Gäste irgend ein seltenes Kunstwerk zum vorzeigen.“

      Alles dies wurde von der Hausfrau so viel als möglich, aber ohne jede ängstliche Pedanterie: „wenn’s nur stilvoll wirkt“, ausgeführt. Ein befreundeter Künstler – übrigens malen ja jetzt fast alle Damen, und japanische Vorlagen für derlei sind jetzt in hundert Büchern und Zeitschriften zu haben – malte nach japanischem Muster eine Karte, auf welcher zum Chanoyou eingeladen war. Junge Freundinnen der Hausfrau reproduzierten sie in der nötigen Anzahl.

      Zur Ausschmückung der Räume, zum Ersatz des europäischen Hausrats wurde alles zusammengetragen, was das eigne Haus und gute Freunde Japanisches besaßen. Fehlendes liehen Geschäfte.

      Zum eigentlichen Teezimmer wurde der Hausfrau kleines Boudoir gewählt. Japanische Stoffe bildeten den verlangten niederen Eingang, durch welchen man von dem anstoßenden großen Salon aus nur gebückt gelangen konnte. Selbstverständlich war auch dieser Salon, sowie der Vorplatz japanisch dekoriert. Mächtige Chrysanthemen-Sträuße waren überall zu sehen, der mächtigste neben dem Teewinkel der Hausfrau.

      Das eigenhändige Bedienen durch den Hausherrn hatte meine Freundin in das durch die Hausfrau variiert, da sie ihrem Mann ihre kostbaren japanischen Tassen nicht anvertrauen zu können behauptete.

      Daß sie die ganze Tracht einer „vornehmen Japanerin“, in der sie ihre Gäste empfing, ganz entzückend zierlich und anmutig kleidete (sonst wählten wir Frauen doch kein solches Fest!), ist selbstverständlich. Diese Tracht genauer zu beschreiben, hieße, nachdem man sie in Zeitschriften und Modezeitungen allenthalben reichlich vorgeführt sah, Eulen nach Athen tragen.

      Alle anwesenden Damen waren ebenfalls in Japanerinnen verwandelt; auch einzelne Herren, die übrigen nahmen japanische, in der Garderobe bereit gehaltene Kopfbedeckungen, einige nur scherzhafte Mützen aus japanischem Papier.

      Auch die verlangte Riesen-Tuschzeichnung hatte ein befreundeter Künstler geschaffen. Sie trug – der Hausherr hatte den Einfall gehabt, dieselbe als Standarte aufzupflanzen – den japanischen Spruch: Feiert das Fest, solange die Blüten duften.1)

      Die Surimono waren ganz besonders reizend ausgefallen. Jedes Blatt, natürlich auf japanischem Papier, trug auf der einen Seite die kulturhistorische Erklärung der Chanoyou, auf der andern einen japanischen Sinnspruch oder ein japanisches Gedichtchen.2)

      Die dritte der Chanoyou-Vorschriften: Das Vorzeigen von Merkwürdigkeiten durch die Gäste selbst, ergab sich teils durch das Vorzeigen einer, einem befreundeten Kunstmäcen gehörigen Skizzenmappe eines japanischen Künstlers, teils auch durch die anfangs genannten reizenden Geschenke, welche den ersten Anlaß zu dem Chanoyou gegeben hatten, und unter welchen sich dann auch niedliche, kleine „Gastgeschenke“ entpuppten. Der Ruhm, welchen sich meine Freundin mit diesem stilisierten Tee erwarb, ist in diesem Moment noch unerreicht. Es ist aber anzunehmen, daß er in diesen Tagen noch weit überholt wird durch den noch viel zeitgemäßeren

      welchen Gräfin X. nach langer Beratung mit mir zu geben gedenkt. Und zwar, als eine sehr lebhaft vaterländisch gesinnte Frau, zu Ehren eines persönlichen Festtags eines der Helden der jüngsten Chinakämpfe.

      Zahlreiche Anweisungen hierfür suchten und fanden wir in verschiedenen Werken über China3), nähere Einzelheiten gaben uns befreundete Chinakenner.

