360° um die Welt. Wolfgang Machreich
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Menschenjagd auf den Fidschi-Inseln – die rituelle Entschuldigung dafür fand 2003 statt.
Fidschi-Team beim Rugby World Cup 2011
Dabei ist Versöhnung auf Fidschi durchaus möglich – es dauert eventuell nur ein wenig länger: 1867 wagte es der englische Pfarrer Thomas Baker, die Haare des Dorfhäuptlings von Nabutautau zu berühren und damit ein unverzeihliches Tabu zu brechen. Daraufhin wurden der Missionar und acht seiner Anhänger mit Streitäxten erschlagen und feierlich verspeist. Bereits 136 Jahre später – Kinder, wie die Zeit vergeht! – haben sich die Bewohner des Dorfes im November 2003 bei Bakers Nachkommen für die Tat entschuldigt. Zugegeben nicht ganz freiwillig: „Wir glauben, dass wir Opfer eines schlechten Schicksals sind“, sagte der Dorfvorsteher: „Wir müssen um Vergebung für das bitten, was passiert ist, erst dann werden wir wieder rein sein.“ Der Bakers-Verspeisung folgender Fluch soll mehrere Sippen des Dorfes habe aussterben und das Dorf in Armut, ohne richtige Straßen, fließendes Wasser und einer Schule bleiben lassen. Nur die rituelle Entschuldigung konnte da einen Entwicklungsschub auslösen.
„Wir haben alles von ihm gegessen, außer seinen Stiefeln“, schrieb übrigens ein Zeuge des kannibalischen Mahls. Was mit dem zweiten Schuh passierte, ist unklar, ein Stiefel von Baker kann aber bis heute im Museum der Fidschi-Inseln bestaunt werden. Und noch ein Relikt aus diesen Zeiten hat Mode und Geschmäcker überdauert: Ein uraltes Hausrezept auf Basis von Südseefrüchten, mit dem die Insulaner einst Menschenfleisch haltbar machten, wurde vom Südpazifischen Institut für angewandte Wissenschaft in Suva neu entdeckt und findet heute zur Konservierung von Lebensmitteln neue Verwendung. Das gibt Zuversicht, denn es ist einer der sehr seltenen Beweise dafür, dass Menschen doch etwas aus der Geschichte lernen können.
Neuseeland
Berühmt, berüchtigt, beneidet für:
Taumatawhakatangihangakoauauotamateaturipukakapikimaungahoronukupokaiwhenuakitanatahu heißt in der Maori-Sprache ein 305 Meter hoher Hügel in der südlichen Hawke‘s Bay. Das ist mit
85 Buchstaben der zweitlängste Ortsnamen der Welt. Länger ist mit 168 Buchstaben nur die offizielle Bezeichnung von Bangkok.
Fläche: | 269.652 Quadratkilometer, doppelt so groß wie Griechenland |
Einwohner: | 4.793.700, weniger als die Hälfte von Griechenland |
Kiwis für Kiwis
Neuseeland ist ein wunderbares Land mit wunderbaren Menschen und vielen Tieren – teilweise zu vielen Tieren. Zum Beispiel Kühen. Seit einigen Jahren hat sich das Verhältnis umgedreht, gibt es mehr Milchvieh als Menschen. Kein anderes Land exportiert so viele Milchprodukte. Die Folgen für die Umwelt sind dramatisch: Fast die Hälfte der Treibhausgasemissionen kommen in Neuseeland aus der Landwirtschaft – weltweit sind es zehn bis zwölf Prozent. Auch die Stickstoffbelastung für die Böden und der Algenwuchs in Gewässern ist weit über der Norm. 2017 waren sieben von zehn untersuchten Flüssen nicht zum Baden geeignet, drei Viertel der Süßwasserfische sind bedroht.
Doch die wirtschaftlichen Zwänge sind groß. Die Wissenschaft soll Auswege liefern, Rinder und Schafe mit weniger Methan-Ausstoß züchten. Ein Agrarforscher plädierte für eine sanitäre Lösung: Die Kühe trainieren, damit sie ihre Kuhfladen in eigenen Klosetts entsorgen.
Der zweitlängste Ortsname der Welt
Ausrottung bis 2050 lautet das Ziel bei Ratte, Wiesel und Opossum. Diese eingeschleppten Arten bedrohen den Nationalvogel Kiwi und andere heimische Arten. An den Kragen geht es auch den Wildkaninchen, die für Millionenschäden in der Landwirtschaft verantwortlich gemacht werden. Um sie war es in Neuseeland noch nie besonders gut bestellt. Mark Twain notierte 1895 bei einer Reise: „Der Mann, der das Kaninchen nach Neuseeland brachte, wurde gepriesen und festlich bewirtet. Heute würde man ihn an den Strick hängen, wenn man ihn in die Hand bekäme.“ Seither wurde alles Mögliche versucht, um der Plage Herr zu werden: Fallen, Hunde, Gas, aktuellster Kampfstoff ist ein Virus. Die Kaninchenfreunde der „New Zealand Hopper Group“ fürchten, dass das Virus auf andere Arten übergreift. Ihr Vorsitzender sagte: „Das ist eine extrem grausame Art, eine Plage loszuwerden, die ins Land gebracht wurde, damit Farmer ihren Spaß beim Jagen hatten.“ Stimmt, in Otago auf der Südinsel gibt es die „Great Easter Bunny Hunt“. Was wie ein Kinderfest klingt, ist eine 24-Stunden-Kaninchenhatz mit durchschnittlich 10.000 getöteten Tieren.
An der religiösen Front wird ebenfalls gegen das Kaninchen gerüstet. Anstatt eines Hasen soll der Kiwi das Symboltier des Osterfestes werden. Der Kiwi ist das uneleganteste Nationaltier der Welt: Statt durch die Lüfte zu segeln, stochert das bräunlich-strähnig gefiederte Tier mit langem Schnabel am Boden herum und schnüffelt nach Futter. Noch vor hundert Jahren gab es laut der Schutzorganisation „Kiwis for Kiwi“ Millionen Vögel. Mittlerweile ist die Population wegen vieler Fressfeinde auf 70.000 Exemplare gesunken. Eine nationale Katastrophe: „Die Menschen mögen den Kiwi. Wir werden Kiwis genannt, unsere Währung ist der Kiwi-Dollar, es gibt hier eine Identität, einen Kultstatus der Kiwis“, warnte ein Vertreter der Naturschutzbehörde. Jetzt soll Ostern zum Auferstehungsfest für den Kiwi uminterpretiert werden: In neuseeländischen Supermärkten werden die Schoko-Osterhasen aussortiert. Stattdessen gibt es Schoko-Osterkiwis für Kiwis.
Nationalvogel Kiwi
Republik Kiribati
Berühmt, berüchtigt, beneidet für:
Da durch Kiribati sowohl der Äquator als auch der 180. Längengrad verläuft, liegt der Staat als einziger sowohl in der nördlichen, südlichen, westlichen und östlichen Hemisphäre der Erde.
Fläche: | 811 Quadratkilometer, ein Drittel von Luxemburg |
Einwohner: | 110.136, ein Sechstel von Luxemburg |
Insel-Kreml
Kiribati ist ein wunderbares Land mit wundervollen Menschen. Das dachte sich auch der Milliardär Anton Bakow, Vorsitzender der russischen Monarchistenpartei, und bot an, drei unbewohnte Inseln zu kaufen und dort mehr als 350 Millionen US-Dollar in den Tourismus zu investieren, Häfen, Schulen, Krankenhäuser und eine „Universität des Russischen Reichs“ zu bauen. Als Gegenleistung sollten hundert Jahre nach der Oktoberrevolution