      Die Einladungskarte trägt in chinesisch verzogenen Schriftzügen die chinesisch gefaßte Einladung: „Am 10. Tage des Januar 6 Uhr wird ein bescheidenes Fest das Licht Deiner Gunst erwarten – Grüße von Gräfin X.“

      Sämtliche Dienerschaft wird chinesisch bis sogar zum Zopf gehen. Auch der Hausherr wird sich vollständig zum „Mandarin“ wandeln. Viele der geladenen Herren haben dasselbe versprochen. Doch hat die Hausfrau allen, der Verkleidung Unlustigen von vornherein erklärt, sie fände es bei einem vornehmen chinesischen Tee vollkommen stilvoll, wenn auch „Europäer“ anwesend seien. Damit sind auch die alten Damen entschuldigt. Aber die jungen werden sich alle chinesisch kleiden. Gräfin X. selbst wird, nach der heutigen Anprobe zu schließen, als „vornehme Mandarinen-Frau“ ganz allerliebst aussehen und wird vermutlich unseren Chinakämpfern gefährlicher werden, als sämtliche Chinesinnen im Lande der Sonne selbst.

      Ein befreundeter Ausländer, welcher lange in China lebte, wird als chinesicher Zauberer erscheinen und allerlei Kunststücke ausführen, später wird er mit einigen von ihm ausgestatteten und unterrichteten Freunden ein chinesisches Schauspiel aufführen. Der Inhalt desselben wird den Gästen in einem chinesisch stilisierten Textbuch offenbart werden.

      Da dieser Tee wirklich nur ein Tee vor dem Theater, ohne Souper sein soll, hat Gräfin X. beschlossen, die gebräuchlichen „belegten Brötchen“ in chinesisch zerkleinerte, in chinesischen Eßschälchen, mit Eßstäbchen servierten Zutaten zu wandeln.4

      

      Wie dieses Experiment ausfallen wird, dafür möge die chinesische Glücks- und Frohsinns-Göttin Ben-Hai-ten sorgen!

      Ganz im Vertrauen gesagt, – bis dies gedruckt ist, ist das Geheimnis ja doch kein Geheimnis mehr, – hat Gräfin X. vor, diese triebreiche chinesische Idee noch weiter aufzuziehen. Zu reichster Blüte entfaltet, soll und wird sie dann sicher die glänzendste Blume bilden in dem Ruhmeskranze ihrer

      Gräfin X. ist sehr glücklich im Weiterspinnen und Weben dieses ihres neuesten Opus. Durch und durch eine moderne Frau, ist sie bestrebt, ihren Festen auch den Reiz des modernen Lebens zu verleihen; das Stilvolle und das Individuelle zum Ausdruck zu bringen. Zur Erfüllung ihrer geselligen Pflichten zählt auch das Unternehmen von Bazaren und ähnlichen Wohltätigkeitsfesten; und in der Tat gehören diese in unserer Zeit so wesentlich zu dem Bilde unseres modernen öffentlichen Lebens, daß es für eine wirklich gesellige Hausfrau unerläßlich ist, einige Erfahrung darinnen erworben, einige Kenntnisse darüber gesammelt zu haben.

      Bazare werden vielfach verurteilt. Meines Glaubens mit Unrecht. Nicht in der Idee, in der Ausführung, in der mehr oder weniger edlen Ausführung liegt das Verwerfliche. Wann aber wäre je eine Idee – auch die erhabenste – durch die Menschheit geschritten, ohne von ihr beschmutzt, entstellt zu werden!

      Bazare sind für unsere Zeit eine Notwendigkeit geworden. Die Bedürfnisse, die Not sind überall tausendfach größer, als die dafür vorhandenen, gesetzlichen Mittel,. Freiwillig aber seinen Zehnten, nein, nur seinen Tausendsten dem Wohl der Allgemeinheit, der Armut, dem Elend zu geben, fällt den wenigsten ein. So muß denn die Selbstsucht gedungen werden, um der Selbstlosigkeit zu dienen.

      Bazare haben mancherlei, durchaus nicht unedle Reize. Sie haben den großer, öffentlicher Feste, den des Zusammenströmens, der Vermischung der Gesellschaftsklassen, den eines nach allen Seiten Blüten und Ranken treibenden Spieles des Geistes, der Phantasie, der Erfindung, sie haben den Reiz einer allgemeinen, fröhlich gehobenen Stimmung, hervorgerufen durch das mehr oder weniger berechtigte Bewußtsein, etwas für das Allgemeine zu tun, „gut“ zu sein.

      Sie haben auch außerdem noch für viele den Reiz, das Geld, das man dabei zu eigner Freude ausgibt, zugleich für das Allgemeine zu opfern und zwar auf eine wohlsichtbare Weise.

      Aber gerade das wird ja den Bazaren vorgeworfen,

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